Gröschner: Bürger werden den Kultusministern
die ,rote Karte' zeigen
Karlsruhe/Jena. (14.07.98) Enttäuscht, aber nicht entmutigt äußerte sich heute (14.07.) Prof. Dr. Rolf Gröschner nach dem Verfassungsgerichts-Urteil zur Rechtschreibreform: "Die Richter haben über den Verfahrensweg zur Einführung der Reform an den Schulen entschieden, nicht über die Qualität der Reform selbst." Ob es sich die Bürger schließlich gefallen ließen, von der Obrigkeit neue - und zum Teil falsche - Schreibweisen verordnet zu bekommen, werde daher die Praxis erweisen. Gröschner: "Den Ausgang des Verfahrens akzeptiere ich selbstverständlich, aber der Streit um die Rechtschreibreform ist damit nicht ausgestanden." Das Gericht habe einen gewissen Abstimmungsbedarf auch für den Bereich der Amtssprache ausdrücklich hervorgehoben. Hier sei weiter "auf die Vernunft der Parlamentarier in Bonn" zu hoffen, so Gröschner.
Der Jurist, der an der Universität Jena den Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie innehat, hatte die Lübecker Beschwerdeführer vor den Schranken des Karlsruher Gerichts vertreten und im Zusammenhang mit deren Rücknahme der Verfassungsbeschwerde sein Mandat niedergelegt. Zur Urteilsverkündung erschien er heute lediglich als ,Vertreter des wissenschaftlichen Interesses'. "In der bundesdeutschen Rechtsgeschichte ist es das erste Mal, daß das Bundesverfassungsgericht in der Sache urteilt, obwohl das Verfahren durch Beschwerderücknahme faktisch beendet war", wundert sich der Rechtsprofessor; er fügt allerdings hinzu, daß die mündliche Begründung in Intensität und Inhalt durchaus geeignet war, das Verfassungsprozeßrecht insoweit fortzubilden.
Auch nach dem Karlsruher Urteil gehe das Engagement gegen die sprachwissenschaftlich mißglückte Reform politisch weiter, so Gröschner. Wie die Bürger über den "Rechtschreibunsinn" denken, werde sich beim Schleswig-Holsteiner Volksentscheid zeigen. "Ich bin zuversichtlich, daß die Bürger in der Lage sind, ihren ministeriellen Repräsentanten noch die ,rote Karte' zu zeigen." Ein "Festhalten an den überkommenen Schreibweisen" sei für jeden Bürger auch über das Jahr 2005 hinaus möglich, so der Vorsitzende des Ersten Senats in der mündlichen Urteilsbegründung.
Friedrich-Schiller-Universität
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Wolfgang Hirsch
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Politik, Recht
überregional
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