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24.02.2003 11:35

Computer als Bewegungsexperten

Dr. Christian Jung Stabsreferat Kommunikation
VolkswagenStiftung

    3. März 2003: Eröffnungsfeier der an der Universität Tübingen geförderten Nachwuchsgruppe zum "Lernen komplexer Bewegungen"

    Bewegung bedeutet Leben, Interaktion mit anderen - und auch: Wiedererkennung durch andere. Bewegungsabläufe enthalten Informationen über die Identität des Akteurs, sein Alter und Geschlecht, über Absichten und Befinden oder den Gesundheitszustand. Das Wahrnehmungssystem des Menschen ist hervorragend für die Erkennung komplexer Bewegungen ausgerüstet. So entdecken wir beispielsweise in einer Menschenmenge einen Freund, auch wenn dieser neue Kleidung und einen ungewohnten Haarschnitt trägt - und selbst dann, wenn wir nicht einmal den ganzen Körper der Person sehen. Bewegungsmuster spielen hier eine zentrale Rolle. Es reichen zudem wenige charakteristische, markante Punkte, und schon vermittelt uns unser Gehirn: Das ist unzweifelhaft diese oder jener.

    Wie kann unser Sehsystem das leisten? Was genau ist an Bewegungen typisch und macht sie unverwechselbar? Und lassen sich die zu Grunde liegenden Prinzipien auf Computersysteme übertragen, um sie für technische Anwendungen nutzbar zu machen? Darüber rätseln Wissenschaftler, aber auch Sportler und Computerspiel-Designer seit geraumer Zeit. Einer dieser Forscher im Grenzbereich von Neurowissenschaften, Medizin und Informatik ist Dr. Martin Giese vom Zentrum für Neurologie der Universität Tübingen. Seine Nachwuchsforschergruppe "Lernbasierte Repräsentationen für die Wahrnehmung und Planung motorischer Handlungen" wird von der VolkswagenStiftung mit rund 1,3 Millionen Euro fünf Jahre lang unterstützt.
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    Kontakt Nachwuchsgruppe, Universität Tübingen, Zentrum für Neurologie, Abteilung für Kognitive Neurologie, Dr. Martin Giese, Telefon: 07071 601724, E-Mail: martin.giese@tuebingen.mpg.de
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    Am Montag, dem 3. März 2003, nehmen die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Arbeit in dem neu gegründeten "Laboratory for
    Action Representation and Learning" auf. Interessierte Journalistinnen und Journalisten sind herzlich zur Einweihung eingeladen. Die Veranstaltung beginnt um 15 Uhr mit einem "Minisymposium" zum Thema "Lernen komplexer Bewegungen" und endet gegen 18 Uhr. Ort: Universitätsklinikum Tübingen (Ackelbau), Schaffhausenstraße 113 in 72072 Tübingen. Das vollständige Programm senden wir Ihnen gern zu.
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    Eröffnung Nachwuchsgruppe am Montag, 3. März 2003, Veranstaltungsort: Universitätsklinikum Tübingen, Ackelbau, Schaffhausenstraße 113, 72072 Tübingen
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    Wie erklären sich die erstaunlichen Leistungen des menschlichen Sehsystems? Wie funktioniert das Erkennen von Bewegungen? Wie also wird etwa aus den Gesten einer Frau "Weiblichkeit" destilliert, was wirkt am Gang eines Mannes als "männlich", müde oder munter? Dazu Giese: "Das zentrale Prinzip ist Lernen. Durch Lernen weniger Beispielbewegungen sind wir in der Lage, äußerst komplexe Bewegungsabläufe zu erkennen." Und solche Beispiele werden wahrscheinlich in speziellen Nervenzellen des Sehsystems gespeichert, "die wiederum genau dann aktiv werden, wenn wir plötzlich die gelernte oder eine ähnliche Bewegung wahrnehmen", ergänzt der Forscher. Aber welche Eigenschaften sind es, die wirklich entscheidend sind, um eine Bewegung als eine charakteristische zu erfassen? Woran erkennen beispielsweise echte Karatefreaks, ob da jemand im Stil von Jackie Chan oder Chuck Norris kämpft; oder Tänzer, ob dort jemand eher John Travolta oder Patrick Swayze imitiert. Wieder scheint Lernen ein entscheidender Faktor zu sein.
    Giese und seine Kolleginnen und Kollegen haben ein Computerprogramm entwickelt, das dies gleichermaßen leistet: ein Programm, das den Stil und die Eleganz von Bewegungen automatisch charakterisiert. Dabei lassen sie den Computer selbst lernen, was die Bewegungen - etwa bei unterschiedlich fähigen Karatekämpfern - unterscheidet. Und zwar im Prinzip genauso, wie ein Mensch das auch lernt: anhand von Beispielen. Dazu haben sie Hunderte unterschiedlich guter Karateka dabei gefilmt, wie sie bestimmte Techniken ausführten. Experten haben die Übungen im Anschluss bewertet. Aus diesen Daten und Einschätzungen lernt das Programm jetzt automatisch, worauf es achten muss, an welcher Stelle der Bewegung es den Meister vom Schüler unterscheiden kann. Es "versteht" die Kriterien der Experten - und kann danach das Wissen auf neue Fälle übertragen.

    Jedoch können die Tübinger nicht nur Bewegungen analysieren, sondern sogar verschiedene Kampfstile auf dem Computer simulieren. Ihnen ist es gelungen, die Grundkonstanten von Stil und Können zu trennen und neu zu kombinieren. Aus dem Mund des Forschers hört sich das so an: "Wir zerlegen komplexe Bewegungssequenzen in Einzeltechniken, so genannte' Bewegungsprimitive'. Deren jeweiligen Stil können wir anschließend exakt 'designen'. Dann setzen wir die einzelnen Techniken wieder zu einer Gesamtsequenz zusammen und erzeugen eine Bewegung, bei der die einzelnen Techniken fließend ineinander übergehen." Das Ganze ist dann von einer natürlichen Bewegungssequenz kaum noch zu unterscheiden.

    Giese hat aber noch einen anderen, ganz praktischen Nutzen im Blick - und zwar für die Medizin: "Erfahrene Ärzte können die Ursachen mancher Krankheiten anhand von charakteristischen Bewegungen ihrer Patienten erkennen. Dies geschieht häufig intuitiv, die der Einschätzung zu Grunde liegenden Kriterien sind jedoch oft nur schwer zu fassen. Mit Hilfe unserer 'Lernmethode' können wir nun das Wissen dieser Mediziner für Computersysteme nutzbar machen." Ein Verfahren, das Ärzte bei der Diagnose und der Ent-scheidung im Hinblick auf mögliche Therapien künftig unterstützen sollte.

    Der Text der Presseinformation steht im Internet zur Verfügung unter http://www.volkswagenstiftung.de/presse-news/presse03/24022003.htm;
    dort finden Sie auch verschiedene Bilder (Karateka, Patient) zum Beitrag.
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    Kontakt: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Dr. Christian Jung, Telefon: 0511 8381 380, E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de
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    Weitere Informationen:

    http://www.volkswagenstiftung.de/presse-news/presse03/24022003.htm


    Bilder

    Patient
    Patient

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    Karateka
    Karateka

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Medizin, Sportwissenschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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