idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
22.02.2003 10:38

Vorträge auf dem 1. Berliner Wirbelsäulentag

Manfred Ronzheimer Pressebüro Manfred Ronzheimer
Universitätsklinikum Benjamin Franklin

    Mediziner des UKBF informieren am 22. Februar 2003 in der Urania

    Samstag, 22. 2. 2003, 11.00 - 16.00 Uhr - Eintritt frei!
    Ort: An der Urania 17, 10787 Berlin

    Zur Feier des 33. Geburtstages der Wirbelsäulenchirurgie an der Neurochirurgischen Klinik im UKBF
    Medizinische Leitung: Prof. Dr. Dr. med. Mario Brock, Direktor der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum Benjamin Franklin

    Kurzfassung der Vorträge:

    Der Preis für den aufrechten Gang. Entwicklung und Funktion der Wirbelsäule
    Prof. Dr. Mario Brock

    Es herrscht Einigkeit über die Tatsache, dass das Leben auf unserem Planeten im Wasser begann. Für die "Eroberung" festen Bodens reichte zunächst das Robben und das Krabbeln, die Weiterentwicklung machte jedoch ein Skelett erforderlich. Zwar gibt es auch unter den Fischen Wirbeltiere, der "aufrechte Gang" ist ihnen jedoch fremd (weil unmöglich und unnötig).
    Damit aus den Vierbeinern Zweibeiner werden konnten, sind entscheidende Veränderungen an zwei "Scharnieren" notwendig gewesen: (1.) am Übergang zwischen Schädel und Halswirbelsäule und (2.) am Übergang zwischen Lendenwirbelsäule und Kreuzbein.
    Da diese Veränderungen erst wenige Millionen Jahre alt sind, ist es der Natur noch nicht gelungen, diese Scharniere hinreichend stabil zu gestalten. Die Folge ist, dass gerade im Bereich der Hals- und der Lendenwirbelsäule Instabilitäten und Bandscheibendegenerationen sehr häufig sind. Das scheint der Preis zu sein, den der Mensch für den aufrechten Gang zahlen muss. Ein spannendes Thema, das deutlich mehr als nur einen "Wirbelsäulentag" füllen kann.

    Die künstliche Bandscheibe
    Prof. Dr. Mario Brock

    Nicht erst im Zeitalter der Organtransplantation kam der Gedanke auf, "defekte" Bandscheiben durch künstliche Implantate zu ersetzen. In den letzten Jahrzehnten gab es Dutzende von patentierten "künstlichen Bandscheiben". Kein Modell hat sich bewährt. Die Ursachen sind einfach: Die Bandscheibe ist (1.) ein stoffwechselaktives Organ, (2.) eine Stossdämpfer, (3.) ein Gelenk. Diese drei Funktionen künstlich wirksam zu ersetzen, ist noch nicht gelungen. Zwar gibt es eine Reihe aussichtsreicher Ansätze, das Ziel bleibt in weiter Ferne. Diese faszinierende Thematik zu besprechen ist Aufgabe dieses Vortrages.

    Der Rückenschmerz. Im Bann der Hexe!
    Oberarzt Dr. Friedrich Boegner

    Die Entstehung von Rückenschmerzen ist außerordentlich vielfältig. Erkrankungen von Knochen, Gelenken, Rückenmuskulatur, Rückenmark, Nervenwurzeln, aber auch inneren Organen, sowie Störungen des seelischen Erlebens können letztendlich diesem Phänomen zugrunde liegen. Oft ist es dabei so, dass mehrere Komponenten einander verstärkend zusammenwirken. Der Vortrag macht deutlich, dass eine sorgfältige körperliche und psychische Untersuchung unabdingbare Voraussetzungen für eine sinnvoll und schonend eingesetzte Diagnostik einerseits und für eine rationale Therapie andererseits sind. Besonders wichtig ist dabei die kritische Bewertung und Analyse von Röntgen- , CT- und Kernspinbefunden. Entscheidend ist die Frage, ob die Beschwerden des Patienten wirklich mit den Befunden der Bildgebung in Zusammenhang stehen.

