Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, hat am 26. Februar 2014 die Ehrendoktorwürde der Fakultät für Sprach-, Literatur- und Sozialwissenschaften der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe erhalten. Die Auszeichnung wurde ihm für seinen engagierten Einsatz für eine verstärkte Demokratie und soziale Gerechtigkeit in der Europäischen Union im Rahmen seiner langjährigen politischen Arbeit im Europäischen Parlament verliehen.
Rektorin Dr. Christine Böckelmann freute sich über die zahlreich erschienenen Gäste aus dem Bereich der Ministerien, der Politik, der Kultur, der Wirtschaft und der Bildung. Sie erläuterte die wichtige Rolle von Fragestellungen der interkulturellen Bildung und des Zusammenlebens in pluralen Gesellschaften in Lehre und Forschung an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe und hieß am Ende ihrer Grußworte den EU-Parlamentspräsidenten willkommen: „Sehr geehrter Herr Schulz, Sie sind ein Politiker, der sich immer wieder getraut, auch unangenehme Dinge anzusprechen. Sie gehen immer wieder auf die heikle Gratwanderung zwischen politischem und diplomatischem Protokoll auf der einen Seite und der klaren Benennung von Fakten auf der anderen Seite. Dabei zeichnet Sie eine große Sachlichkeit und Offenheit aus. Diese Haltung, die nichts mit parteipolitischen Hintergründen zu tun hat, ist derjenigen eines Wissenschaftlers sehr ähnlich. Dafür möchten wir Sie heute Abend ehren.“
Von einer fast 300-jährigen Liebesbeziehung zwischen Karlsruhe und Europa sprach Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup in seiner Rede. Davon waren 230 Jahre geprägt von kriegerischen Auseinandersetzungen, von der die grenznahe Stadt immer besonders betroffen war. Umso dankbarer müsse man für die letzten siebzig Jahre sein, die ein friedvolles und gesichertes Zusammenleben ermöglicht haben. Deshalb freue es ihn, dass Martin Schulz die Auszeichnung an diesem Abend in Karlsruhe erhalte, denn für ein weiterhin friedliches Europa brauche es Menschen wie diesen, die Europa zu einem „Ort der richtigen kritischen Auseinandersetzung machen.“
Als weiterer Redner sprach der stellvertretende Ministerpräsident und Finanzminister Dr. Nils Schmid zu den Gästen. „Baden-Württemberg als industrielles Herz Deutschlands hat von Europa immer profitiert“, betonte der Minister, „weniger Europa ist keine Lösung für das Land.“ Stattdessen brauche es mutige Schritte zu einem demokratischeren und sozialerem Europa, wobei die Idee davon allein nicht genüge, sondern „es braucht einen, der für die Idee kämpft und sich nicht aus dem Konzept bringen lässt, es braucht einen Martin Schulz,“ schloss er seine Worte.
Prof. Dr. Michael Baum, Institut für Deutsche Sprache und Literatur, legte in seiner Laudatio dar, warum jede Institution, der Bildung und Wissenschaft jenseits von reiner Zweckdienlichkeit am Herzen liegt, den EU-Parlamentspräsidenten würdigen sollte. Dabei nahm er Rückgriff auf den Mythos der geraubten Europa, die europäische Geschichte mit ihrer Dialektik von Gewalt und Freiheit sowie die ökonomisch fokussierten Entwicklungen der letzten Jahre, und verknüpfte dies mit biographischen Details aus dem Leben des Parlamentspräsidenten. Aus dem Buch von Schulz ‚Der gefesselte Riese‘ zitierte er, dass es dem Gewürdigten bei der Förderung von Bildung nicht in erster Linie um die Frage der wirtschaftlichen Verwertbarkeit geht, sondern mehr um das Wachsen als Mensch. Baum: „Die Studentinnen und Studenten haben ein Anrecht auf offenes und kritisches Denken sowie auf eine vielfältige wissenschaftliche Bildung, die nicht nur wie eine Maschine in möglichst kurzer Zeit Bildungszertifikate für die Nützlichen ausstellt“. Um solche Entwicklungen zu verhindern, brauche es Menschen mit klaren Worten, Menschen wie Herrn Schulz. „Mit Ihnen“, schloss Baum seine Rede, „ehrt die Pädagogische Hochschule einen Zweifler und Gestalter, einen Mann mit einer Begabung zur Klarheit, die von Nöten ist, wenn man die Chancen erkennen will, die sich aus den historischen Niederlagen ergeben.“
