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14.08.1998 00:00

Bakteriengift gegen Schwitzen

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Neue Botulinumtoxin-Therapie beseitigt lang anhaltend Achselschweiß

    Jena. (14.08.98) Auch bei tropischen Temperaturen bleibt kaum ein Schweißtropfen übrig, wenn Prof. Dr. Uwe Wollina von der Jenaer Universitäts-Hautklinik Botulinumtoxin spritzt. Diesen Wirkstoff nutzt der Arzt in einer neuartigen Therapie, um krankhaften Achselschweiß für lange Zeit zu beseitigen. Neben anderen Kliniken in Deutschland wird auch in Jena die Methode schon seit einigen Monaten genutzt. Mehrere kleine Nadelstiche unter die Haut der Achselhöhle genügen, damit das Medikament wirkt.

    "Wir setzen alle 0,5 cm eine kleine Quaddel, und der Patient merkt nur ein leichtes Brennen", erläutert Prof. Wollina. Um Nebenwirkungen vorzubeugen und den Effekt zu überprüfen, behandelt er jede Achselhöhle an einem anderen Tag. Bereits etwa 24 Stunden nach dem Quaddeln spürt der Patient, daß es ihm besser geht. Nebenwirkungen traten bisher bei niemandem auf. Dennoch sieht der Arzt keine Chance, daß die Krankenkassen die neue Methode bezahlen. Die Behandlung kostet etwa 1000 DM und ist noch nicht offiziell bei krankhaftem Schwitzen zugelassen.

    Botulinumtoxin, ein Bakteriengift, welches gelegentlich in überlagerten Konservenbüchsen entsteht, unterbindet den Informationstransport innerhalb der Nervenzellen. Neurologen nutzen dieses Medikament deshalb schon seit längerer Zeit, um Lid- und Muskelkrämpfe zu behandeln. Da Geflechte von Nervenzellen auch die Funktion der Schweißdrüsen steuern, kann man mit Botulinumtoxin das Schwitzen gezielt ausschalten. Die Wirkung in der Achselhöhle hält bis zu zwei Jahren an. Nach diesem Zeitraum muß die kurze und schmerzarme Prozedur wiederholt werden.

    Bisher gab es für diese Körperregion nur operative Behandlungsmöglichkeiten. In einer aufwendigen Operation entfernen plastische Chirurgen die Schweißdrüsen der Achselhöhle und decken den Bereich mit einem neuen Hautlappen ab. In einer anderen Methode durchtrennen Neurochirurgen in filigraner Arbeit einen Strang des vegetativen Nervensystems am Hals. Beide Eingriffe sind schmerzhaft, endgültig und oft langwierig. Deshalb wertet Professor Wollina den Einsatz von Botulinumtoxin als Fortschritt: "Endlich haben wir eine flexible Therapie".

    Dennoch ist die neue Methode nicht für jeden geeignet, der sommerliche Hitze unerträglich findet. Denn Schwitzen bedeutet nicht nur lästigen Körpergeruch und feuchte Kleidung, sondern ist eine Antwort des Organis-mus auf Kreislaufbelastungen und Krankheiten. Wenn ein Mensch schwitzt, reguliert er die Wasserbilanz und die Temperatur seines Körpers.

    Deshalb behandelt der Jenaer Dermatologe auch nur Patienten, die krankhaft zuviel schwitzen. Die Fasern ihres sympathischen Nervensystems reagieren zu stark. Menschen, denen nur bei Sport oder Sommerwetter der Schweiß auf der Stirn steht, gehören nicht zu Wollinas Klientel. Bevor der Mediziner eine Behandlung beginnt, untersucht er deshalb die Schweißneigung objektiv durch Indikator-Tests. Erst, wenn diese beweisen, daß eine Anomalie vorliegt, schlägt der Hautarzt seinen Patienten eine Therapie vor. Bei weniger als einem Prozent der Ratsuchenden ist sie wirklich nötig.

    Ansprechpartner: Prof. Dr. Uwe Wollina, Tel.: 03641/937370
    e-mail: uwol.d.htk.ukj@derma.uni-jena.de

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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