    Verletzungen der Wirbelsäule
    Oberarzt Dr. Theodoros Kombos

    Verletzungen der Wirbelsäule werden am häufigsten durch Verkehrsunfälle verursacht. Dabei werden meistens die Bänder und Knochen (sog. Wirbelbrüche) der Wirbelsäule betroffen. In solchen Fällen kann es zu Schmerzen kommen, die einer langwierigen Behandlung bedürfen. Eine schwere Verletzung des Rückenmarkes selbst hingegen führt zu einem "Querschnittsyndrom" mit Verlust aller Funktionen (Bewegung, Empfindung, Blasen- und Mastdarmfunktion) "unterhalb" der Verletzungsebene. Die Diagnose einer Verletzung der Wirbelsäule erfolgt zunächst durch eine klinische Untersuchung, gefolgt von Bildgebung (Röntgen, Computertomographie, Kernspintomographie). Bei den meisten Wirbelbrüchen ist eine Operation notwendig. Ihr Ziel ist eine Stabilisierung der verletzten Ebene mit Platten, Stangen und anderen "Stützmitteln". Durch die Operation kann jedoch eine Rückenmarksverletzung nicht rückgängig gemacht werden.

    Angeborene Fehlbildungen der Wirbelsäule (z.B. Spina bifida)
    Oberärztin Dr. Stefanie Hammersen

    Fehlbildungen im Bereich der Wirbelsäule sind häufig und werden durch eine sehr frühe Entwicklungsstörung (noch in den ersten 4-6 Schwangerschaftswochen) ausgelöst. Dabei kommt es zu einem fehlenden Verschluss des Wirbelkanals (Spina bifida). Dieser Zustand ist nicht selten von Fehlbildungen des Rückenmarks begleitet.

    Äußerlich sind oft übermäßige Behaarung, Hautverfärbung, Grübchen und Fettpolster (Lipome) oder "Gefäßmale" (Angiome) und Zysten über dem Knochenspalt sichtbar. Innerlich bestehen Verklebungen zwischen den Nerven oder dem Rückenmark und der Umgebung. Das Rückenmark wird dadurch "gefesselt" und mit zunehmendem Wachstum in der Längsrichtung unter Zug gesetzt. Dies bezeichnet man als "gezogenes Rückenmark" (Tethered Cord). Die dadurch verursachten Ausfälle bestehen in Durchblutungsstörungen, Nervenreizungen, Gefühlsstörungen in den Beinen, Lähmungen, Wachstumshemmungen, Störungen der Funktion von Blase und Darm, sowie Verkrümmungen der Wirbelsäule und Beine. Letztere Erscheinungen sind nicht immer angeboren, sondern entwickeln sich besonders während des gesteigerten Körperwachstums. Das operative Lösen der Verklebungen ist die Behandlung der Wahl.
    Der sogenannte "offene Rücken" beim Neugeborenen hat ein freiliegendes Rückenmark ohne Hautbedeckung (Myelomeningocele/MMC).
    Häufig findet sich als begleitende Fehlbildung eine Vergrößerung der Hirnkammern (Hydrocephalus). Sowohl der offene Rücken als auch der Hydrocephalus müssen frühzeitig nach der Geburt operativ korrigiert werden. Regelmäßige orthopädische Maßnahmen und urologische Behandlungen schließen sich an.

    Eine weitere Fehlbildung ist die Rückenmarksspaltung (Diastomatomyelie), bei der ein knöcherner Sporn, der den Wirbelkanal von vorne nach hinten in der Mittellinie durch das Rückenmark zieht und es spaltet, auch zu einer "Fesselung" des Rückenmarkes führt. Diese Missbildung muss bei Auftreten von Symptomen ebenfalls operiert werden. Ziel der Operation ist die Entfernung des Sporns.
    Kleine Hautgangseröffnungen (Dermalsinus, Dermalfistel), Hautmulden oder gangförmige Hauteinsenkungen, die bis an das Rückenmark reichen können und mit gutartigen Geschwülsten von Zellen der Haut und ihrer Drüsen (Dermoide/Epidermoide) einhergehen, treten ebenso am Rücken auf. Diese Hautgangeröffnungen können Eintrittspforten für Keime bilden. Sie liegen gewöhnlich am Ende der Wirbelsäule innerhalb abnormaler Behaarungsflecke oder in Gegenden mit Hautverfärbungen. Oft machen erst Entzündungszeichen auf den Dermalsinus aufmerksam. Die Behandlung besteht in der operativen Entfernung der Gänge und Tumoren.

