idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
18.02.2014 09:39

Dem Training auf die Sprünge helfen

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Ex-Triathlet Billy Sperlich hat beim Ironman am eigenen Leibe erfahren, dass der Körper nicht jede Belastung klaglos hinnimmt. Der neue Professor für Sportwissenschaft an der Uni Würzburg hat daher eine besondere Expertise, wenn er sich der Trainingswissenschaft zur Leistungsverbesserung in Alltag und Sport widmet.

    Wer bei Trainingswissenschaft ausschließlich an Spitzensportler, Olympische Spiele und Profisport denkt, liegt falsch. „Der Begriff Training muss viel weiter gefasst werden. Auch Alltagsbewegungen gehören in diesen Bereich“, sagt Billy Sperlich. Der 36-Jährige hat seit dem 1. Oktober 2013 eine Professur für Sportwissenschaft, sein Arbeitsbereich ist die integrative und experimentelle Trainingswissenschaft. Wer einmal mit dem Fahrrad den Weg zu Sperlichs Büro im Sportzentrum an der Mergentheimer Straße genommen hat – über einen steilen Hügel – bekommt eine Ahnung davon, was mit Alltagsbewegungen gemeint sein kann.

    Belastungsmanagement, Umwelteinflüsse und Technologie

    Sperlich teilt seine Arbeit in der Trainingswissenschaft in drei Bereiche. Der erste ist das Belastungsmanagement. „Hier geht es unter anderem darum, Trainingsvorgaben zu geben und somit in den Alltag eines Menschen oder auch in den Trainingsalltag eines Sportlers einzugreifen“, erklärt Sperlich. So gibt es auch Trainingspläne für Menschen, die aufgrund einer Krankheit ans Bett gefesselt sind und deren Körper dann von einem Therapeuten durch Training aufgebaut wird. Auch für solche Patienten gilt es, einen adäquaten Trainingsplan zu schaffen und umzusetzen, damit sich das Befinden verbessert oder im optimalen Fall sogar der gesamte Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden kann.

    Neben dem Belastungsmanagement sind die Auswirkungen von verschiedenen Umwelteinflüssen auf die Leistungsfähigkeit ein Thema von Sperlich. So können Sportler die Ausdauer verbessern, wenn sie in einer Kammer trainieren, die ein Höhentraining simuliert. Der Körper bildet mehr rote Blutkörperchen und kann somit die Muskeln im Wettkampf mit mehr Sauerstoff befeuern.

    Auch der Einfluss von Wärme oder Kälte spielt eine große Rolle bei der körperlichen Leistungsfähigkeit. Sperlich lag 2006 bei seinem Ironman-Triathlon nach 3,86 Kilometern Schwimmen und 180,2 Kilometern Radfahren bei Kilometer 13 des abschließenden Marathons noch gut im Rennen. „Dann kam der Einbruch. Die enorme Hitze hat mich erschlagen. Daher das große Interesse an Thermoregulation“, erklärt er.

    Entwicklung und Evaluierung von Sportartikeln

    Zur Untersuchung der Thermoregulation gehört die Entwicklung und Evaluierung von neuer Sportbekleidung. Der Sportler soll einerseits warm genug angezogen sein, andererseits darf die Kleidung nicht die Bewegungsfreiheit und Wärmeabgabe einschränken. Zudem übernimmt Sportkleidung weitere Funktionen, wie der Trend zu Kompressionsstrümpfen oder -unterwäsche zeigt. Aktuell kooperieren die Wissenschaftler mit namhaften Sportartikelherstellern. „Idealerweise sind wir bei solchen Projekten schon in der Prototypenentwicklung dabei“, sagt Sperlich, der Würzburg auch von den Sportmöglichkeiten als „hervorragenden Standort“ einschätzt.

    Der dritte Bereich ist die Technologie. Hier untersuchen die Forscher beispielsweise die neuesten Fitnessgeräte und Trends. „Elektrostimulation, Vibrationstraining und ähnliches - der Nutzen der Innovationen muss sicherlich auch kritisch hinterfragt werden“, sagt Sperlich. Viele Methoden und Produkte seien zwar sinnvoll für eine gewisse Klientel, für andere Menschen eventuell „zu viel des Guten“ und nicht geeignet.

