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21.02.2003 11:02

Charité eröffnet tagesklinisches Zentrum zur Behandlung von Patienten mit chronischem Tinnitus

Dr. med. Silvia Schattenfroh GB Unternehmenskommunikation
Charité-Universitätsmedizin Berlin

    Intensiv-Therapie von ein bis zwei Wochen Dauer

    Chronischer, also länger als drei Monate bestehender Tinnitus ist eine auch in Deutschland verbreitete Erscheinung. Die meisten Betroffenen lernen mit dem Geräusch im Ohr im Alltag gut zurecht zu kommen. Aber etwa anderthalb Millionen, rund 1% der Betroffenen in Deutschland, gelingt dies nicht. Diese Patienten wechseln unter Umständen über zwanzigmal im Jahr den Arzt, ohne daß ihnen wirksam geholfen wird. Sie leiden gleichwohl massiv unter ihren Ohrgeräuschen, erfahren starke Einschränkungen ihrer Lebensqualität, entwickeln Schlaf- und Konzentrationsstörungen und werden nicht selten depressiv.
    Tatsächlich kann Heilung, d.h. das völlige Verschwinden der lästigen Ohrgeräusche keine einzelne Therapie versprechen, aber ein individuell abgestimmtes Konzept von Maßnahmen kann wirksam helfen, den Tinnitus gewissermaßen zu überhören:
    Diesem Ziel hat sich das neue Zentrum für die tagesklinische Behandlung von Patienten mit chronischem Tinnitus verschrieben, das an der Charité am 1. März 2003 eröffnet wird. Angeboten wird hier unter Leitung von Dr. Birgit Mazurek von der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Charité und dem Gesundheitssystemforscher Dr. Johannes F. Hallauer eine ambulante Behandlung von bis zu 14 Tagen Dauer. Das Ziel ist, dem Patienten seinen Leidensdruck weitgehend zu nehmen und die Lebensqualität durch eine wohnortnahe Behandlung zu verbessern.
    Die Ursache des Tinnitus ist bisher nicht geklärt. Heute geht man davon aus, daß am Anfang ein Stress-, Hör- oder Schalltrauma zu Schäden im Innenohr geführt hat. Normalerweise ist unser Gehirn in der Lage, alle möglichen störenden Geräusche aus der aktuellen Wahrnehmung auszublenden. Beim chronischem Tinnitus ist dies aber offenbar dem Betroffenen unmöglich geworden. In dieser Phase der Erkrankung so Dr. Mazurek, wird der Tinnitus im limbischen System, dem Sitz des Gefühlslebens, negativ bewertet und dieser Höreindruck wird dann im Gehirn bleibend verankert. Darum bestehe der Tinnitus auch dann weiter, wenn gar keine Schallleitung mehr vom Ohr zum Gehirn möglich wäre, beispielsweise, wenn der Hörnerv durchtrennt wäre.
    Im neuen Tinnituszentrum wird der Patient in täglicher enger Zusammenarbeit von HNO-Ärzten, Psychosomatikern, Psychologen, Physiotherapeuten, Hörgeräte-Akustikern und anderen Fachkräften auf ein für ihn ganz persönlich abgestimmtes Therapieprogramm eingestellt. Eingeschlossen sind Verfahren zum Streßabbau, psychologische Gesprächsführung und individuell ausgerichtete Entspannungstechniken sowie die Einführung in die Retraining-Therapie, die im Anschluß an die Intensivtherapie im allgemeinen noch ein bis zwei Jahre von den Patienten selbständig weitergeführt wird, wobei deutliche Besserungen schon nach einigen Monaten eintreten. Die weiterführende Nachsorge erfolgt ebenfalls im Tinnituszentrum. Mit Hilfe der Retraining-Therapie lernt der Patient wieder auch andere Töne und Geräusche wahrzunehmen als nur sein eigenes störendes Klirren, Summen, Brausen oder Klingeln im Ohr.
    Oft stellt sich heraus, dass der Patient gleichzeitig eine Hörminderung hat. Dann ist es sinnvoll, ein Hörgerät anzupassen und eventuell auch mit einem Rauschgerät zu koppeln. Damit wird ein beständiges leises Rauschen, etwa wie Meeresrauschen, ins Ohr eingespielt. Das Rauschen wird so eingestellt, dass es leiser ist als das Tinnitusgeräusch. Vom Patienten wird es als angenehm empfunden. Denn es lenkt vom Tinnitus ab und er lernt seine akustische Aufmerksamkeit wieder anderen Geräuschen zuzuwenden. Außerdem können Hörgeräte -auch in Kombination mit Rauschgeräten - die Sprachverständlichkeit im täglichen Umgang mit anderen Menschen erleichtern und so helfen, die Ohrgeräusche weiter in den Hintergrund zu drängen. Erste Studien zeigen, dass eine ganzheitliche Behandlung, zu deren Bausteinen auch die Tinnitus-Retraining-Therapie gehört, die Wahrnehmung gegenüber dem Tinnitus reduzieren und die Lebensqualität des Patienten verbessern kann. Auch an der Charité laufen dazu Studien.
    Interessenten können sich weiter informieren unter der Telefonnummer: 030 - 450 555 009 oder sich schriftlich an das Tinnituszentrum der Charité, Karlplatz 7, 10 117 Berlin, wenden. Journalisten erhalten weitere Auskünfte, Termine für Vorabbesichtigung und Eröffnungsveranstaltung unter der e-mail: birgit.mazurek@charité.de (20.2.03) Silvia Schattenfroh


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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