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03.03.2003 09:45

Mehr Frust als Lust in moderner Verkaufsarbeit?

Claudia Braczko Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut Arbeit und Technik

    Institut Arbeit und Technik untersuchte Beschäftigungs- und Arbeitszeittrends im Einzelhandel

    Im deutschen Einzelhandel hat die Ausrichtung am Marktgeschehen die Verkaufsarbeit stark verändert. Kosten- und Marktdruck gehen zunehmend zu Lasten des Verkaufspersonals, aber auch der Kunden, die auf gewohnten Service verzichten müssen. Untersuchungen des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) zeigen, dass die dominante Arbeitszeit- und Beschäftigungsstrategie der meisten Einzelhandelsunternehmen wenig Platz für personenbezogene Dienste lässt. Ob sie sich selbst damit einen Gefallen tun, bleibt fraglich. Der Dienst am Kunden ist ein Wettbewerbsfaktor, der wieder mehr Bedeutung für die Kaufentscheidung gewinnen könnte.

    Die "neue Kundenorientierung" scheint sich in vielen Supermärkten und SB-Warenhäusern darauf zu beschränken, dass viel Ware zu günstigen Preisen in ansprechender Kaufatmosphäre angeboten wird. Viele große Einzelhändler glauben, auf Service und persönlichen Dienst am Kunden verzichten zu können und dünnen die Personaldecke weitgehend aus. Kunden wollen jedoch nach wie vor beraten und bedient werden. Folge der widersprüchlichen Anforderungen sind besondere Belastungen für das Personal, die dazu führen, dass Verkaufsarbeit als aufreibend und stressig empfunden wird.

    In ihrer Untersuchung zur Beschäftigungssituation im deutschen Einzelhandel stellten die IAT-Arbeitszeitforscher Dorothea Voss-Dahm und Dr. Steffen Lehndorff drei Trends fest: den Trend zum Beschäftigungsabbau, den Trend zu niedrigen Durchschnittseinkommen und den Teilzeittrend. Betroffen sind in erster Linie Frauen: sie finden keine Vollzeitstelle mehr und können in dieser Branche nur noch niedrige Einkommen erwirtschaften. Dem europäischen Trend zur Ausdehnung der Teilzeitbeschäftigung im Einzelhandel weht nur dort, wo die Erwerbsorientierung der Frauen stark auf Vollzeit gerichtet ist - wie in Skandinavien oder Frankreich - gesellschaftlicher Gegenwind entgegen. Viele Unternehmen dort weichen auf andere Beschäftigtengruppen aus, wie Schüler und Studierende.

    Die Bandbreite der Arbeitszeit- und Beschäftigungsformen in der Branche ist groß: Am Beispiel der Supermärkte zeigt sich wie anfällig die Arbeitszeitorganisation wird, wenn das Arbeitsvolumen in kleine und kleinste Beschäftigungseinheiten aufgeteilt wird. Auch in den SB-Warenhäusern ist die Teilzeit zum Normalarbeitsverhältnis geworden; beeinflusst wird die Arbeit zudem durch die personelle und organisatorische Trennung der einzelnen Arbeitsbereiche, weshalb die SB-Warenhäuser auch als "Vorreiter des Dienstleistungs-Taylorismus" gelten. In den Elektronik- und Baufachmärkten liegt die Teilzeitquote dagegen erheblich unter dem Branchendurchschnitt, für die - vorwiegend männlichen - Verkaufskräfte gilt Vollzeit als Normalarbeitsverhältnis. In den Warenhäusern ist die traditionelle Arbeitsweise des deutschen Einzelhandels noch am ehesten zu finden: Qualifizierte Verkaufskräfte führen auf Abteilungsebene nahezu alle Aufgaben aus.

    Je knapper das Personal in den Verkaufsräumen bemessen ist, desto wichtiger wird die Personaleinsatzplanung. Die Arbeitszeiten der Beschäftigten werden in Roulier- und Schichtsystemen festgelegt, flexibel improvisiert oder vereinzelt selbst gesteuert. Sie sollen möglichst eng an den betrieblichen Arbeitsanfall gekoppelt werden, aus Sicht der Beschäftigten aber auch ihre eigenen Arbeitszeitwünsche berücksichtigen. Wie die IAT-Untersuchung zeigt, liegen in einer mitarbeiterunterstützten elektronischen Personaleinsatzplanung die größten Potenziale, die Interessen beider Betriebsparteien zu berücksichtigen.

    Bei zunehmender Teilzeit und geringfügiger Beschäftigung steigt vor allem die Belastung der Stammkräfte, stellten die IAT-Arbeitszeitforscher fest. Sie sind die "Anker" im Verkaufsraum. Das gilt sowohl mit Blick auf ihre längere Anwesenheit im Betrieb als auch mit Blick auf die fehlerfreie Abwicklung der betrieblichen Prozesse und die Kundenorientierung. Die Arbeit dieser Gruppe wird nach den geltenden Tarifverträgen jedoch viel zu niedrig bewertet, gemessen an der Verantwortung, die sie trägt.

    Voss-Dahm, Dorothea / Lehndorff, Steffen, 2003: Lust und Frust in moderner Verkaufsarbeit: Beschäftigungs- und Arbeitszeittrends im Einzelhandel. Graue Reihe des Instituts Arbeit und Technik, Nr. 2003-02,
    Die Untersuchung kann zum Preis von 6 Euro beim IAT bezogen werden oder als pdf-Datei heruntergeladen werden unter http://iat-info.iatge.de/aktuell/veroeff/2003/gr2003-2.html

    Für weitere Fragen stehen
    Ihnen zur Verfügung:
    Dr. Steffen Lehndorff
    Durchwahl: 0209/1707-146
    Dorothea Voss-Dahm
    E-Mail: vossdahm@iatge.de

    Pressereferentin
    Claudia Braczko
    Munscheidstraße 14
    45886 Gelsenkirchen
    Tel.: +49-209/1707-176
    Fax: +49-209/1707-110
    E-Mail: braczko@iatge.de
    WWW: http://iat-info.iatge.de


    Weitere Informationen:

    http://www.iatge.de/aktuell/veroeff/2003/gr2003-2.html


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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