    Viele Überschneidungen mit anderen Wissenschaften

    Sperlichs Arbeit hat an vielen Punkten Überschneidungen zu anderen Fächern und kann auf verschiedenen Ebenen betrachtet werden: Auf der Ebene der Zellen, der Organe und allgemein unter dem Gesichtspunkt Gesundheit oder auch Leistungsfähigkeit. Der Austausch mit Fächern wie der Biologie ist für den Trainingswissenschaftler daher sehr wichtig: „Uns interessiert zum Beispiel, wie sich die Muskelzelle bei verschiedenen Trainingsreizen anpasst: Wieviel Sauerstoff kann sie aufnehmen? Wie können Muskelfasern mehr Kraft aufbringen?“

    Auf Ebene der Organe nehmen die Forscher beispielweise das Herz als Ganzes oder den gesamten Stoffwechsel in den Fokus. „Über allem steht dabei immer die Frage: Wie kann die körperliche Leistungsfähigkeit und Gesundheit verbessert werden“, sagt Sperlich, der selbst jeden Tag fünf Kilometer mit dem Mountainbike zur Arbeit radelt. Mit dem Triathlon ist nach über 200 Wettkämpfen Schluss. Nicht wegen der zeitraubenden Vorbereitung, sondern wegen der fehlenden Regenerationsphasen. „Die gingen dann zu Lasten der Familie“, sagt der Vater einer Tochter.

    Wissenstransfer in die Praxis verbessern

    Persönlich ist Sperlich mittlerweile sehr an Genderfragen interessiert. „Wir erforschten in den letzten Jahren zu 90 Prozent männliche Probanden – da liegt definitiv ein Forschungsfeld brach“, sagt Sperlich. Auch im Bereich Jugendsport gibt es viele Fragestellungen, die Sperlich interessieren. So kämen häufiger Fragen aus der Praxis, inwieweit auch Jugendliche bereits gefordert werden können.

    Der Austausch mit Trainern und Lehrern ist ein weiteres Anliegen von Sperlich. Deshalb hat er gemeinsam mit Kollegen die Plattform „www.sportsandscience.de“ gegründet. „Wir möchten, dass unsere Arbeit Gehör findet. Wir wollen den Spagat zwischen Praxis und Wissenschaft hinbekommen“, sagt er. Auf der Plattform werden die wichtigsten Veröffentlichungen aus den Trainingswissenschaften gesammelt und gegebenenfalls aufbereitet oder übersetzt. Das Angebot soll in der Zukunft um Online-Seminare für Trainer, Lehrer oder Studierende erweitert werden.

    Einrichtung eines Multifunktionslabors

    Nach gerade einmal drei Monaten in Würzburg steht für den Sportwissenschaftler aktuell die Einrichtung eines Multifunktionslabors im Mittelpunkt. „Am Anfang war mir wichtig, dass die Aufgaben in der Lehre laufen, nun kann ich mich dem Labor widmen“, sagt Sperlich. Die Uni stattet an der Mergentheimer Straße eine Halle mit verschiedenen Geräten aus. Diese ermöglichen Kraft- und Ausdauerdiagnostik, Regenerationsmanagement sowie Bewegungs- und Koordinationsübungen und deren Analyse.

    „Sportlich habe ich das erreicht, was ich konnte“, sagt Sperlich. Für die Arbeit an der Uni Würzburg hat er sich jedoch noch einiges vorgenommen: „ Ein Ziel meiner Arbeit ist es, das Fach international zu etablieren.“

    Lebenslauf

    Billy Sperlich wurde 1976 in Owensboro im US-amerikanischen Bundesstaat Kentucky geboren. Die amerikanische Mutter und der deutsche Vater entschieden sich jedoch, den Spross gemeinsam in der Nähe von Rottweil in Baden-Württemberg groß zu ziehen. Sperlich machte 2002 sein Diplom in Sportwissenschaften an der Sporthochschule in Köln und blieb nach der Promotion, die er 2007 erreichte, für erste Forschungsarbeiten in der Domstadt. 2011 folgte er dem Ruf auf eine Juniorprofessur an die Bergische Universität Wuppertal, seit Oktober 2013 ist Sperlich an der Uni Würzburg.

    Kontakt

    Prof. Dr. Billy Sperlich, T (0931) 31-81494, billy.sperlich@uni-wuerzburg.de


    Bilder

    Neues Gesicht in der Sportwissenschaft der Uni Würzburg: Professor Billy Sperlich.
    Neues Gesicht in der Sportwissenschaft der Uni Würzburg: Professor Billy Sperlich.
    (Foto: Marco Bosch)
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Sportwissenschaft
    überregional
    Forschungsprojekte, Personalia
    Deutsch


     

    Neues Gesicht in der Sportwissenschaft der Uni Würzburg: Professor Billy Sperlich.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).