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10.09.1997 00:00

Keine Kürzung der Wirtschaftsförderung Ost

Ingrid Dede Bereich Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Wirtschaftsforschung Halle

    Keine Kuerzung der Wirtschaftsfoerderung in Ostdeutschland!

    Am 1. September wird entschieden, in welchem Umfang die ostdeutschen Laender auf Bundesmittel im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GA) verzichten muessen. Auch wenn die vom Bund beabsichtigten Kuerzungen tatsaechlich nur Mittel betreffen sollten, die nach der Bewilligung aufgrund einer Verzoegerung oder eines Scheiterns des Investitionsprojektes wieder frei geworden sind, ist damit insgesamt eine Senkung des Foerdervolumens verbunden. Denn diese nicht in Anspruch genommenen Foerdermittel werden bislang von den Laendern i.d.R. an neue Investoren wieder ausgereicht. Aus oekonomischer Perspektive ist der Konflikt um eine Reduktion der GA- Mittel vor allem aus zwei Guenden zu kritisieren: Erstens fuehrt schon die Diskussion um eine Kuerzung von Foerdermitteln zu einer Verunsicherung potentieller Investoren. Investitions- und Standortentscheidungen werden langfristig geplant, und es ist eine oekonomische Binsenweisheit, dass Unsicherheit und nicht-antizipierte Aenderungen der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen einen negativen Einfluss auf Investitionsentscheidungen ausueben. Gerade auf diesen Aspekt - Investoren eine Erwartungsbildung ueber einen Zeitraum von mehreren Jahre zu ermoeglichen - hat die Bundesregierung mit ihrem kuerzlich beschlossenen, bis zum Jahr 2004 angelegten Foerderkonzept fuer Ostdeutschland besonders großen Wert gelegt. Insofern ist es als problematisch zu bewerten, daß diese Zielsetzung nur wenige Wochen spaeter bei der GA-Foerderung von kurzfristigen haushaltspolitischen Motiven ueberlagert wird. Der zweite Kritikpunkt liegt in der Tatsache begruendet, dass die Gemeinschaftsaufgabe nach wie vor das zentrale Instrument zur Foerderung von Industrieinvestitionen in Ostdeutschland ist. Bekanntermassen ist die ostdeutsche Wirtschaft aber immer noch durch ein gravierendes Defizit im Bereich der industriellen Produktion gekennzeichnet. Gleichzeitig stellt die Foerderung fuer international mobile Industrieunternehmen, die bei ihrer Standortwahl zwischen mehreren Regionen waehlen koennen, den wichtigsten Anreiz fuer eine Standortentscheidung zugunsten Ostdeutschlands dar. Die Massnahmen betreffen also gerade die Investoren, die die prioritaere Zielgruppe der Wirtschaftsfoerderung in Ostdeutschland darstellen. Aus den genannten Argumenten folgt, daß die Kontroverse um die Hoehe der finanziellen Mittel fuer die Regionalfoerderung so schnell wie moeglich ausgeraeumt werden muss. Die gegenwaertige Debatte um Foerdermittel fuer die Gemeinschaftsaufgabe birgt allerdings auch eine andere Gefahr: Faelschlicherweise wird der Eindruck geschuert, als ob das Schicksal Ostdeutschlands allein von der Hoehe der Foerdermittel abhaengt, und die angestrebte Angleichung der Lebensverhaeltnisse gesichert werden kann, sofern die Mittelausstattung nur hoch genug ausfaellt. Dem ist aber nicht so. Der wirtschaftliche Aufholprozeß Ostdeutschlands ist keineswegs nur von der Regionalfoerderung abhaengig, sondern er wird von zahlreichen anderen Entwicklungsbedingungen beeinflusst, zu denen die Infra- strukturausstattung, die Entwicklung der Arbeitskosten, die Humankapitalausstattung, aber auch weiche Standortfaktoren, wie flexibles Verwaltungshandeln und eine aufgeschlossene Unternehmerkultur gehoeren. In dieser ganzen Breite muss die Standortqualitaet verbessert werden. Noch koennen sich aber die Standortbedingungen in Ostdeutschland nicht mit denjenigen in Westdeutschland messen. Der Aufbau einer modernen Infrastruktur im Osten ist nicht in kurzer Frist moeglich, und er ist sehr kostenintensiv. Zum Teil schreiten Verfallsprozesse sogar weiter voran. Solange die Standortbedingungen in den ostdeutschen Regionen im Vergleich zu denjenigen in Westdeutschland noch relativ unguenstig sind, kann also auf zusaetzliche Investitionsanreize fuer Unternehmen nicht verzichtet werden.