Martin Schulz zeigte sich nach der Verleihung der Ehrendoktorwürde durch Prof. Dr. Heidi Rösch, Dekanin der Fakultät für Sprach-, Literatur- und Sozialwissenschaften, sehr gerührt und bewegt von der Laudatio. In den Mittelpunkt seiner Rede „Herausforderungen für Europa im 21. Jahrhundert“ stellte er die Digitalisierung als eine „erneute technologische Revolution“. Bei allem Segen für Wohlstand und Fortschritt sorge er sich dabei um das autonome und selbstbestimmte Individuum: „Der gläserne Konsumbürger darf nicht zum Archetyp des zukünftigen Menschen werden“, so der Gewürdigte. Er forderte eine „Charta der digitalen Grundrechte“, um die Werte, die sich die Menschen in Europa mit der Aufklärung erkämpft haben, auch weiterhin zu erhalten. „Ich sehe Geist und Auftrag der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe darin, aufgeklärte Menschen zu bilden und zu erziehen, weshalb es mir eine besondere Ehre ist, die Auszeichnung von dieser Hochschule erhalten zu haben“, schloss der EU-Parlamentspräsident unter großem Beifall seine Rede.
Feierlich umrahmt wurden die Reden von drei Ensembles der Hochschule für Musik Karlsruhe. Zum Abschluss der Veranstaltung lud die Pädagogische Hochschule zu einem Empfang.
Hintergrund:
Die Initiative, Herrn Martin Schulz zu würdigen, ging von der Fakultät für Sprach-, Literatur- und Sozialwissenschaften aus. Der Senat der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe stimmte dem Antrag in seiner Sitzung am 17. September 2013 zu. Darin heißt es: „Martin Schulz setzt sich seit vielen Jahren für die Europäische Integration ein und äußert sich auch zu heiklen Themen. In seinem kürzlich veröffentlichten Buch ‚Der gefesselte Riese – Europas letzte Chance’ fordert er eine verstärkte Demokratie und soziale Gerechtigkeit in der Europäischen Union – Ziele, die in Übereinstimmung mit der Ausrichtung unserer Hochschule stehen.“
Die PH Karlsruhe verfügt seit vielen Jahren über einen ausgewiesenen interdisziplinären Arbeitsschwerpunkt im Bereich Interkulturelle Bildung, Migration und Mehrsprachigkeit, und im Institut für Politikwissenschaft wurde erst kürzlich ein größeres Projekt zu den subjektiven und objektiven Politikkenntnissen deutscher Jugendlicher über die Europäische Union abgeschlossen, das im Kontext einer ganzen Reihe weiterer Projekte zu Fragen der politischen Bildung steht. Fragestellungen des Zusammenlebens und Zusammenwirkens innerhalb Europas werden damit von verschiedenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Hochschule bearbeitet. Die PH Karlsruhe hat zudem als Pionierin das Europalehramt eingeführt, das auch heute noch das Studienprofil deutlich prägt, und bietet seit vier Jahren den stark nachgefragten Masterstudiengang Interkulturelle Bildung, Migration und Mehrsprachigkeit an.
Martin Schulz hat nach dem Abitur eine Buchhändlerlehre absolviert und eine eigene Buchhandlung gegründet und geführt, bevor er in die Politik ging. Seit 1994 ist er Mitglied des Europäischen Parlaments, seit 2004 Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament und seit 2012 Präsident des Europäischen Parlaments. Er hat bereits Ehrendoktorwürden von der Bilgi Üniversitesi Istanbul, der Technischen Universität Kaliningrad und der Hebräischen Universität Jerusalem.
Dekanin Prof. Dr. Heidi Rösch überreicht dem EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz die Urkunde zur ...
PH Karlsruhe, Thomas Schindel
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Martin Schulz mit Dekanin Heidi Rösch, Dekanin, Minister Dr. Nils Schmid, Dr. Christine Böckelmann, ...
PH Karlsruhe, Thomas Schindel
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