Tiere wirken positiv auf den Menschen. Das ist wissenschaftlich belegt und wird immer häufiger gezielt therapeutisch eingesetzt. Wie es den Therapiehunden in einem therapeutischen Setting geht und wie eine möglichst stressfreie Situation für die Tiere geschaffen werden kann, haben Forschende der Vetmeduni Vienna untersucht. Die aktuelle Studie zeigt, dass die Hunde während Gruppentherapien nicht gestresster sind als in ihrer Freizeit. Voraussetzung dafür ist Freiwilligkeit und Selbstbestimmtheit der Hunde. Die Ergebnisse wurden im Journal of Veterinary Behavior veröffentlicht.
Die sogenannte tiergestützte Therapie wird immer häufiger zur Therapie körperlicher und seelischer Erkrankungen beim Menschen eingesetzt. „Für belastete Menschen können Tiere als „soziale Eisbrecher“ diesen und PatientInnen sogar motivieren, überhaupt an einer Therapie teilzunehmen“, erklärt die Erstautorin der Studie, Lisa Maria Glenk. Wissenschaftliche Studien zur tiergestützten Therapie gibt es zwar, allerdings wurden darin bisher eher die Auswirkungen auf den Menschen erforscht.
Lisa Maria Glenk forscht an der Abteilung Komparative Medizin am Messerli Forschungsinstitut an der Vetmeduni Vienna und ist eine Pionierin, wenn es um die Erforschung der Tierperspektive in der Tiergestützten Therapie mit Hunden geht. Gemeinsam mit KollegInnen der Universität Wien und dem Karl Landsteiner Institut in Mauer-Amstetten erforschte Glenk die Lebensqualität der Co-Therapeuten auf vier Pfoten. „Es fehlen allgemein gültige Standards für den professionellen Einsatz von Tieren in der Therapie. Diese Standards möchten wir etablieren. Sind die Tiere bei der Arbeit gestresst, kann das für deren psychische und körperliche Gesundheit negative Konsequenzen haben. Geht es den Tieren gut geht, kommt das schließlich auch den Menschen zugute“, so die Naturwissenschafterin Glenk.
Kein Stress in der Gruppentherapie
Trainierte Therapiehunde sind während der Therapie nicht gestresster als an „arbeitsfreien“ Tagen. Glenk untersuchte dazu fünf ausgebildete und erfahrene Therapiehunde. Die Tiere waren regelmäßig bei Gruppentherapien mit drogenabhängigen TeilnehmerInnen und zwei TherapeutInnen dabei. Ob die Therapiestunden für die Tiere Stress bedeuten oder nicht, analysierte Glenk anhand von Speichelproben. Im Speichel, der den Hunden zu unterschiedlichen Zeitpunkten während und nach der Gruppentherapie, sowie zu unterschiedlichen Zeitpunkten in der Freizeit entnommen wurde, wiesen die Forschenden Kortisol - einen Indikator für den Stresslevel der Tiere - nach. Zusätzlich dokumentierten die WissenschafterInnen das Verhalten der Tiere per Video.
Freiheit entspannt
Die Ergebnisse liefern wichtige Hinweise, resümiert Glenk: „Therapiehunde sind während dieser Art der Therapiearbeit nicht gestresst.“ In einer vorangegangenen Studie zeigte Glenk bereits, dass Therapiehunde, die ohne Leine agieren, niedrigere Kortisolwerte aufweisen. Angeleinte Hunde in tiergestützter Therapie mit psychiatrischen PatientInnen sind demnach weniger entspannt als jene, die sich während ihrem Einsatz frei bewegen können.
„Es hängt also davon ab, ob sich die Tiere frei bewegen können, also nicht an eine Leine gebunden sind und ob es ihnen frei steht, jederzeit den Raum zu verlassen. Diese Bedingungen fanden die Hunde während der Gruppentherapiestunden vor. Die Tiere konnten auch jederzeit trinken und sich frei im Raum bewegen“, bestätigt Glenk.
Symptome gestresster Vierbeiner
Sind Therapiehunde unsicher oder überfordert, können sich Symptome wie Haarausfall, Schuppenbildung, Leinenbeißen, Schütteln des Körpers, Gähnen, Lippenlecken, Hecheln oder Durchfall zeigen. Subtilere Auffälligkeiten sind Futterverweigerung, Vermeiden des Blickkontaktes mit dem Menschen oder verminderte Aufmerksamkeits- und Konzentrationsfähigkeit. Akute Stresssignale während den Therapiestunden sollten HundehalterInnen ernst nehmen und die Tiere entsprechend aus der Situation herausnehmen.
Glenk empfiehlt regelmäßige „Supervision“ für Therapiehunde. Für Menschen in psychosozialen Berufen ist die Supervision eine Maßnahme der Psychohygiene, in der schwierige Erlebnisse verarbeitet werden können, üblich. VeterinärmedizinerInnen mit Kenntnissen aus der Verhaltensforschung könnten mit tierischer Supervision frühzeitig individuelle Auffälligkeiten bei den Therapiehunden aufspüren.
Der Artikel “Salivary cortisol and behavior in therapy dogs during animal-assisted interventions: A pilot study” von Lisa Maria Glenk, Oswald David Kothgassner, Birgit Ursula Stetina, Rupert Palme, Berthold Kepplinger und Halina Baran wurde im Journal of Veterinary Behavior veröffentlicht.
http://dx.doi.org/10.1016/j.jveb.2014.02.005
Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist die einzige veterinärmedizinische, akademische Bildungs- und Forschungsstätte Österreichs. Ihr Augenmerk gilt der Tiergesundheit und der Lebensmittelsicherheit. Im Forschungsinteresse stehen die Gesundheit von Tier und Mensch sowie Themen der Tierhaltung und des Tierschutzes. Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.200 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur Vetmeduni Vienna. http://www.vetmeduni.ac.at
Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr.rer.nat. Lisa Maria Glenk
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Therapiehunde müssen eine hohe Toleranzschwelle gegenüber Mensch und Tier besitzen.
Foto: Gerhard Koller
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