idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
27.11.2013 18:00

Kontrollverlust in der Eizelle

DI Elena Bertolini, MA IMBA Communications
IMBA - Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften GmbH

    Forscher klären wichtigen Mechanismus für Fehlbildungen bei Chromosomen

    Bei Schwangerschaften in höherem Alter steigt die Häufigkeit fehlerhafter Chromosomenverteilungen. Als Folge können Trisomien (zB „Down-Syndrom“) auftreten, die mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen einhergehen. Forscher am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) haben nun herausgefunden, welche Mechanismen in der Eizelle zur fehlerhaften Aufteilung von Chromosomen führen können.

    Die in der Eizelle zunächst doppelt vorliegenden Chromosomen werden bis zum Moment der Zellteilung von einem molekularen Klebstoff namens „Cohesin“ zusammengehalten. Es handelt sich dabei um eine Ringstruktur aus Proteinen, die mit zunehmendem Alter auseinanderfällt. Dies kann zu einer fehlerhaften Aufteilung der Chromosomen führen. Diese Fehlbildungen führen häufig zur Entstehung von Down Syndrom (Trisomie 21), Edward Syndrom (Trisomie 18) oder Klinefelter Syndrom (XXY). Der IMBA Wissenschafterin Kikue Tachibana-Konwalski und ihrem Team ist es nun gelungen, den Zusammenhang zwischen Cohesin und einem wesentlichen Kontrollpunkt im Prozess der Chromosomenverteilung zu entschlüsseln.

    Molekularer Klebstoff reguliert Kontrollpunkt
    Bei der Zellteilung müssen sich zunächst alle Chromosomen an die mitotische Spindel zwischen beiden Polen anheften. Man hat bereits herausgefunden, dass ein gewisser Kontrollpunkt (Spindle Assembly Checkpoint – SAC) hierbei eine wichtige Rolle spielt. Wird dieser "Checkpoint" überwunden, werden Chromosomen frühzeitig und damit möglicherweise fehlerhaft auf die Tochterzellen verteilt.
    In ihren früheren Arbeiten hat Kikue Tachibana-Konwalski bereits herausgefunden, dass Cohesin eine wichtige Rolle für den Zusammenhalt der Chromosomen vor der Befruchtung der Eizelle spielt. Aufbauend auf diese Erkenntnis, konnte die Genetikerin nun zeigen, dass Cohesin für die Regulierung des Kontrollpunktes in der Eizelle benötigt wird. Da aber mit zunehmendem Alter die Cohesinmenge in den Eizellen abnimmt, kann auch die Regulierung des Kontrollpunktes nicht mehr zuverlässig erfolgen. Das Risiko von fehlerhaften Chromosomenverteilungen und Fehlgeburten könnte sich dadurch drastisch erhöhen

    Gezielte Spaltung
    Um herauszufinden, welche Rolle Cohesin in der Eizelle noch spielen kann, wenden die Wissenschafterin und ihr Team eine hochspezifische Schnitttechnik für Proteine an. Diese sogenannte „TEV Protease“, an deren Entwicklung Kikue Tachibana-Konwalski maßgeblich mitgewirkt hat, ermöglicht es den Forschern, Cohesin in der Zelle gezielt stillzulegen, während es anderswo seine Funktion weiterhin normal ausführen kann. Aber anstatt den Kontrollpunkt durch die Deaktivierung von Cohesin anzuschalten und damit die Zellteilung zu stoppen, blieb die erwartete Aktivierung aus, was zur Bildung zahlreicher fehlerhafter Eizellen führte.

    Trisomie-Risiko steigt mit zunehmendem Alter
    „Tritt die Trisomie bei Frauen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren nur bei etwa drei Prozent aller klinisch erkannten Schwangerschaften auf, sind es bei Frauen im Alter von 40 Jahren bereits 30 Prozent. Dieser Aspekt ist vor allem wichtig, da Frauen heute immer später Mütter werden“, betont Kikue Tachibana-Konwalski die Relevanz ihrer Arbeit. In Zukunft möchte sie die Chromosomenverteilung in Eizellen weiter erforschen und Methoden entwickeln, wie man älteren Frauen zu gesunden Eizellen verhelfen kann.

    Originalpublikation in „Current Biology“ : “Spindle Assembly Checkpoint of Oocytes Depends on a Kinetochore Structure Determined by Cohesin in Meiosis I”

    Kikue Tachibana-Konwalski
    Kikue Tachibana-Konwalski wurde 1978 in Graz geboren. Die Forscherin mit österreichisch-japanischer Nationalität studierte Naturwissenschaften mit Schwerpunkt Genetik an der University of Cambridge und arbeitete nach der Promotion fünf Jahre im Labor von Kim Nasmyth an der University of Oxford. Seit November 2011 ist sie Gruppenleiterin am Institut für Molekulare Biotechnologie, wo unter anderem sie an altersbedingter Unfruchtbarkeit bei Frauen forscht.

    IMBA:
    Das IMBA – Institut für Molekulare Biotechnologie ist ein international anerkanntes Forschungsinstitut mit dem Ziel, molekulare Prozesse in Zellen und Organismen zu erforschen und Ursachen für die Entstehung humaner Erkrankungen aufzuklären. Unabhängige wissenschaftliche Arbeitsgruppen arbeiten an biologischen Fragestellungen aus den Bereichen Zellteilung, Zellbewegung, RNA-Interferenz und Epigenetik, ebenso wie an unmittelbaren medizinischen Fragestellungen aus den Gebieten Onkologie, Stammzellforschung und Immunologie. Das IMBA ist eine 100% Tochtergesellschaft der ÖAW. www.imba.oeaw.ac.at

    ÖAW:
    Die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist die führende Trägerin außeruniversitärer akademischer Forschung in Österreich. Die 28 Forschungseinrichtungen betreiben anwendungsoffene Grundlagenforschung in gesellschaftlich relevanten Gebieten der Natur-, Lebens- und Technikwissenschaften sowie der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften. www.oeaw.ac.at


    Weitere Informationen:

    http://de.imba.oeaw.ac.at/Presse-Foto


    Bilder

    Aneuploid Mouse Eggcell
    Aneuploid Mouse Eggcell
    IMBA
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Aneuploid Mouse Eggcell


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).