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21.11.2002 12:30

Drogen im Lichte der organischen Chemie

Dr. Marc Dressler Presse, Kommunikation und Marketing
Fachhochschule Aalen

    Das aus angeritztem Schlafmohn gewonnene Rohopium ist die am frühesten dokumentierte Droge in der Geschichte. Bereits 4000 v. Chr. wurde es als Mittel gegen Husten, Durchfall und körperliche Schmerzen verabreicht. Erst im 16. Jahrhundert beschrieb der englische Arzt John Jones die Nebenwirkungen bei der Einnahme von Opium, die sich in weiteren Schmerzen und Depressionen äußern. Im Jahr 1803 extrahierte Friedrich Sertürner aus dem Opium das Alkaloid Morphin. 72 Jahre darauf wurde dann erstmals das Morphinderivat Heroin synthetisiert, das 1898 als Medikament gegen Husten weltweit eingeführt wurde. "Wahrscheinlich wäre Heroin heute noch ein Medikament, wenn nicht irgendjemand auf die Idee gekommen wäre, es sich intravenös zu spritzen", wies Dr. Manfred Metzulat in seinem Vortrag an der FH Aalen auf die Ambivalenz der heilenden und zerstörerischen Wirkung von Drogen hin.

    Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden Drogen nur in exklusiven Kreisen mit dem Status einer Priesterkaste außerhalb therapeutischer Zwecke eingenommen. Der Drogenkonsum beschränkte sich damals noch dazu auf ganz spezielle, meist festlich-religiöse Anlässe. Für den verhaltenen Konsum von Drogen spricht auch, dass deren Entzugserscheinungen erst nach fast 6000 Jahren medizinisch diagnostiziert wurden. Erst mit der Industrialisierung nahm der Drogenkonsum bis zur Willkür gesteigert zu. Aus dem Ritual wurde Spaß - mit den bekannten verheerenden Folgen.

    Das gilt auch für Kokain. Im Gegensatz zu den stimmungsdämpfenden Opiaten wirkt es stimulierend. Seine Einnahme lässt sich in Südamerika auf das Jahr 3000 v. Chr. zurückdatieren. Im Zuge der Kolonialisierung verabreichten die Besatzer den Eingeborenen dann erstmals regelmäßig große Mengen an Kokain, um sie für ihre Sklavendienste zu größerer Leistung anzutreiben. Auf diese Weise wurde ein Volk binnen kürzester Zeit in eine vernichtende Abhängigkeit von einer Droge gebracht, mit der sie Jahrtausende annähernd problemlos gelebt hatten, und die sie neben ihrer berauschenden Wirkung auch zu medizinischen Zwecken eingesetzt haben dürften. Auf dem Kontinent verwendete erst William Halsted 1884 Kokain als Lokalanästhetikum, nachdem 22 Jahre zuvor Wilhelm Lossen dessen Struktur chemisch aufklären konnte.

    Das wesentliche Problem am Drogenkonsum ist der Gewöhnungseffekt: Die Leber passt sich der erhöhten Drogenkonzentration im Blut an und steigert ihren Entgiftungsumsatz, der auch dann noch bestehen bleibt, wenn keine Wirkstoffe von Drogen nachgeliefert werden. Daraus ergibt sich das psychische Bedürfnis nach weiterem Drogenkonsum, was einen verhängnisvollen Teufelskreis aus Verlangen und Verderben auslöst. Nicht erst seit 1973 die Opiatrezeptoren im Gehirn nachgewiesen wurden ist bekannt, dass die Einnahme von Drogen Nervenzellen in großer Zahl zerstört.

    Das gesamte Ausmaß an Auswirkungen von Partydrogen ist noch nicht bekannt. Dazu sind die synthetischen Stoffe noch zu jung. Im Jahr 1943 synthetisierte Albert Hoffmann LSD und andere psychedelische Drogen, die er in vielbeachteten Selbstversuchen ausprobierte und ihre Wirkungen minutiös niederschrieb. 17 Jahre später erfand Alexander Shelgin aus einer Ephedrinabwandlung die Ecstasypille. Dieses euphorisierende und appetitzügelnde Produkt war jeglicher religiösen und medizinischen Funktion entkleidet und diente allein dem vermeintlichen Spaßfaktor. Die Nebenwirkungen wie Unruhe und Gereiztheit werden von den Konsumenten nicht selten mit dämpfenden Opiaten kompensiert. "Wer einmal in einem dieser Teufelskreise steckt, muss psychisch schon sehr stark sein, um wieder herauszugelangen", warnte Dr. Metzulat seine Zuhörer vor einer Verharmlosung der Drogenproblematik.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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