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10.12.2002 09:33

Individuelle Gleitsichtgläser: Das Unikat auf der Nase

Dr. Marc Dressler Presse, Kommunikation und Marketing
Fachhochschule Aalen

    Auf die Entwicklung der Gleitsichtgläser ging Prof. Dr. Peter Baumbach, neu im Studiengang Augenoptik berufener Professor für die Theorie der Sehhilfen und die Augenoptische Messtechnik, in seiner Antrittsvorlesung an der Fachhochschule Aalen ein.

    Alterssichtige Menschen mussten bis ins 15. Jahrhundert warten, bis die ersten Lesebrillen mit geschliffenem Glas hergestellt wurden. Neben den technischen und handwerklichen Unzulänglichkeiten beim Schliff von deren Linsen, wiesen die ersten Brillen auch den Nachteil auf, dass sie nicht sowohl Gegenstände in der Ferne als auch in der Nähe scharf abbilden konnten. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde ein Patent für ein Brillenglas mit gleitender optischer Wirkung von Poullain und Cornet angemeldet. Es geriet dann aber wegen der Unmöglichkeit, ein solches Brillenglas zu fertigen, wieder in Vergessenheit, bis Maitenaz 1959 das moderne Brillenglas mit gleitender Übergangszone erstmals in der Optik etablierte. Das mathematische Konzept einer vertikal verlaufenden, sogenannten ombilischen Mittellinie mit horizontal angesetzten Kegelschnitten war zwar noch wenig flexibel und führte zu hohen Abbildungsfehlern, entsprach aber dem, was rechnerisch und fertigungstechnisch möglich war. Das erste deutsche Gleitsichtglas wurde 1978 von Rodenstock in München entwickelt. 1982 folgte Carl Zeiss in Oberkochen dann mit einem Gleitsichtglas, dessen neuartiger Flächenaufbau durch die Verwendung von Splines wesentlich flexibler und damit feiner steuerbar gestaltet werden konnte.

    Prof. Dr. Baumbach führte weiter aus, dass die bisher übliche Rezeptglasfertigung von Gleitsichtgläsern für alterssichtige Menschen unbefriedigend bleiben müsse. Schon allein der Umstand, dass es rund 18 Milliarden Möglichkeiten der Fehlsichtigkeit gibt, bringe diesen Umstand bereits deutlich zum Ausdruck. Dies führe zu Einschränkungen der Abbildungsqualität insbesondere bei astigmatischen Verordnungen (Hornhautverkrümmung) und immer dann, wenn weitere standardisierte Berechnungsgrundlagen nicht mit der tatsächlichen Physiognomie des Brillenträgers übereinstimme. So könne der zur Berechnung von klassischen Gleitsichtgläsern verwendete "Normkopf" in seinen Ausmaßen der charakterlichen Vielfalt von Menschenköpfen nur äußerst ungenügend entsprechen.

    Heute aber, so der von Rodenstock aus München nach Aalen kommende Physiker, sei eine individuelle Fertigung von Gleitsichtgläsern nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich im Bereich des Machbaren. So haben Rodenstock und Zeiss die ersten individuellen Gleitsichtgläser im Jahre 2000 vorgestellt. Die individuellen Gleitsichtgläser berücksichtigen zusätzlich zu den üblichen Rezeptdaten auch den Augenabstand und die bevorzugte Leseentfernung des Kunden sowie die Größe und den Sitz der ausgewählten Brillenfassung. Ähnlich wie bei einem Maßanzug führt dies in der Summe zu deutlich verbesserten Trageeigenschaften. Individuelle Gleitsichtgläser können auch in modisch durchgebogenen Sonnenbrillen ohne Abbildungsprobleme eingesetzt werden. Zur technischen Umsetzung sei "nur" noch ein Expertensystem mit den relevanten Daten zu spicken, die dann mathematisch zum Schliff einer individuell angepassten Linse von Gleitsichtgläsern verrechnet und durch Computer-gesteuerte Schleif- und Poliermaschinen gefertigt werden. "So kann heute jeder ein augenoptisches Unikat auf der Nase tragen, das es ihm erlaubt, mit bestmöglicher Qualität von Nah bis Fern scharf zu sehen", resümierte Prof. Dr. Baumbach seine Antrittsvorlesung.


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    Prof. Dr. Peter Baumbach
    Prof. Dr. Peter Baumbach

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Personalia, Studium und Lehre
    Deutsch


     

    Prof. Dr. Peter Baumbach


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