Berlin – Neue, direkt antiviral wirkende Medikamente wandeln derzeit die Behandlung von Hepatitis C: Angesichts des neuen Wirkstoffs Sofosbuvir und den erwarteten weiteren Arzneimittelzulassungen hat die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) aktuelle Empfehlungen zur Behandlung von Patienten mit chronischen Hepatitis C-Infektionen ausgesprochen. Die bisher üblichen Therapien könnten nicht mehr als Standard gelten, so die Experten der Fachgesellschaft. Die DGVS kündigt an, die auf ihrer Homepage veröffentlichten Empfehlungen mit der Verfügbarkeit neuer Substanzen stetig zu aktualisieren.
„Die Zulassung von Sofosbuvir hat das Behandlungsspektrum bei Hepatitis C deutlich erweitert“, erklärt Professor Dr. med. Michael Manns, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Mit dem neuen Medikament würden bei der Behandlung von Erkrankungen mit dem Hepatitis C-Virus (HCV) vom Genotyp 1 deutlich mehr Patienten auf die Therapie ansprechen – bei gleichzeitig verkürzter Therapiedauer. Außerdem bestehe endlich die Möglichkeit einer Interferon-freien und damit nebenwirkungsärmeren Therapie. Letztere hat sich besonders für Infektionen mit dem Genotyp 2 als wirksam erwiesen.
Noch einmal entscheidend verbessern werden sich die Heilungschancen für Hepatitis C-Patienten nach Meinung der Experten, wenn die Zulassungsbehörde voraussichtlich noch im laufenden Jahr die Wirkstoffe Simeprevir, Faldaprevir und Daclatasvir freigibt: „Diese Substanzen ermöglichen erste Interferon-freie Therapiekombinationen für alle Genotypen“, erklärt Manns. Darüber hinaus werden im Laufe des Jahres 2014 weitere Interferon-freie Kombinationstherapien mit hoher Wirksamkeit zugelassen, die eine kontinuierliche Anpassung der Therapieempfehlungen nach sich ziehen werden.
„In Anbetracht der zukünftigen Therapieoptionen sollten Ärzte und Patienten gemeinsam abschätzen, wie dringlich eine antivirale Therapie ist und dabei die potentiellen Nebenwirkungen und Erfolgschancen berücksichtigen“, erklärt DGVS-Vorstandsmitglied Professor Dr. med. Stefan Zeuzem, Direktor der Medizinischen Klinik 1 am Universitätsklinikum Frankfurt am Main. „Bei der Frage, ob mit der Therapie noch abgewartet werden sollte, ist der Patientenwunsch mitentscheidend.“ Vor allem bei Patienten mit einer Infektion mit den HCV-Genotypen 1, 3, 4, 5 und 6, die nicht an einer Leberzirrhose erkrankt sind, sei es sinnvoll aufgrund der guten Verträglichkeit und den zu erwartenden hohen Erfolgsraten, die Verfügbarkeit von Interferon-freien Therapieoptionen in naher Zukunft zu bedenken. Bei Patienten mit einer Genotyp 2-Infektion sei hingegen keine wesentliche Steigerung der Heilungsraten oder der Verträglichkeit durch die Zulassung weiterer Substanzen zu erwarten.
In ihren Empfehlungen gehen die Wissenschaftler im Detail auch auf die Therapie von besonderen Patientengruppen ein: Hierzu gehören Patienten, die etwa aufgrund einer Unverträglichkeit kein Interferon bekommen dürfen, HIV-Patienten sowie Patienten vor oder nach einer Lebertransplantation.
„Auf kaum einem anderen Gebiet der Medizin werden derzeit solche Fortschritte erzielt wie bei der Behandlung der Hepatitis C“, sagt Stefan Zeuzem. „Wir müssen nun dafür Sorge tragen, dass die Innovationen schnellstmöglich bei den Patienten ankommen.“ Das Expertenteam der DGVS wird daher zeitnah zu den neuen Zulassungen seine Empfehlungen aktualisieren und diese veröffentlichen.
Literatur:
Aktuelle Empfehlungen der DGVS zur Therapie der chronischen Hepatitis C
Christoph Sarrazin, Thomas Berg, Heiner Wedemeyer, Stefan Mauss, Matthias Dollinger, Michael Manns, Stefan Zeuzem
http://www.dgvs.de/leitlinien/aktuelle-empfehlungen
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 5000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle des Patienten.
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