    Vera Dietrich (die@iwh.uni-halle.de)

    Der nationale Stabilitaetspakt in einer Europaeischen Waehrungsunion: Ein Umsetzungsvorschlag

    Nach der Vereinbarung des europaeischen Stabilitaetspaktes koennen Mitglieder der Europaeischen Waehrungsunion zu Sanktionszahlungen verpflichtet werden, wenn ihr Staatsdefizit 3 vH des Bruttoinlandsprodukts ueberschreitet. Fuer die Bundesrepublik stellt die Umsetzung dieser Vereinbarung ein besonderes Problem dar, da einerseits der Bund gegenueber der Europaeischen Union fuer die Einhaltung der Defizitobergrenze verantwortlich ist, andererseits aber nicht nur der Bund, sondern auch die Bundeslaender Haushaltsautonomie besitzen. Daher versucht der Bund mit den Laendern eine Einigung ueber einen nationalen Stabili- taetspakt zu erzielen. Hierbei muss geklaert werden, wie die Defizitobergrenze vertikal, das heisst zwischen Bund und Laender und horizontal, das heisst unter den Laendern aufzuteilen ist. Das IWH schlaegt hierzu vor, dem Bund 55 vH des zulaessigen Gesamtdefizits zuzugestehen, wovon er jedoch 10 Punkte nur in konjunkturellen Schwaechephasen beanspruchen koennen soll. Das verbleibende Defizit fuer die Laender sollte unter diesen zur Haelfte nach ihren Inve- stitionsausgaben, zur anderen Haelfte nach Einwohnern verteilt werden. Damit wuerde gegenueber der sonst praeferierten Verteilung nach Einwohnern denjenigen Laendern ein relativ hoeheres Defizit zugestanden, die versuchen, ihre Wirtschaftskraft durch hoehere Investitionen zu staerken. Hiermit wuerde insbesondere den Erfordernissen Rechnung getragen, die durch den wirt- schaftlichen Aufholprozess der neuen Laender entstehen.

    Martin Snelting (msg@iwh.uni-halle.de)

    Papier- und pappeverarbeitendes Gewerbe Ostdeutschlands auf Wachstumskurs

    Bei einem weitgehend stagnierenden Markt in Deutschland gelang es den ostdeutschen Unternehmen des papier- und pappeverarbeitenden Gewerbes, ihren - jedoch nach wie vor geringen - Marktanteil auszudehnen. Die Exportquote der ostdeutschen Unternehmen uebertrifft inzwischen die der westdeutschen Anbieter. Impulse erhielt das papier- und pappeverarbeitende Gewerbe Ostdeutschlands auch von der Entwicklung der inlaendischen Produktion, insbesondere vom Nahrungs- und Genussmittelgewerbe. Trotz der rasanten Tariflohnanpassung unterschreiten die Lohnstueckkosten im papier- und pappeverarbeitenden Gewerbe seit 1995 den westdeutschen Referenzwert. Damit gehoert das papier- und pappeverarbeitende Gewerbe zu den wenigen Branchen in Ostdeutschland, die eine geringere Lohnkostenbelastung als die entsprechenden Wirtschaftszweige in Westdeutschland haben. Der Tariflohn entspricht seit Juli 1996 dem westdeutschen Vergleichswert. Der tarifliche Stundenlohn liegt aufgrund der laengeren tariflichen Wochenarbeitszeit noch etwas unter dem in Westdeutschland. Die Effektivstundenloehne betrugen Mitte 1996 lediglich 62 vH der westdeutschen Niveaugroesse. Die starke Ausdehnung der Produktion einerseits sowie die deutlich ruecklaeufige Lohnkostenbelastung andererseits waren Voraussetzungen dafuer, dass 1995 die Talsohle der Beschaeftigung durchschritten wurde.

