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19.12.2002 15:43

Das Abenteuer Moldawien

Anette Schober-Knitz Referat für Hochschulkommunikation und Marketing
Hochschule Biberach

    Seit gut einem Jahr betreut die Fachhochschule Biberach ein Bauprojekt in Moldawien. Was mit dem persönlichen Engagement eines Einzelnen begann, ist längst zum interdisziplinären Studenten-Projekt geworden. Im Frühjahr wird das "Sozialzentrum Stauceni" eröffnet.

    Johannes Angele ist der Student, mit dem alles begann. Als Zivildienstleistender kam er nach Stauceni, einem kleinen Vorort der moldawischen Hauptstadt; 18 Monate lang half er dort dem Biberacher Klaus Kniffki, Pater der Steyler Missionare, wo er konnte. Und sah doch: Es fehlt an allen Ecken und Enden.
    In dieser Zeit entstand die Idee für das "Sozialzentrum Stauceni". Kinder sollen dort betreut, Kranke gepflegt und Hungrige gespeist werden. Ein Begegnungszentrum für die bedürftige Bevölkerung. Angele ließ das Thema keine Ruhe. Nachdem er längst wieder in der Heimat war und sein Studium aufgenommen hatte, packte er es an - zusammen mit seinem Freund und Kommilitonen Bertram Knauss, Studierenden aus den Bereichen Architektur, Gebäudetechnik und Projektmanagement sowie den Professoren Dr. Alexander Floß und Dipl.-Phys. Andreas Gerber, beide vom Studiengang Gebäudetechnik/-klimatik. Es wurde geplant und entworfen, Sponsoren gefunden, Material gesammelt und auf Lkw verladen
    Nach einem Jahr ist die Idee fast verwirklicht. Vor allem in den vergangenen Wochen packten die Studierenden der FH Biberach auf der Baustelle in Stauceni tatkräftig mit an. Die Heizungsanlage musste installiert werden, Leitungen für Wasser, Abwasser und Lüftung ebenso, auch die Solaranlagen. Und auch da nahmen sich die beiden Professoren nicht aus - gemeinsam fuhren Studierende und Lehrende circa 2000 Kilometer nach Osten.
    Das Abenteuer begann spätestens an der Grenze zu Moldawien: Die erste Straßenkontrolle meistert die Gruppe aus Biberach, verteilt auf zwei private Fahrzeuge, souverän mit einer Flasche Mineralwasser. Doch das war erst der Anfang. Am Grenzfluss wird ihnen das vergilbte Etikett einer Orangensaft-Flasche ausgehändigt. Das müssen sie an den nun folgenden Stationen stempeln lassen: "Desinfectia Point" - das Auto wird kostenpflichtig desinfiziert. Stempel. Passkontrolle, Gepäckkontrolle - die erste Gruppe investiert je eine Flasche Cola. Je ein Stempel. Das zweite Auto, ein Transporter, kommt nicht so leicht durch. Es ist beladen mit Schaltermaterial, angeblich fehlt eine Bescheinigung, die erst noch per Fax angefordert werden muss. Zum Glück haben sich die Biberacher weit vor der Grenze mit Johannes Angele und seiner Frau getroffen. Sie sprechen die Landessprache, können sich mit den Grenzern auf Rumänisch verständigen. Doch das Problem löst das nicht: Der Transporter muss warten, bis das fehlende Papier per Fax da ist. Die Gruppen beschließen sich zu trennen - in Stauceni wird man sich wieder sehen.

    Für die, die weiterfahren, wird die "Ecologica" fällig, eine Abgabe für Umweltverschmutzung durch Autoabgase. Stempel. Schließlich eine Zusatzversicherung fürs Auto. Widerspruch sinnlos. Dafür gibt es die fehlenden Stempel.

    Nach 40 Stunden Fahrt, über schlechte Straßen, durch die Nacht, an unbeleuchteten Ochsen- und Pferdekarren vorbei, die plötzlich wie aus dem Nichts aus der Dunkelheit im Scheinwerferlicht des Autos auftauchen. Doch alles ist gut gegangen. Die Reisenden sind erschöpft und froh, angekommen zu sein. Die Gastfamilie nimmt sie herzlich in Empfang und räumt die Zimmer für die Studenten.

    Das Abenteuer Moldawien aber ist noch nicht vorbei: Die Arbeiten auf der Baustelle wurden nicht planmäßig ausgeführt. Die Wärmedämmung fehlt, Fenster und Wände sitzen nicht, wie geplant. Das zweite Stockwerk ist nicht fertig gemauert, das Dach noch nicht drauf. Theorie und Praxis, Planung und Ausführung - die Studenten sind frustriert, die Professoren gefragt. Jetzt muss schnell entschieden werden: Wie geht man am besten vor, was macht man als erstes? Denn nach acht Tagen wird die Gruppe wieder abreisen; nur Angele und sein Freund bleiben länger. Erst im Dezember, wenn der Bau fast fertig gestellt ist, werden sie nach Biberach zurückkehren.

    Die Studenten und Professoren der Fachhochschule Biberach erleben anstrengende und schöne Tage in Stauceni, die sie nicht vergessen werden. Nicht das Abenteuer an der Grenze, nicht die freundlichen Menschen; nicht die fleißigen Arbeiter, die in Sandalen auf wackligen Holzleitern herumklettern, den Gips gekonnt per Hand und mit der Kelle auftragen. Nicht die glücklichen Kinder, die sie mit Spielzeug beschenken. Und sie werden nicht vergessen, welches Leid sie gesehen haben - und welche Entbehrungen ein Leben in Moldawien mit sich bringt.

    Kurz vor Weihnachten sind auch Johannes Angele und sein Kommilitone Bertram Knauss wieder zurück in Deutschland. In Stauceni ist das zweite Stockwerk des Sozialzentrums fertig gestellt, das Dach gedeckt, die Heizungsanlage installiert. Noch fehlen die sanitären Anlagen und deshalb werden sich die Freunde Ende Januar wieder auf den Weg machen. Ein unermüdliches Engagement.
    Das gilt auch für die Professoren Gerber und Floß sowie für die anderen Studierenden, die beim diesem interdisziplinären FH-Projekt beteiligt waren. Sie alle wollen das "Sozialzentrum Stauceni" besuchen, nachdem es eröffnet wurde; sehen, wie es funktioniert und wie es von der Bevölkerung angenommen wird. Und Prof. Dr. Alexander Floß ist sich sicher: Stauceni war nur der Anfang. Denn die Fachhochschule Biberach will auch in Zukunft solche Projekte initiieren und betreuen.

    INFO: Das Projekt "Sozialzentrum Stauceni" wird maßgeblich durch die Patenschaften der Organisationen Caritas Deutschland und den Steyler-Missionaren getragen. Auch Sie können das Projekt unterstützen. Spendenkonto: Steyler Missionare, Kontonummer 11009, Bankleitzahl 386 215 00 bei der Steyler Bank Sankt Augustin.
    Weitere Informationen erhalten Sie unter
    sz-moldova@t-online.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Studium und Lehre
    Deutsch


     

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