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05.02.2003 16:24

"Sleepy Hollow": wie Jugendliche den Gruselstreifen beurteilen

Klaus P. Prem Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Augsburg

    Augsburger Kommuniaktionswissenschaftler befragten Schülerinnen und Schüler der zehnten Jahrgangsstufe nach ihrer Einstellung zu rollenden Köpfen und medialer Gewalt -

    Der amerikanische Gruselfilm "Sleepy Hollow" wird am kommenden Wochenende im Fernsehen zu sehen sein. Der Sender Sat 1 hat die Ausstrahlung des Kinofilms für den 9. Februar um 20.15 Uhr vorgesehen. Die Festlegung einer kinder- und jugendgerechten Altersfreigabe bedurfte von Seiten des institutionalisierten Jugendschutzes zahlreicher Prüfsitzungen. Aber wie schätzen jugendliche "Filmprüfer" den Spielfilm ein? Kommunikationswissenschaftler der Universität Augsburg haben dies untersucht.

    Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) hat sich in mehreren Prüfsitzungen mit der Altersfreigabe für den Film beschäftigt. Unter den Jugendschützern waren Unstimmigkeiten aufgetreten, bevor er in der dritten Prüfsitzung als "freigegeben ab 16 Jahren" eingestuft wurde. Dies bedeutet, dass "Sleepy Hollow" (Inhaltsangabe siehe Anhang) in ungeschnittener Fassung im Fernsehen erst ab 22 Uhr ausgestrahlt werden soll. Ausschlaggebend hierfür waren laut FSK-Beschluss vom 13. April 2000 die "vielen lautstark inszenierten Köpfungs- und Gewaltszenen". Dass diese märchenhaft und ironisch gestaltet sind, ist nach Ansichten der Filmprüfer für eine jüngere Altersstufe nur begrenzt zu erkennen. Der Film sei geeignet, "das geistige und seelische Wohl insbesondere der 12- und 13-Jährigen zu beeinträchtigen".

    JUGENDLICHE ALS BETROFFENE "EXPERTEN"

    Agnes Schmid, verantwortliche Projektmitarbeiterin an der Augsburger Professur für Kommunikationswissenschaft, ist der Frage nachgegangen, wie betroffene "Experten" - nämlich die Jugendlichen selbst - diesen Film wahrnehmen und beurteilen. Schmid hat zu diesem Zweck 47 Gymnasial- und Realschülern der 10. Jahrgangsstufe den Film vorgeführt. Die Schüler sollten u. a. die von der FSK als kritisch eingestuften Szenen bewerten und selbst eine Altersfreigabe erteilen.

    NUR KNAPP EIN DRITTEL FÜR FREIGABE AB 12 JAHREN

    Die Mehrheit der Jugendlichen (61 Prozent) würde "Sleepy Hollow" ab 16 Jahren frei geben. Die FSK hat also auch das Empfinden der Jugendlichen getroffen. Knapp ein Drittel der Jugendlichen würde den Film ab 12 Jahren frei geben, neun Prozent der Schüler schreiben dem Film die in Deutschland höchste Altersfreigabe "nicht frei unter 18 Jahren" zu. Dabei zeigen sich Unterschiede nach Geschlecht, Bildung und Häufigkeit von Fernsehkonsum: Jungen, Realschüler und Vielseher sprechen sich überdurchschnittlich häufig für eine Freigabe ab 12 Jahren aus.

    SUBTILERE URSACHEN: "ANGST ENTSTEHT NICHT NUR DURCH MORD"

    Neben den Mordszenen werden jedoch auch andere als die von der FSK monierten Stellen als Ursache für eine ängstigende Wirkung des Films angesehen: Bedrohliche Stimmungen und aus Sicht der Schüler "Ekel hervorrufende" Szenen - z.B. das Erscheinen einer durch ihr Äußeres erschreckenden Hexe oder das Auffinden menschlicher Schädel - führen ebenfalls zu Angst. Frank Brettschneider, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Augsburg: "Die FSK sollte bei ihren Altersfreigaben solchen Szenen ein größeres Gewicht beimessen. Angst entsteht nicht nur durch Mord, sondern hat häufig subtilere Ursachen." Vor allem aufgrund solcher Szenen würden viele Schüler den Film nicht gemeinsam mit einem 12- oder 13-jährigen Bruder oder einer 12- oder 13-jährigen Schwester ansehen. Das positive Ende des Films mildert nach Meinung der Jugendlichen seine ängstigende Wirkung ab.

