idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
11.08.2014 09:54

Wichtiger Durchbruch beim Verständnis der Amyotrophen Lateralsklerose

Kornelia Suske Pressestelle
Universitätsklinikum Magdeburg

    Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems. Dabei kommt es zu einer fortschreitenden und irreversiblen Schädigung oder Degeneration der Nervenzellen, welche die Bewegung von Muskeln steuern. Als Folge dieses Zellverlustes entsteht eine zunehmende Muskelschwäche, welche bisher kaum durch Therapien beeinflussbar ist. Die Ursachen dieser schweren degenerativen Erkrankung sind bislang weitestgehend unbekannt. Bei der ALS handelt es sich um eine weltweit auftretende und insgesamt seltene Erkrankung. Von 100.000 Menschen erkranken pro Jahr etwa ein bis drei neu an ALS. Die durch die Erkrankung bedingte Muskelschwäche führt üblicherweise innerhalb weniger Jahre nach ihrem Ausbruch zum Tod durch Atemversagen. Die mittlere Überlebensdauer nach Diagnosestellung beträgt dabei nur etwa 3 Jahre. Allerdings sind auch Fälle beschrieben, welche eine Überlebensdauer von bis zu 15 Jahren zeigen.

    Einem Team von Ärzten und Wissenschaftlern der Universitätsklinik für Neurologie Magdeburg, dem Leibniz-Institut für Neurobiologie und dem DZNE in Magdeburg sowie der Neurologischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover ist nun ein wichtiger Durchbruch für das Verständnis der Erkrankung gelungen. Über ihre Untersuchungen berichten die Neurowissenschaftler in der Fachzeitschrift "NeuroImage: Clinical".

    Unter der Leitung von Prof. Dr. Mircea Ariel Schoenfeld untersuchte das Team zwei Gruppen von ALS-Patienten mit verschiedenen kernspintomographischen Verfahren. Bei der ersten Gruppe von 14 Patienten handelte es sich dabei um Erkrankte, bei welchen die Diagnose erst kürzlich gestellt worden war, und die sich klinisch in einem frühen Stadium der Erkrankung befanden. Diese Patienten wurden mittels funktioneller Kernspintomographie zwei Mal untersucht, wobei die erste Messung kurz nach Diagnosestellung und eine weitere im Abstand von 3 Monaten durchgeführt wurden. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass innerhalb von nur 3 Monaten im Verlauf der Erkrankung die Hirnaktivität im motorischen System der Patienten deutlich abnahm. Demgegenüber beobachteten die Forscher, dass im Hippokampus - einer für die Gedächtnisbildung zentralen Hirnstruktur - zeitgleich eine Aktivitätserhöhung auftrat. Diese Zunahme der Hirnaktivität ist dabei typisch für Hirnschädigungen, die erst kurz zuvor entstanden sind.

    Zum allerersten Mal gelang es den Wissenschaftlern somit Einblicke in die zeitliche Dynamik von Veränderungen des Gehirns zu erhalten, welche während des Voranschreitens der Erkrankung innerhalb von nur 3 Monaten entstehen. Darüber hinaus konnten diese Befunde mit anderen ALS-typischen Veränderungen, welche sich jedoch über einen deutlich längeren Zeitraum entwickelt hatten, verglichen werden. Dazu untersuchte das Wissenschaftlerteam eine zweite Gruppe von 26 ALS-Patienten mittels eines strukturellen kernspintomografischen Verfahrens, welches besonders dazu geeignet ist, neurodegenerative Veränderungen zu erfassen. Patienten zeigten hierbei im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden deutliche Veränderungen der Hirnstruktur in verschiedenen Funktionssystemen der Großhirnrinde und des Mittelhirns. Dabei bestand zwischen den dynamischen funktionellen (Längsschnittsstudie der ersten Patientengruppe) und den strukturellen Veränderungen (Querschnittstudie der zweiten Patientengruppe) eine große räumliche Überlappung der betroffenen Hirnregionen. Die Ergebnisse zeigen daher, dass die Amyotrophe Lateralsklerose eine Multisystemerkrankung mit komplexem zeitlichem Ablauf ist, bei welcher die für die Gedächtnisbildung zentrale Hirnstruktur - der Hippokampus - ebenfalls betroffen ist. Die genaue Kenntnis des zeitlichen Ablaufes degenerativer Prozesse innerhalb unterschiedlicher Funktionssysteme des Gehirns ist dabei essentiell für das Verständnis der Erkrankung und für die Entwicklung zukünftiger Behandlungsstrategien.

    Publikation:
    Stoppel CM, Vielhaber S, Eckart C, Machts J, Kaufmann J, Heinze H-J, Kollewe K, Petri S, Dengler R, Hopf J-M, Schoenfeld MA. Structural and functional hallmarks of amyotrophic lateral sclerosis progression in motor- and memory-related brain regions. NeuroImage: Clinical. Vol. 5 (2014), pp. 277-290. DOI: 10.1016/j.nicl.2014.07.007
    http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2213158214000990

    Kontakt: Prof. Dr. Mircea Ariel Schoenfeld
    Universitätsklinik für Neurologie
    Leiter Abteilung Experimentelle Neurologie
    Leibniz-Institut für Neurobiologie
    Abteilung für Verhaltensneurologie
    Tel: : 0391 6263 92301
    ariel.schoenfeld@med.ovgu.de


    Bilder

    Motorische Aktivität bei Patienten mit ALS
    Motorische Aktivität bei Patienten mit ALS
    Quelle: Studie
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Motorische Aktivität bei Patienten mit ALS


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).