Schadinsekten mit eigenem Hormon bekämpfen
Jena (21.07.98) Etwa 140 Experten aus aller Welt treffen sich vom 27. bis 31. Juli in Jena, um über ein Hormon zu diskutieren: Ecdyson. Das Häutungshormon der Insekten, Spinnen und Krebse steht im Mittelpunkt des "13. Ecdysone Workshop", den die Friedrich-Schiller-Universität gemeinsam mit der Jenaer Forschergruppe Prof. Dr. Heinz Penzlin der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig ausrichtet. Der Workshop, der erstmals in Jena stattfindet, wird großzügig von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.
"Ecdyson ist die zentrale Substanz des Workshops", erläutert der Jenaer Organisator Prof. Dr. Klaus Richter, "aber es existieren rund 100 verwandte Substanzen, die uns beschäftigen." Neben Insekten werden auch Pflanzen betrachtet, bei denen Ectysteroide - zu denen das Ecdyson gehört - vermutlich als Wachstumsfaktoren dienen. Darüber hinaus können sie als Schutzmechanismus wirken; ein hoher Gehalt von Ecdysteroiden schützt die Pflanzen vor Schädlingsbefall. Ab einer bestimmten Konzentration wirkt das Hormon für Tiere giftig - sie machen einen weiten Bogen um die Pflanze.
Hier setzen auch die Wissenschaftler aus aller Welt ein. Obwohl es während der Jenaer Tagung vor allem um Grundlagenforschung geht, spielt die mögliche Anwendung immer eine Rolle. Wenn es den Experten gelingt, die Wirkungsmechanismen des Ecdysons vollständig zu entschlüsseln, lassen sich auch Veränderungen erzeugen. So kann über das Ecdyson in die Häutung von Schadinsekten eingegriffen werden. Wenn der Häutungsprozeß "künstlich" gestört wird, sterben die Schädlinge. Neben dem direkten Angriff auf die Schadinsekten, könnten Ecdysteroide als Schutzsubstanzen für Pflanzen eingesetzt werden. "In Zukunft wird es möglich sein", prognostiziert Prof. Richter, "Pflanzen auf diese Weise gentechnisch zu manipulieren, um eine Resistenz gegen Schadinsekten zu erreichen" - beispielsweise fielen die Ernteverluste nach Heuschreckenplagen in Afrika oder Schäden in indischen Baumwollplantagen deutlich geringer aus. Auch als Diagnose-Hilfsmittel in der Medizin ist ein Einsatz möglich, um etwa Wurmbefall festzustellen.
Doch bevor Ecdyson als Schädlingsbekämpfungsmittel oder Medikament eingesetzt werden könnte, müssen weitere Grundlagen ermittelt werden. Hier kann die Jenaer Forschergruppe auf über 30jährige Erfahrung verweisen. Sie hat wesentlichen Anteil daran, daß man heute das Zusammenwirken zwischen Nerven- und Drüsensystem beim Häutungsprozeß der Insekten versteht. Auch an der Aufklärung der Struktur des bei diesem Prozeß wichtigen Gehirnhormons ist das Jenaer Team beteiligt. Den Thüringer Wissenschaftlern gelang ebenfalls der Nachweis, daß das Gehirnhormon eine hohe Artspezifität besitzt - "es ist nicht einfach von einer Insektengruppe auf eine andere übertragbar", erklärt Prof. Richter.
Wie das Gehirn gesteuert wird, um der Häutungsdrüse zu befehlen, Ecdyson zu produzieren, ist eine Frage, vor deren Beantwortung die Jenaer Forscher gerade stehen. "Doch zum Workshop werden wir darüber nichts Endgültiges sagen", bedauert Prof. Richter - noch sind die Ergebnisse nicht publiziert.
Kontakt:
Prof. Dr. Klaus Richter
Tel.: 03641/949191
Fax: 03641/949192
e-mail: b6rikl@cnve.rz.uni-jena.de
Friedrich-Schiller-Universität
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Axel Burchardt M. A.
Fürstengraben 1
07743 Jena
Tel.: 03641/931041
Fax: 03641/931042
e-mail: hab@sokrates.verwaltung.uni-jena.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Informationstechnik
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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