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14.03.2003 08:32

Wie finden Spermien ihr Ziel?

Peter Schäfer Unternehmenskommunikation
Forschungszentrum Jülich

    Jülicher Forscher klären frühe Ereignisse beim Lockruf der Eizelle auf

    Jülich, 13. März 2003. Wie findet ein Spermium die Eizelle? Auf diese Frage fanden Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich neue Antworten. Mit besonderen Techniken konnten sie beobachten, was in den ersten Millisekunden geschieht, wenn ein Spermium mit dem Lockstoff in Kontakt kommt, der von der Eizelle abgesondert wird. Die Biophysiker fanden heraus, dass schon ein einziges Lockstoff-Molekül ausreicht, um die Signalkette in Spermien in Gang zu setzen. Eine ähnlich hohe Empfindlichkeit ist bislang nur von Sehzellen bekannt, die durch ein einziges Lichtquant erregt werden können. Die Ergebnisse sind in der Februar-Ausgabe der renommierten Zeitschrift "Nature Cell Biology" veröffentlicht.

    Erst wenn man die zellulären Signalwege genau versteht, kann man in den Prozess eingreifen. So könnte eine gezielte Blockade der Signalkette im Spermium vielleicht zu einer Methode der Empfängnisverhütung beim Mann führen.

    Eizellen setzen chemische "Lockstoffe" frei, um Spermien anzulocken. Die Spermien orientieren sich an dem Lockstoffgradienten, der die Eizelle umgibt, und sind so in der Lage, die Eizelle aufzuspüren. Die Steuerung des Schwimmverhaltens von Spermien durch einen chemischen Reiz - "Chemotaxis" - beobachtet man bei einfachen Meerestieren bis hin zum Menschen. Bisher konnte man erst nach mehreren Sekunden beobachten, wie Spermien auf den chemischen Lockstoff der Eizelle reagieren.

    Doch was geschieht unmittelbar in den ersten Millisekunden, nachdem das Spermium den Lockstoff wahrgenommen hat? Die Arbeitsgruppe um Prof. U. Benjamin Kaupp und Dr. Ingo Weyand vom Jülicher Institut für Biologische Informationsverarbeitung (IBI 1) konnte mit ihren neuen Techniken verfolgen, wie der chemische Reiz in Spermien verarbeitet wird. Dazu werden Spermien einer Seeigel-Art mit dem Lockstoff, einem kurzkettigen Eiweiß, schnell gemischt. Dieses Peptid wurde von Chemikern des Forschungsinstituts für Molekulare Pharmakologie in Berlin chemisch so verändert, dass es zunächst inaktiv ist. Erst durch einen UV-Blitz, der das Peptid photochemisch verändert, kann es seine Wirkung entfalten. Mit diesem Trick können die Wissenschaftler den Zeitpunkt bestimmen, ab dem die Spermien dem Lockstoff ausgesetzt sind. Das Peptid bindet an ein Rezeptorprotein auf der Oberfläche der Spermien, wodurch in den Spermien ein Botenstoff - ein zyklisches Nukleotid - synthetisiert wird.

    Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Konzentration des Botenstoffs cyclo GMP sehr schnell ansteigt, nachdem die Spermien mit dem Lockstoff gereizt wurden. Der Botenstoff cyclo GMP bewirkt, dass sich ein Ionenkanal - eine mikroskopisch kleine Pore in der Zellmembran - öffnet und Calciumionen in das Zellinnere des Spermiums strömen. Den Zusammenhang zwischen dem schnellen Anstieg des Botenstoffes und dem schnellen Einstrom von Calcium konnten die Forscher erstmals mit Hilfe von schnellen Mischmethoden nachweisen.

    In Abwesenheit des Lockstoffs schlägt der Spermien-Schwanz regelmäßig und treibt die Zelle auf einer spiralförmigen Schwimmbahn vorwärts. Unter einem Mikroskop verfolgten die Forscher, wie die Spermien ihre Schwimmbewegung ändern, wenn sie mit dem Lockstoff in Berührung kommen. Nachdem das Calcium in die Zelle eingeströmt ist, schlägt der Spermien-Schwanz asymmetrischer, und die Spermien führen Wendemanöver durch. Letztlich sammeln sich die Spermien an der Lockstoff-Quelle.

    Das Forscherteam machte eine weitere spannende Entdeckung: Bereits ein einziges Lockstoffmolekül reicht aus, um den Ionenkanal in Spermien zu öffnen und Calcium einströmen zu lassen. Eine derart hohe Empfindlichkeit ist bisher nur von Sehzellen bekannt. Hier reicht ein Lichtquant aus, um die Sehzelle zu erregen. Die Forscher wollen nun die Signalkette weiter aufklären. Weitere Puzzle-Teile sollen helfen, die noch offene Frage der Fortpflanzung zu klären: Wie finden Samenzellen ihr Ziel?

    Informationen:

    Annette Stettien, Wissenschaftsjournalistin,
    Forschungszentrum Jülich, 52425 Jülich
    Tel. 02461 61-2388, Fax 02461 61-4666, E-Mail: a.stettien@fz-juelich.de

    Mechthild Hexamer, Leiterin Öffentlichkeitsarbeit, Pressesprecherin,
    Tel. 02461 61-4661, Fax 02461 61-4666, E-Mail: m.hexamer@fz-juelich.de


    Weitere Informationen:

    http://www.fz-juelich.de/portal/angebote/pressemitteilungen


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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