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06.12.2002 11:49

"Musik und Gewalt in Jugendkulturen"

Jens Panse Pressestelle
Universität Erfurt

    Auf der Suche nach den Ursachen von Gewalttaten Jugendlicher gerät häufig die jugendkulturelle Einbindung der Täter, nicht zuletzt ihr Konsum spezifischer Musikrichtungen in den Blick. Die Verherrlichung von Gewalt und Gangstertum in nicht wenigen Formen des Rap, Rassismus und Antisemitismus in den Texten der rechten Musikszene, Gewalt- und Zerstörungsphantasien in Heavy-Metal-Texten, die Todessymbolik der Gothic/Dark-Wave-Szene oder die Aggressivität von Punk und Hardcore-Musik - all diese Phänomene scheinen es nahezulegen, von dem Konsum dieser Musik und der Identifikation mit diesen Stilen auf das Gewalthandeln der jugendlichen Konsumenten zu schließen.
    Der Soziologe Christoph Liell (Jhrg. 72), will in seinem Vortrag "Musik und Gewalt in Jugendkulturen" im Rahmen der Ringvorlesung am Dienstag, dem 10. Dezember einen Einblick in diesen Bereich vermitteln. Sein laufendes Dissertationsprojekt über "Gewalt, Musik und Drogen in Jugendkulturen", in dem vor dem Hintergrund eigener empirischer Analysen in der Techno- und HipHop-Szene der Versuch gemacht wird, die Verschränkung von Vergemeinschaftungsprozessen, rauschhaften Handlungsformen und Inszenierungs- und Konstruktionsprozessen zu analysieren und theoretisch fruchtbar zu machen, beschäftigt sich mit dem Thema.
    Liell, der seine Diplomarbeit an der Freien Universität Berlin über "Fremdenfeindliche Gewalt in Deutschland in den 1990er Jahren" erstellt hat, war von 1998 bis 2001 Stipendiat des Graduiertenkollegs "Gesellschaftsvergleich in soziologischer, historischer und ethnologischer Perspektive" in Berlin und ist seit Oktober 2002 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max Weber Kolleg der Universität Erfurt.

    In seinem Vortrag wird Liell die Forschungsstrategie quantitativer, also statistisch arbeitender Analysen, die nicht selten auch in der medialen Öffentlichkeit große Resonanz finden, kritisch hinterfragen. Die dort sichtbar werdenden Probleme und Mängel deuten jenseits wissenschaftlicher Spitzfindigkeiten zugleich auf weit verbreitete Muster des öffentlichen Umgangs mit sozialen Problemen wie Jugendgewalt hin. In einem zweiten Schritt werden die Ergebnisse einiger qualitativer, meist ethnographisch verfahrender Studien vorgestellt. Durch die Umformulierung der leitenden Frage "bewirkt ein bestimmter Musikstil Gewalt?" zur Frage "welche Rolle spielen Gewalt und Musik in Jugendkulturen?" geraten dann die Rezeptionsweisen und Aneignungsformen jugendkultureller Stile durch die Akteure differenzierter in den Blick. Zugleich öffnet sich der Blick für drei zentrale Aspekte des Problems von Jugendkultur, Musik und Gewalt: die Inszeniertheit von Gewalt, die "positiven" Funktionen jugendkulturell orientierter Gruppen und ihres Gewalthandelns (vor allem Vergemeinschaftung und Identitätserprobung) sowie schließlich die Einbettung dieser Jugendgruppen in ihr weiteres soziales Umfeld. Der Hinweis auf den Inszenierungscharakter und auf einen für die Akteure "positiven" Sinn dient dabei nicht der Verharmlosung des Gewalthandelns Jugendlicher, sondern ist vielmehr unerlässlich, um seine Entstehung und Dynamik zu verstehen.

    Die fünfte öffentliche Ringvorlesung der Universität Erfurt im Wintersemester 2002/03 widmet sich dem Thema "Gewalt und Terror". Die mit Unterstützung der Sparkassenfinanzgruppe, der Universitätsgesellschaft Erfurt e.V., der Stadtverwaltung Erfurt und der Thüringischen Landeszeitung veranstaltete populäre Vortragsreihe bietet in 14 Veranstaltungen im Erfurter Rathausfestsaal, Beginn jeweils 18.00 Uhr, ein Vortrags- und Diskussionspodium mit Professoren mehrerer deutscher Universitäten sowie Landes- und Bundespolitikern.

    Nächster Vortrag in der Reihe: 17.12.2002; 18.00 Uhr;
    "Globalisierung und strukturelle Gewalt"; Dr. Harald Klimenta/ Attac Deutschland; Rathausfestsaal, Fischmarkt 1


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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