    Hans-Ulrich Brautzsch (bra@iwh.uni-halle.de)

    Ostdeutsches Handwerk: Hohe Baunachfrage praegte Entwicklung

    Das ostdeutsche Handwerk ist bis etwa Mitte der 90er Jahre kraeftig expandiert. In der Unternehmens- und Beschaeftigtenzahl sowie in der Wirtschaftsleistung erreichte es bis dahin dem Bevoelkerungsanteil entsprechende bzw. angenaeherte Anteile am gesamtdeutschen Handwerk. Die staerksten Impulse erhielt es von der hohen Baunachfrage; ihr sind knapp vier Fuenftel des Bestandszuwachses der Unternehmen und mehr als zwei Drittel der Erhoehung der Beschaeftigtenzahl seit 1990 zuzurechnen. Mit dem Ende des Baubooms und dem Fehlen neuer Auftriebskraefte hat sich die wirtschaftliche Dynamik erheblich abgeflacht. Die Produktivitaetsrueckstaende zum westdeutschen Handwerk, die sich 1994 - mit Ausnahme weniger Dienstleistungshandwerke - im Schnitt zwischen 20 und 30 vH beliefen, duerften sich 1995 und 1996 nur noch marginal vermindert haben. Als eine Ursache fuer die niedrigere Produktivitaet kann die vergleichsweise geringere technische Ausstattung in kapitalintensiven Zweigen angesehen werden. Die Belastung des Umsatzes mit Personalkosten, die 1994 gegenueber westdeutschen Handwerksbetrieben etwas geringer war, hat sich bis 1996 leicht erhoeht. Dadurch duerfte sich die wirtschaftliche Situation vieler Hand- werksbetriebe in den neuen Bundeslaendern eher verschlechtert als gebessert haben.

    Siegfried Beer (sbr@iwh.uni-halle.de)

    Sommerpause im geschaeftlichen Aufschwung der ostdeutschen Industrie im Juli 1997

    Die Industrieproduktion ist in Ostdeutschland im ersten Halbjahr 1997 nach schwachem Beginn kraeftig gewachsen. Der Output erhoehte sich bis Juni saisonbereinigt gegenueber dem Halbjahr zuvor um 3 vH, was einem Plus von gut 8 vH im Vorjahresvergleich entspricht. Daran waren alle Industriebereiche beteiligt, besonders die Hersteller von Vorleistungs- sowie von Verbrauchsguetern. Im Juli hat sich - wie die neueste Umfrage des IWH unter 300 Industrieunternehmen ergab - der Aufschwung etwas abgeschwaecht. Derartige Eintruebungen in den Sommermonaten sind nicht unueblich und signalisieren noch keine Trendwende. Der Saldo aus positiven und negativen Meldungen der Unternehmen zur Geschaeftslage fiel im Juli gegenueber der vorangegangenen Umfrage im Mai um 12 Punkte auf der Bewertungsskala, bleibt aber weiterhin deutlich im Plusbereich. Den Stand vor Jahresfrist uebertrifft er um 13 Punkte. Der Anteil der Unternehmen mit dem Praedikat "gut" zur Geschaeftslage nahm dabei seit Jahresbeginn kontinuierlich auf rund ein Fuenftel zu und verringerte sich auch nicht vom Mai auf Juli. Das deutet darauf hin, dass sich der Anteil wirtschaftlich gesunder Industrieunternehmen auf diesem Niveau einpegelt. Die Eintruebung des aktuellen Geschaeftsverlaufs geht fast ausschliesslich auf die Unternehmen zurueck, deren Meldungen sich im Unschaerfebereich zwischen "eher gut" und "eher schlecht" bewegen. Die Einschaetzungen der Hersteller aus dem Grundstoff- und Produktionsguetergewerbe schwanken noch haeufig zwischen diesen Moeglichkeiten, die der Investionsgueterproduzenten dagegen weniger haeufig als im Durchschnitt aller Unternehmen. Im Unterschied zur Einschaetzung der aktuellen Lage haben die ostdeutschen Industrieunternehmen ihre Erwartungen fuer das naechste halbe Jahr nicht reduziert. Die Geschaeftsaussichten werden unveraendert optimistisch gesehen. Gestuetzt wird diese Erwartung vor allem von dem anhaltend kraeftigen Auftragseingang aus dem Ausland. Am kraeftigsten zugelegt hat der Optimismus bei den Unternehmen des Verbrauchsguetergewerbes. Die insgesamt zuversichtlich eingeschaetzten Geschaeftsaussichten lassen auf hohe Erwartungen und einen fortgesetzten Anstieg der Industrieproduktion bis zum Jahresende schliessen.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Wirtschaft
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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