Die für das Jahr 2002 vereinbarten tariflichen Abschlussraten bewegten sich mehrheitlich zwischen 3 und 4 Prozent. Damit hat die Tarifpolitik einen aktiven Beitrag zur binnenwirtschaftlichen Stabilisierung der Wirtschaftsentwicklung geleistet. Zu diesem Ergebnis kommt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) in einer am Montag in Düsseldorf veröffentlichten Tarifbilanz 2002.
Erstmals seit zwei Jahren wurde in dieser Tarifrunde wieder in nahezu allen Wirt-schaftszweigen und Tarifbereichen um Lohn und Gehalt verhandelt. Anders als in den beiden Jahren zuvor gelang es den Gewerkschaften in der Tarifrunde, den neutralen Verteilungsspielraum aus erwarteter Preissteigerung und Produktivitätsanstieg weitgehend auszuschöpfen.
Die zahlreichen Streiks signalisierten, welches verteilungspolitische Konfliktpotential sich in dieser Tarifrunde aufgestaut hat. In der Metallindustrie streikten in den Tarifgebieten Baden-Württemberg und Berlin/Brandenburg vom 6. bis 15. Mai rund 217.000 Beschäftigte. Im Bauhauptgewerbe kam es vom 17. bis 25.6. erstmals in der Nachkriegsgeschichte zu einem bundesweiten Streik mit rund 32.000 beteiligten Beschäftigten. Im Einzelhandel zogen sich die zahlreichen Einzelstreiks mit rund 65.000 Beteiligten in nahezu allen Bundesländern über mehrere Wochen hin. Zahlreiche Arbeitsniederlegungen gab es auch im Bankgewerbe, wo nach monatelangen Verhandlungen erst in der vergangenen Woche eine Einigung erzielt wurde. Und womöglich steht auch der öffentliche Dienst bereits kurz nach Beginn der Verhandlungen vor einem harten Arbeitskampf.
Die Reform des Tarifsystems wurde weiter vorangetrieben. Dazu zählt insbesondere die Vereinbarung von zentralen Eckpunkten für die neuen Entgeltrahmenabkommen in der Metallindustrie, die die seit Jahrzehnten unveränderten Lohn- und Gehaltsstrukturen modernisieren sollen. Im Baugewerbe wurde ein zweistufiges Mindestlohnsystem ver-einbart, das Bauarbeitern aus dem Ausland auf hiesigen Baustellen zu einem ausreichenden Tarifeinkommen verhelfen soll. In der chemischen Industrie wurde die Möglichkeit geschaffen, die Jahressonderzahlung in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Situation der Betriebe schwanken zu lassen. Im öffentlichen Dienst formulierte die Gewerkschaft ver.di ihre Vorstellungen für eine komplette Überarbeitung des Bundesangestell-tentarifvertrages (BAT). In der tarifpolitischen Diskussion stand einmal mehr das System des Flächentarifver-trags im Mittelpunkt. Im Bundestagswahlkampf betonten CDU/CSU und FDP ihre Absicht, die unabdingbare und zwingende Wirkung von Branchentarifverträgen aufzuweichen. Dies forderte zum wiederholten Mal auch der Sachverständigenrat in seinem all-jährlichen Gutachten. Der DGB beschloss eine mehrjährige Kampagne, die die zentrale Bedeutung des (Flächen-)Tarifsystems zur Regelung der Arbeits- und Einkommensbedingungen herausstellen soll.
http://www.boeckler.de/wsi/tarchiv/aktuell.cgi?pmid=265
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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