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18.02.2003 13:28

Wie geeignet ist Region Benken für Atommüll-Lager?

Christiane Rathmann Öffentlichkeit und Kommunikation
Öko-Institut e. V. - Institut für angewandte Ökologie

    Pressemitteilung
    Darmstadt, 18. Februar 2003

    Öko-Institut in Darmstadt legt Ergebnis einer Studie vor / Noch viele Fragen offen

    Wie geeignet ist die Region Benken im Zürcher Weinland für ein Atommüll-Lager? Mit dieser Frage hat sich das Öko-Institut e.V. in Darmstadt beschäftigt und jetzt das Ergebnis einer umfangreichen Untersuchung vorgelegt. "Derzeit kann eine definitive Aussage über die Eignung des Standortes nicht getroffen werden", fasst Ingenieur Gerhard Schmidt aus dem Bereich "Nukleartechnik & Anlagensicherheit" im Öko-Institut e.V. Darmstadt die Erkenntnisse zusammen. Der Wissenschaftler und Autor der 150-seitigen Studie weist darauf hin, dass vorher erst eine Reihe von weiteren Untersuchungen vorgenommen werden müssen. Zudem sei es erforderlich, noch offene Fragen zu klären. Nach der Ansicht von Schmidt bestehen zahlreiche ernste Hinweise darauf, dass der Standort nur eingeschränkt geeignet ist, und das gesamte Verfahren der Standortbewertung wird als ungeeignet eingestuft.

    Im Auftrag der Bürgerinitiative "Bewegung gegen eine Atommülldeponie in Benken" (BEDENKEN) und der "Interessengemeinschaft Energie und Lebensraum" (IGEL) hat sich das Öko-Institut e.V. den derzeitigen Stand der schweizerischen Suche nach einem atomaren Endlager angesehen. Die schweizerische "Nationale Genossenschaft für die Endlagerung radioaktiver Abfälle" (NAGRA) untersucht, wie geeignet ein Endlagerstandort im Norden der Schweiz ist. Nach den Vorstellungen der NAGRA soll das Endlager im Zürcher Weinland in der Region Benken die radioaktiven Abfälle aus den derzeit fünf Schweizer Kernkraftwerken aufnehmen und die radioaktiven Stoffe für Millionen Jahre einschließen.

    Die Umweltforscher stellen fest, dass an der Endlagerung der radioaktiven Abfälle und an den damit verbundenen Risiken kein realistischer Weg vorbeiführt. Sie fordern dafür aber höchste Sicherheitsstandards ohne Abstriche sowie ein transparentes, nachvollziehbares, faires und glaubhaftes Verfahren der Standortfindung.
    In der Studie des Öko-Instituts werden eine Vielzahl gravierender Punkte genannt, zu denen aus Sicht der Fachleute erst noch Nachweise erbracht werden müssen:

    ·Es ist nicht ausreichend geklärt, ob die Kontinentalplattenbewegungen, die zur Bildung der Alpen geführt haben, abgeschlossen oder weiter wirksam sind. Davon hängt es ab, ob die gefährlichen Abfälle im Endlager für Jahrmillionen eingeschlossen bleiben oder durch Hebung und Erosion freigelegt werden könnten.

    ·Unklar ist beim derzeitigen Kenntnisstand ferner, ob der Opalinuston als Wirtsgestein im Raum Benken überhaupt eine ausreichende Ausdehnung besitzt. Dazu müssen ausreichende Sicherheitsabstände zu Schichten und Strukturen mit erhöhter Durchlässigkeit eingehalten werden, um die Schadstoffe genügend lange zu isolieren. Die Ergebnisse der bisherigen Erkundung schließen nicht aus, dass bei näherer Untersuchung zu den bereits bekannten Störungen noch weitere hinzukommen und der verfügbare Endlagerraum und die isolierenden Schutzschichten letztendlich nicht für ein Endlager ausreichen.

    ·Die Bohruntersuchung nahe Benken und deren Auswertung durch die NAGRA hat eine Reihe von weiteren Fragen offen gelegt, die Zweifel an der Dichtheit des ausgesuchten Wirtsgesteins Opalinuston aufwerfen. Die Forscher empfehlen dringend, diesen grundsätzlichen Fragen nachzugehen.

    ·Als ungenügend kritisiert die Studie, dass im Vorfeld keine nachvollziehbaren Eignungskriterien für den Standort festgelegt worden sind. Dadurch bleibt ein beliebig großer Interpretationsspielraum bei der Feststellung der Eignung und bei der Festlegung des Standorts, der bei der Fachwelt, von betroffenen Gemeinden und der Bevölkerung als willkürlich empfunden werden kann.

    ·Die Standortsuche in der Schweiz ist nicht in ein Programm eingebettet, das auch sozioökonomische Faktoren und die Mitwirkung der betroffenen Kommunen einbezieht. Das Verfahren sieht weder eine sachkompetente Begleitung seitens der Kommunen noch die systematische Einbeziehung der Kommunen in den Untersuchungsprozess vor.

    Bei seiner Bewertung hat sich das Öko-Institut e.V. an den Eignungskriterien orientiert, die jüngst der bundesdeutsche Arbeitskreis "Auswahlverfahren Endlagerstandorte" (AkEnd) herausgegeben hat.

    Das Öko-Institut e.V. ist das führende Umweltforschungsinstitut im Bereich der angewandten Ökologie. Es erstellt wissenschaftliche Gutachten und berät Politiker, Umweltverbände sowie Institutionen. An den drei Standorten Freiburg, Darmstadt und Berlin sind insgesamt 100 Mitarbeiter beschäftigt, darunter 70 Wissenschaftler.

    Hinweis für Journalisten:
    Der Autor der Studie, Ing. (grad) Gerhard Schmidt, ist am Dienstag, 18. Februar 2003, telefonisch für Interviews und Hintergrundgespräche zu erreichen: +49-175-183-4118.


    Weitere Informationen:

    http://www.oeko.de
    http://www.atomfragen.ch


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Elektrotechnik, Energie, Geowissenschaften, Gesellschaft, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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