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24.07.1998 00:00

Sommersmog und Ozon

Sabine Denninghoff Kommunikation
Fraunhofer-Gesellschaft

    Seit Jahren ist die Freude an sonnigen Sommertagen getrübt. Denn immer häufiger steigen die Ozonkonzentrationen auf kritische Werte. Vorhersagen sind notwendig, doch sie stehen bisher auf wackligen Beinen. Zwei großangelegte Meßkampagnen erkunden exemplarisch den Himmel über Augsburg, um genauere Daten für die Berechnung von Ozonwerten zu erhalten.

    Besorgte Eltern wollen an sonnigen Sommertagen vor allem eines wissen: Welche Ozonwerte sind zu erwarten? Bleibt die Konzentration des Reizgases unter 120 Mikrogramm je Kubikmeter Luft, können die Kleinen ohne Gefahr im Freien herumtollen. Bei höheren Werten wird von körperlichen Anstrengungen im Freien abgeraten. Überschreitet die Ozonkonzentration 180 Mikrogramm, wird in einigen Regionen bereits ein Fahrverbot verhängt.

    Vorhersagen von Ozonwerten beruhen auf Erfahrungswerten und sind einigermaßen zuverlässig, doch streng genommen fehlt ihnen die wissenschaftliche Grundlage. Denn Ozon wird nicht direkt emittiert, sondern bildet sich unter dem Einfluß von Sonnenlicht aus zahlreichen Vorläufersubstanzen - vor allem Kohlenmonoxid, Stickoxiden und flüchtigen Kohlenwasserstoffen. Hauptverursacher dieser Abgase sind Automotoren, Heizungen und Industrieanlagen. Das chemische Zusammenspiel dieser Substanzen in der Atmosphäre ist noch längst nicht so gut erforscht, daß sich die Konzentration des Ozons zuverlässig berechnen ließe. Eine genaue Vorhersage scheitert schon daran, daß nicht bekannt ist, wie hoch die Emissionen dieser Ozon-Vorläufersubstanzen an einem bestimmten Tag und Ort sind - das Umweltbundesamt veröffentlicht lediglich Jahreswerte für Landkreise und einige größere Städte.

    Um diese Lücke zu schließen, ließen Umweltexperten im Frühjahr Ballons, ein Luftschiff und Kleinflugzeuge über der Stadt Augsburg aufsteigen. Forscher um Dr. Franz Slemr vom Fraunhofer-Institut für Atmosphärische Umweltforschung IFU in Garmisch-Partenkirchen untersuchten zusammen mit Fachkollegen von der Universität Stuttgart und sechs weiteren Forschungseinrichtungen die Konzentrationen der Spurenstoffe erstmals so gründlich, wie sie für die Rechnermodelle benötigt werden - stündlich und in Abständen von nur einem Kilometer.

    Augsburg ist durch seine Größe und die Lage weitab von anderen Großstädten besonders gut für ein derartiges Experiment geeignet. Projektleiter Franz Slemr ist froh darüber, daß die Firmen und Bewohner der schwäbischen Stadt den eigenartigen Luftverkehr über ihren Köpfen gelassen ertragen: »Die Menschen in Augsburg haben uns im Frühjahr sehr geholfen, obwohl wir mit unseren Ansprüchen nicht gerade bescheiden waren«, berichtet er und hofft darauf, daß auch der zweite Teil der Meßkampagne zur Aufklärung des Sommersmogs in der Stadt am Lech auf soviel Verständnis stößt. Denn im September und Oktober werden die Forscher mit ihren Meßgeräten noch einmal fünf Wochen lang die Augsburger Luft untersuchen.

    Die Luftfahrzeuge wie auch die mobilen und stationäre Bodenstationen sind mit äußerst empfindlichen Meßgeräten ausgerüstet, um alle relevanten Spurenstoffe zu erfassen. So entsteht ein Raster im Kilometermaßstab, das die Verteilung der Spurengase jede Stunde exakt beschreibt. An allen Meßpunkten erfassen die Forscher zugleich Windrichtung und -geschwindigkeit. Denn der Wind transportiert die Spurengase oft sehr schnell sehr weit weg von ihrem Entstehungsort. Daher werden die »frischen« Luftmassen gemessen, bevor sie Augsburg erreichen, und hinterher die Abgasfahne untersucht. Aus dem Vergleich der Daten kann ermittelt werden, welche Luftschadstoffe auf das Konto Augsburgs gehen.

    Das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, Forschung und Technologie BMBF finanziert dieses »Evaluierungsprojekt Augsburg« EVA im Förderschwerpunkt Troposphärenforschung mit insgesamt drei Millionen Mark. Ziel der Umweltforscher ist, zu überprüfen, wie gut die bisher für die Rechnersimulationen verwendeten Eingangsdaten mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Um aus den Jahresdaten des Umweltbundesamtes tägliche Werte berechnen zu können, verwendet das Institut für Rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart plausible Annahmen über den Verkehr, die Industrieproduktion und die Heizperiode. Auch diese Annahmen sollen im Augsburger Evaluierungsprogramm durch Zählungen und Befragungen überprüft werden.

    Wenn also im Herbst wieder Kleinflugzeuge, Ballons und Luftschiffe über Augsburg kreisen, dann ist das Luftaufklärung für den Umweltschutz. Eine bessere Vorhersage von schädlichen Ozonkonzentrationen hilft letztlich auch, wirksame Gegenmaßnahmen zu entwickeln.

    Ansprechpartner:
    Dr. Franz Slemr
    Telefon 0 88 21/1 83-1 60, Telefax 0 88 21/1 83-2 96
    Fraunhofer-Institut für Atmosphärische Umweltforschung IFU
    Kreuzeckbahnstraße 19, D-82467 Garmisch-Partenkirchen
    email: slemr@ifu.fhg.de

    Dr. Rainer Friedrich
    Telefon 07 11/7 80-61 12, Telefax 07 11/7 80-39 53
    Institut für Rationelle Energieanwendung (IER)
    Universität StuttgartHeßbrühlstraße 49a, D-70565 Stuttgart
    email: rf@ier.uni-stuttgart.de.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Geowissenschaften, Informationstechnik, Medizin, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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