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12.12.2002 14:13

Maßgeschneiderte Quantenwelt

Peter Pietschmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Ulm

    Maßgeschneiderte Quantenwelt
    Max-Planck-Forschungspreis 2002 für Wolfgang Schleich

    Seit 1990 vergibt die Max-Planck-Gesellschaft den mit jeweils 125.000 Euro dotierten Max-Planck-Forschungspreis für internationale Kooperation gemeinsam mit der Alexander-von-Humboldt-Stiftung an zwölf Preisträger in sechs verschiedenen Disziplinen. Die Preisverleihung 2002 fand am 11. Dezember statt. Gastgeber im Harnack-Haus in Berlin-Dahlem waren Prof. Dr. Peter Gruss, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, und Prof. Dr. Wolfgang Frühwald, Präsident der Alexander-von-Humboldt-Stiftung. Den Festvortrag hielt Preisträger Prof. Dr. Wolfgang Schleich, Leiter der Abteilung Quantenphysik der Universität Ulm, zum Thema "Maßgeschneiderte Quantenwelt".

    Der Max-Planck-Forschungspreis wurde zum 13. Mal an ausländische und deutsche Wissenschaftler für ihre herausragenden, international besonders anerkannten wissenschaftlichen Leistungen vergeben. Die Dotation, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bereitgestellt wird, soll den deutschen Preisträgern die Aufnahme, Vertiefung oder Erweiterung von Forschungskooperationen mit Partnern außerhalb Deutschlands erleichtern und für die ausländischen Preisträger Grundlagen der Zusammenarbeit mit deutschen Partnern schaffen. Mit dem Preis werden insbesondere kurzfristige Forschungsaufenthalte, gemeinsame Fachtagungen oder Workshops sowie Sachausgaben und Hilfspersonal finanziert.

    Prof. Dr. Wolfgang Schleich, einer der sechs diesjährigen Preisträger, ist Quantenphysiker. In der Quantenphysik werden die Eigenschaften und Wechselwirkungen von Quantenteilchen wie Atomen, Molekülen, Elektronen und Lichtteilchen studiert. Bis dato hat Schleich 210 Publikationen in den angesehensten physikalischen Zeitschriften veröffentlicht. Sein Buch "Quantum Optics in Phase Space" stellt eine grundlegende Monographie dar. In einer seiner neuesten Arbeiten beschäftigt sich Schleich mit der Allgemeinen Relativitätstheorie. Der große mathematische Logiker Kurt Gödel fand vor rund 50 Jahren eine Lösung der Einsteinschen Feldgleichung und gründete darauf die Konstruktion des sogenannten Gödel-Universums. Die übliche Vorstellung, die man vom Weltall heute hat, besagt, daß es sich gleichförmig ausdehnt und der Raum isotrop ist. Wenn Gödels Lösungen einen physikalischen Inhalt haben, dann muß das Weltall, abweichend von diesen Vorstellungen, rotieren. Schleich hat ein quantenphysikalisches Experiment vorgeschlagen (und die aufwendige Theorie dazu entwickelt), womit es in Zukunft experimentell möglich sein sollte, eine denkbare Rotation des Weltalls nachzuweisen.

    Seit Jahren arbeitet Schleich mit seiner Gruppe auch an Problemen der Quanteninformationsverarbeitung. Im Augenblick ist die Theorie weiter fortgeschritten als das Experiment mit ersten einfachen Quantencomputern. Wenn die Quanteninformationsverarbeitung, die Quantenphysik, Informatik und weite Gebiete der Zahlentheorie einschließt, zu voller Blüte gekommen sein wird, werden bislang unvorstellbare Rechengeschwindigkeiten, wie sie bespielsweise in der Kryptographie und in der Zahlentheorie erforderlich sind, möglich sein.

    Vor rund fünfzig Jahren entwarf Claude Shannon die Grundlagen der modernen Informationstechnologie. Sein "Bit" (von "binary digit") wurde die elementare Einheit klassischer Information, und jedes Kind lernt heute, wie ein digitaler Computer mit "0" und "1" rechnet oder kommuniziert. Information ist zu einer enorm wertvollen Ressource geworden. Milliarden von Bits lassen sich auf daumennagelgroßen Mikrochips unterbringen. Aber die Jahre dieser Miniaturisierung sind gezählt. Das derzeitige Wachstum vorausgesetzt, wird Shannons Bit im Jahr 2020 nur noch durch ein einzelnes Molekül oder gar Atom repräsentiert werden. Um dann die Verarbeitung von Information auf dieser Größenskala noch zu verstehen, braucht man die Gesetze der Mikrowelt, konkret der Quantenphysik. Und die eröffnet neue, faszinierende Perspektiven, die der britische Physiker David Deutsch in den 80er Jahren erstmals klar erkannt hat. Bedingung ist, daß das klassische Bit durch das sogenannte "Quanten-Bit", kurz "Qubit", ersetzt wird. So ein Qubit kann schon auf einem einzelnen Elektron oder einem einzelnen Photon gespeichert werden.

    Das Ministerium für Wissenschaft Forschung und Kunst (MWK) Baden-Württemberg hat der Universität Ulm einen Lehrstuhl für experimentelle Quanteninformationsverarbeitung zugewiesen. Ziel ist es, um die Gruppe von Wolfgang Schleich ein Center of Excellenz auf dem Gebiet der Quantenphysik zu schaffen, das sich international durchsetzt. Der Max-Planck-Forschungspreis unterstützt diese Zielstellung. Schon bislang hat die Universität Ulm von den vielfältigen Anregungen der Gäste am Lehrstuhl von Prof. Schleich, der 1995 mit dem höchsten deutschen Forschungspreis, dem Leibniz-Preis, ausgezeichnet worden ist, profitiert. Künftig soll der internationale wissenschaftliche Austausch unter verstärkter Teilnahme insbesondere auch der jüngeren Mitglieder des Lehrstuhls noch intensiviert werden. In der "Quantenfamilie", die sich um Prof. Schleich aus Mitarbeitern, Gästen, Doktoranden und Studenten gebildet hat, arbeiten bereits jetzt Quantenphysiker weltweit zusammen.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Mathematik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte, Personalia
    Deutsch


     

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