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12.03.2003 18:02

Leopoldina-Symposium über Ursachen von Erbkrankheiten, die auf defekten Transportproteinen beruhen

Prof.Dr. Jutta Schnitzer-Ungefug Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina

    Die Erbkrankheiten Cystische Fibrose oder das Liddle Syndrom stehen im Mittelpunkt des Symposiums "Epithelial Transport of Ions in Health and Disease", das vom 19. bis 22. März in Halle stattfindet. Schwerpunkte bilden neue Erkenntnisse molekularer Grundlagen des Transports von Salzen (Ionen) durch die Zellmembran, deren Störungen zu den genannten Krankheiten führen.

    Die Krankheit Cystische Fibrose (CF), auch Mukoviszidose genannt, ist mit die häufigste Erbkrankheit überhaupt; etwa jedes 2500ste Neugeborene ist von der Erkrankung betroffen. Durch ein defektes Gen sind Wasser- und Salzhaushalt der Schleimhäute gestört. Zäher Schleim verklebt die Lunge und verstopft die Bauchspeicheldrüse. Durch den fortschreitenden Funktionsausfall der Lunge und der Bauchspeicheldrüse werden Atmung und Verdauung und in der Folge das ganze Organsystem beeinträchtigt. Lebensqualität und Lebenserwartung sind stark eingeschränkt. Noch in den 60er Jahren verstarb ein Großteil der Patienten bereits im Vorschulalter. Die Lebenserwartung der heutigen Mukoviszidosepatienten liegt dagegen bei knapp 30 Jahren. Ganz andere Beschwerden treten beim "Liddle Syndrom" auf, einer genetisch bedingten Erkrankung, die zu Bluthochdruck führt, weil die Salzausscheidung in der Niere gestört ist.

    Beide Erbkrankheiten haben gemeinsam, dass die Erkrankung durch einen gestörten Transport von Salzen (Ionen) durch die Zellmembranen verursacht wird. Diese Ionen-Transporte in Zellen des menschlichen Körpers sind sehr fein regulierte Prozesse, die bei Fehlfunktionen zu Krankheiten führen. Ermöglicht wird der Transport durch Eiweiße (Proteine), die diese Ionen durch die Zellmembran schleusen. Die beteiligten Eiweiße (Kanäle, Poren oder Transporter) sind über mehr als 700 Millionen Jahre hinweg von primitiven Organismen (z.B. der Hefe) bis zum Menschen in der Evolution erhalten geblieben. Zu Erkrankungen (Mukoviszidose, "Liddle Syndrom") kommt es, wenn Genveränderungen (Mutationen) in den Ionen-transportierenden Proteinen vorkommen. Eine ganz neue Familie von Ionenkanälen, die sogenannte TRP-Familie, die zum ersten Mal bei der Taufliege entdeckt wurde, scheint auch beim Menschen für den Transport des wichtigen Kalzium-Ions aber auch des Magnesium-Ions verantwortlich zu sein. So liegt die Ursache einer Erbkrankheit, die mit einem erniedrigten Magnesiumspiegel im Blut einhergeht und beim Kleinkind zu Krampfanfällen führt, in der Mutation des Magnesium-Ionen-transportierenden TRPM6. TRPM5 und TRPM8, eng damit verwandte Transportproteine, sind in ganz andere Prozesse involviert: TRPM5 ist in den Geschmacksknospen auf der Zunge lokalisiert und ermöglicht, dass bestimmte Geschmacksempfindungen überhaupt wahrgenommen werden können; TRPM8 registriert Kälte aber auch den kühlenden Effekt z.B. von Menthol. Andere TRP-Proteine, TRPV5 und TRPV6, sind wahrscheinlich wichtig für die Vitamin-D-Wirkungen: Sie ermöglichen die Aufnahme von Kalzium-Ionen z.B. aus der Nahrung über den Darm. Weiter gibt es Hinweise, dass TRPV6 wie auch andere TRP-Proteine, darunter TRPM1 und TRPM8, bei bestimmten Tumorerkrankungen vermehrt auftritt.

    Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina hat in Zusammenarbeit mit der "International Union of Physiological Sciences" (IUPS) namhafte Wissenschaftler aus aller Welt - mehr als die Hälfte der Vortragenden kommt aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland - zu einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützten Symposium nach Halle an der Saale eingeladen, um über die neuesten Erkenntnisse der Funktion von Transportproteinen zu diskutieren; denn solange die Funktion eines Genes nicht verstanden ist, kann auch die Krankheits-verursachende Veränderung (Mutation) in Genen, die zu Fehlfunktionen des entsprechenden Proteins führt, nicht verstanden werden.

    Initiatorin des Symposiums ist die Physiologie-Professorin Dr. Irene Schulz von der Universität des Saarlandes in Homburg/Saar und Vizepräsidentin von IUPS. Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina wählte Irene Schulz 1999 zum Mitglied.

    Das Leopoldina-Symposium "Epithelial Transport of Ions in Health and Disease" findet vom 19. - 22. März 2003 im Vortragsgebäude der Leopoldina, Emil-Abderhalden-Str. 36, 06108 Halle (Saale) statt. Die Veranstaltung ist öffentlich und für jedermann zugänglich. Eine vorherige Anmeldung ist erwünscht. Die Teilnahmegebühr von 50 Euro (Studenten 25 Euro) kann vor Ort entrichtet werden. Das Programm der Tagung ist auf der Homepage der Leopoldina nachzulesen (http://www.leopoldina-halle.de/schulz.htm).

    Zur Akademie Leopoldina
    Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (gegründet 1652 in Schweinfurt) mit Sitz in Halle/Saale (seit 1878) ist eine überregionale Gelehrtengesellschaft mit gemeinnützigen Aufgaben und Zielen. Sie ist die älteste naturwissenschaftliche Akademie in Deutschland. Sie trägt durch die Jahresversammlungen, fachspezifische Meetings und Symposien, monatliche Vortragssitzungen und die vielfältigen persönlichen Kontakte der Mitglieder "zum Wohle des Menschen und der Natur" bei. Ihr gehören etwa 1 000 Mitglieder in aller Welt an. Unter den früheren und derzeitigen Mitgliedern gab und gibt es 160 Nobelpreisträger. Drei Viertel der Mitglieder kommen aus den Stammländern Deutschland, Schweiz und Österreich, ein Viertel aus weiteren ca. 30 Ländern. Zu Mitgliedern werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus naturwissenschaftlichen, medizinischen und sozialwissenschaftlichen Disziplinen gewählt, die sich durch bedeutende Leistungen ausgezeichnet haben.

    Die Leopoldina wird von einem ehrenamtlichen Präsidium geleitet. Präsident der Leopoldina ist der Virologie-Professor und Immunologe Dr. Volker ter Meulen aus Würzburg. Vizepräsidenten sind derzeit der Psychologie-Professor Dr. Paul B. Baltes (Berlin), der Virologie-Professor Dr. Harald zur Hausen (Heidelberg), und die beiden Chemie-Professoren Dr. Gunter S. Fischer (Halle/Saale) und Dr. Ernst-Ludwig Winnacker (München). Letzterer ist zugleich Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Bonn. Die laufenden Geschäfte der Leopoldina führt eine Generalsekretärin, die Neurobiologie-Professorin Dr. Jutta Schnitzer-Ungefug. Die Leopoldina erhält ihre finanziellen Zuwendungen für die satzungsgemäßen Aufgaben zu 80 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und zu 20 Prozent vom Land Sachsen-Anhalt.

    Kontakt und weitere Informationen:
    Prof. Dr. Jutta Schnitzer-Ungefug
    Generalsekretärin der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina
    Tel.: 0345 - 472 39 11/12, Fax: 0345 - 472 39 19
    E-Mail: presse@leopoldina-halle.de

    Adresse der Organisatorin:
    Prof. Dr. Irene Schulz
    Universität des Saarlandes, II. Physiologisches Institut
    Geb. 58, D-66421 Homburg (Saar)
    Telefon: 06841 - 16 26 450, Fax: 06841 - 16 26 655
    E-Mail: gabriele.moerschbaecher@uniklinik-saarland.de


    Weitere Informationen:

    http://www.leopoldina-halle.de/schulz.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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