Soziologe der Universität Jena beleuchtet in einem Buch die ökologische Wachstumskritik aus soziologischer Perspektive
Leben wir in einer Überflussgesellschaft, die rücksichtslos die Ressourcen des Planeten plündert? Zerstören wir die Lebensgrundlagen künftiger Generationen? Das Unbehagen an der Moderne ist weitverbreitet, doch äußerst diffus. Es kommt mal als Kapitalismuskritik daher, mal als Kritik an der Industriegesellschaft oder der Konsumgesellschaft. Im Blickpunkt steht häufig Wachstum, das als bedrohlich wahrgenommen wird, aber in der Politik längst zu einem Mantra geworden ist.
„In der Politik ist es einfach: Wer kein Wachstum verspricht, wird nicht gewählt“, sagt Dr. Stephan Lorenz von der Universität Jena. Der Soziologe ergänzt, dass Wachstum als Wert an sich angesehen werde. Wer es in Frage stellt, werde in der Debatte nicht mehr ernst genommen.
Diesem Mechanismus des gesellschaftlichen Diskurses geht Lorenz nach. In seinem Buch „Mehr oder weniger? Zur Soziologie ökologischer Wachstumskritik und nachhaltiger Entwicklung“ unternimmt er den Versuch, die Stimmen des vielfältigen Kritiker-Chores zu differenzieren. Basis seiner Überlegungen ist Henry David Thoreaus Bericht „Walden“, der als Manifest einer experimentellen Lebensweise interpretiert werden kann. Thoreau hatte sich 1845 für zwei Jahre weitgehend aus der Zivilisation zurückgezogen, um herauszufinden, was im Leben unverzichtbar ist.
Stephan Lorenz plädiert keineswegs für eine asketische Lebensweise, er fragt vielmehr nach dem Sinn von Wachstum um des Wachstums willen. Aktuell sei es doch so, dass neue technische Errungenschaften neue Probleme aufwerfen, zu deren Lösung wiederum technische Errungenschaften verhelfen sollen. Beispiel Glühlampen-Verbot: „Der Ersatz der Glühlampen durch die Energiesparlampe ist sicher im Ansatz richtig, doch die neuen Lampen müssen als Sondermüll entsorgt werden. Oder: Die Stadtluft ist heute viel sauberer, aber wir müssen uns um Feinstaub sorgen – und um einen globalen Klimawandel“, sagt Lorenz.
„Es wäre schon viel gewonnen, wenn mehr Klarheit in den aktuellen Diskurs kommen würde“, sagt der Wissenschaftler. In der Soziologie ist Ulrich Becks „Risikogesellschaft“ eine frühe Analyse zum Wachstumsthema zur Zeit der Tschernobyl-Katastrophe. Erste Antworten haben Bruno Latour und Richard Sennett formuliert. Sie geben Hinweise darauf, was nötig wäre, um aus dem Zirkel der ökonomisch-technischen Versprechen und ihren gesellschaftlichen Gefährdungen heraustreten zu können.
Inzwischen, so das Fazit von Lorenz, gewinnt die Forderung nach einer nachhaltigen Lebensweise immer mehr an Gewicht. Sein Buch will dazu Denkanstöße geben.
Bibliographische Angaben:
Stephan Lorenz: „Mehr oder weniger? Zur Soziologie ökologischer Wachstumskritik und nachhaltiger Entwicklung“, transcript Verlag, Bielefeld 2014, 138 Seiten, 19,99 Euro, ISBN: 978-8376-2776-3
Kontakt:
Dr. Stephan Lorenz
Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Carl-Zeiß-Straße 2, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945509
E-Mail: stephan.lorenz[at]uni-jena.de
Dr. Stephan Lorenz von der Universität Jena.
Foto: Anne Günther/FSU
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Das Cover der neuen Publikation.
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft, Umwelt / Ökologie
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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