    ZWISCHEN 80 UND 90 PROZENT HALTEN NEGATIVE WIRKUNGEN FÜR MÖGLICH

    Die Jugendlichen wurden auch zu ihren allgemeinen Einstellungen zu Gewalt im Fernsehen befragt. Ein Drittel der befragten Jugendlichen erachten Jugendschutzbestimmung als wichtig oder sehr wichtig. 23 Prozent der Jugendlichen sind der Meinung, im Fernsehen werde zuviel Gewalt gezeigt. Andererseits vertreten 26 Prozent die Auffassung, Gewaltszenen würden zu häufig aus den Filmen herausgeschnitten. Negative Wirkungen von Gewaltdarstellungen auf Jugendliche halten 80 bis 90 Prozent der Befragten für möglich. Dabei werden vor allem Verängstigung, der Nachahmungseffekt und ein Aufbau von Aggression genannt.

    KONTAKT UND WEITERE INFORMATIONEN:
    Prof. Dr. Frank Brettschneider
    Kommunikationswissenschaft
    Universität Augsburg
    86135 Augsburg
    Telefon 0821/598-5665
    frank.brettschneider@phil.uni-augsburg.de
    http://www.philso.uni-augsburg.de/web2/KW/KW.htm

    _______________________________________________________

    ZUM HINTERGRUND:
    INHALTSANGABE DES FILMS IM JUGENDENTSCHEID DER FSK VOM 7. FEBRUAR 2000:

    "New York 1799: Gendarm Ichabod Crane (gespielt von Jonny Depp) wird vom Gerichtshof in das verschlafene Sleppy Hollow versetzt, um eine Reihe mysteriöser Morde aufzuklären. Binnen zwei Wochen sind drei Menschen geköpft worden. Die Köpfe der Toten sind jedoch nie gefunden worden. In Sleepy Hollow angekommen, trifft Ichabod im Haus des reichen Grundbesitzers Baltus Van Tassel bei einer Halloween-Feier nicht nur die hübsche Katrina Van Tassel, sondern auch die Honoratioren der Gemeinde. Von Baltus Van Tassel und den Dorfältesten wird er darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Morde von dem 'Kopflosen Reiter' verübt werden. Dieser soll zu seinen Lebzeiten ein blutrünstiger Söldner gewesen sein, der schließlich geköpft wurde. Nun sei er aus der Hölle zurückgekehrt, um sein blutiges Werk fortzusetzen.

    Ichabod glaubt nicht an das Geschwätz, doch am nächsten Tag wird der Diener Jonathan Masbath ohne Kopf aufgefunden. Katarina und der Sohn des Dieners schliessen sich Ichabod an, um die Morde aufzuklären. Im Wald trifft das Trio auf den Totenbaum. In seinem Inneren entdecken sie die Köpfe der Toten; alle sind Opfer des 'Kopflosen Reiters'. In der Nähe finden sie sein Grab. Der Kopf des Toten ist jedoch entwendet. Die Legende der Dorfbewohner besagt, dass der Reiter immer wieder aus der Hölle zurückkehren und töten muss, bis er seinen Kopf wieder hat.

    Der Gendarm ist sich sicher, dass der 'Kopflose Reiter' von einem Bewohner des Dorfes unterstützt wird. Doch das blutige Morden geht weiter. Sogar in der Kirche wird die Bevölkerung vom Reiter verfolgt. Katarina, Ichabod und der Sohn des Dieners können in die Mühle flüchten, verfolgt vom Reiter und Katarinas Stiefmutter. Diese verrät Katarina, dass sie sich aus Rache dem Teufel, der in der Gestalt des Reiters sein Unwesen treibt, angeschlossen hat. Als kleines Mädchen sind sie und ihre Schwester verstossen worden, nachdem ihre Eltern getötet wurden. Der 'Kopflose Reiter' bekommt seinen Kopf wieder und verschwindet mit Katarinas Mutter im Totenbaum."


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Pädagogik / Bildung, Politik, Psychologie, Recht
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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