    Die operative Behandlung des Bandscheibenvorfalls: Wann? Wann nicht?
    Oberärztin Dr. Terttu Aulikki Pietilä

    Die operative Behandlung eines Bandscheibenvorfalles ist angezeigt bei Patienten mit entsprechend klaren radiologischen Befunden und einem engen Spinalkanal, wenn Lähmungserscheinungen oder eine mit konservativen Mitteln nicht beeinflussbaren Schmerzsymptomatik vorliegt. Dank mikroneurochirurgischer Vorgehensweise ist das Operationstrauma heute dank der schonenden Methodik und des Erhalts der knöchernen und der Weichteilstrukturen minimiert.
    Bis auf die perkutane endoskopische Behandlung, die jedoch nur in seltenen ausgewählten Fällen indiziert ist, haben sich die sogenannten minimal invasiven Operationstechniken in der Routine nicht durchsetzen können. Das Beschwerdebild ist entscheidend: Soll die operative Behandlung Erfolg haben, muss die Symptomatik mit dem neuroradiologischen Befund übereinstimmen.

    Die Osteoporose der Wirbelsäule - Warum werden wir kleiner und krumm?
    Prof. Dr. Dieter Felsenberg

    Zum Trost für jedermann: Wir werden alle mit zunehmendem Alter kleiner, ausnahmslos. Das Ausmaß ist allerdings sehr unterschiedlich und die Gründe können sehr verschieden sein. Die wohl häufigste Ursache für die Körpergrößenabnahme ist die Bandscheibe, die mit zunehmendem Alter immer weniger Flüssigkeit enthält und dadurch mehr oder weniger zusammenschrumpft. Ein weiterer Grund für die Abnahme der Körpergröße ist die Verformung von Wirbelkörpern. Verformung heißt in diesem Zusammenhang, dass die normale Kastenform sich durch zunehmende Abflachung umwandelt in z.B. keilförmige Wirbelkörper. Auch diese Umwandlung kann wieder verschiedene Gründe haben: Verschleiß oder krankheitsbedingt.
    Die wohl wichtigste Erkrankung, die zu derartigen Verformungen und Abflachungen der Wirbelkörper führt, ist die Osteoporose. Bei der Osteoporose sintern die Wirbelkörper durch den Verlust an Knochen zunehmend zusammen. Die Folge: der Mensch wird kleiner und durch die Veränderung der Statik der Wirbelsäule erleiden die betroffenen Menschen häufig Schmerzen. Unter dieser Krankheit leiden in Deutschland ca. 5-6 Millionen Männer und Frauen, wobei Frauen deutlich häufiger betroffen sind.

    Programm hier:
    http://idw-online.de/public/zeige_pm.html?pmid=59621

    Kontakt:
    Prof. Dr. Dr. Mario Brock
    Neurochirurgische Klinik und Poliklinik
    Universitätsklinikum Benjamin Franklin
    Hindenburgdamm 30, D-12200 Berlin
    Tel. 8445-2531, Fax: 8445-3569
    e-Mail: neurochirurgie@medizin.fu-berlin.de

    Pressekontakt: Externe Pressestelle des UKBF
    Manfred Ronzheimer Pressebüro
    Lauterstr. 35, 12159 Berlin
    Tel: 030 - 85 99 98 43, Mobil: 0178-4982511
    eMail: ronzheimer@t-online.de


    Weitere Informationen:

    http://www.neurochirurgie-berlin.com/
    http://idw-online.de/public/zeige_pm.html?pmid=59621


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).