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20.03.2003 14:46

Deutschsprachige Zeitungen in Mittel- und Osteuropa

Christel Lauterbach Presse, Kommunikation und Marketing
Justus-Liebig-Universität Gießen

    Internationale Tagung der Universität Gießen vom 21. bis 23. März 2003 auf Schloss Rauischholzhausen

    Eine internationale Tagung zum Thema "Deutschsprachige Zeitungen in Mittel- und Osteuropa" findet vom 21. bis 23. März 2003 auf Schloss Rauischholzhausen, der Tagungsstätte der Justus-Liebig-Universität Gießen, statt. Erwartet werden fast 40 Referenten aus 13 verschiedenen Ländern. Organisiert haben die Tagung, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Gießener Hochschulgesellschaft gefördert wird, Dr. Jörg Riecke und Dr. Britt-Marie Schuster vom Institut für deutsche Sprache und mittelalterliche Literatur. Mit der Tagung "Deutschsprachige Zeitungen in Mittel- und Osteuropa" soll erstmals ein Überblick über die deutschsprachigen Zeitungen dieser Region von den Anfängen in der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs gegeben werden. Dabei steht ihre sprachwissenschaftliche Betrachtung im Vordergrund; die linguistischen Analysen werden allerdings eingebettet in historische und kulturwissenschaftliche Rahmenbeiträge.

    Zeitungen als Quellen für wissenschaftliche Forschung ermöglichen einen Zugang zu heute wieder neu zu entdeckenden Kulturlandschaften, zu ehemals produktiven interkulturellen Allianzen und zu Modellen mehrsprachiger, vielfach multi-ethnischer Formen des Zusammenlebens. Als Medien öffentlicher Meinungsbildung gewähren sie einen Einblick in die regionale Verarbeitung nationaler und internationaler Ereignisse und in verschiedenartige Teilausschnitte des gesellschaftlichen Lebens. So geraten auch Formen regionaler (Alltags-)Kultur in den Blick, die beispielsweise in Riga oder Danzig sicherlich anders aussahen als in Brünn, Sofia oder Bukarest. Die dabei verwendete Sprache ist eine "Vermittlungsvarietät" mit einer nicht unerheblichen Orientierungsleistung. Für die deutschsprachige Bevölkerung hatte sie gleichzeitig eine Identitäts-stiftende und Identitäts-erhaltende und ebenso eine sozialsymbolisch-integrative Funktion. Sie diente der Positionierung innerhalb eines zwei- oder mehrsprachigen gesellschaftlichen Umfeldes.

    Deutschsprachige Zeitungen in Mittel- und Osteuropa können daher exemplarisch die Stellung des Deutschen im Netz der (mittel-)europäischen Mehrsprachigkeit im 18., 19. und beginnenden 20. Jahrhundert erhellen. Sie sind aber nicht nur in historischer Sicht interessant. In den Ländern dieser Region erinnern sie heute auch an den Anteil der deutschen Sprache und Kultur an der eigenen Geschichte und damit an ein Jahrhunderte langes friedliches Zusammenleben zwischen den Völkern. Sie machen deutlich, dass die gemeinsame Geschichte nicht erst mit der nationalsozialistischen Besetzung begann. Die Beschäftigung mit diesen Zeitungen kann in den Ländern Mittel- und Osteuropas neue Forschungsprojekte anstoßen und Impulse auch für eine regionale Schwerpunktbildung im Germanistik-Studium geben. Die aus einer Institutspartnerschaft der Partneruniversitäten Gießen und Lodz, Polen, die vom DAAD gefördert wird, hervorgegangene Beschäftigung mit den deutschsprachigen Zeitungen in Lodz hat bereits erste vielversprechende Ergebnisse gebracht. Auch in Deutschland können diese Zeitungen und ihre Geschichte einen Beitrag zur Vermehrung der Kenntnisse über den östlichen Teil Europas leisten, die im Zuge der fortschreitenden europäischen Einigung erforderlich sind.

    Die Tagung soll dazu dienen, auf der Basis von Zeitungen als Medien öffentlicher Artikulation Elemente zu einem bisher kaum bearbeiteten Teil der deutschen Sprachgeschichte zu liefern. Bedingt durch die besonderen Rahmenbedingungen - allen voran das zwei- oder mehrsprachige Umfeld, ist es einerseits von Interesse, welche funktionalen (Identitätsbildung), thematischen (Tradierung "deutscher" Alltagskultur) und sprachstrukturellen Reflexe (Kontaktphänomene, andere "Ausbauperioden" des Deutschen) sich ergeben. Andererseits ist zu untersuchen, ob es Bestimmungsmerkmale der bisher angenommenen Geschichte der deutschen Sprache, wie Konsolidierung einer bürgerlichen Sprache und ihre Ablösung etc., in gleicher Weise in Ost- und Mitteleuropa gibt oder ob zu den vielen deutschen "Sprachen" noch einige andere Varietäten, spezielle Soziolekte o.ä., hinzugezählt werden müssen.

    Kontakt:

    Dr. Jörg Riecke
    Institut für deutsche Sprache und
    mittelalterliche Literatur
    Otto-Behaghel-Straße 10 B
    35394 Gießen
    Tel.: 0641/99-29035 und 99-29031
    Fax: 0641/99-29049
    joerg.riecke@germanistik.uni-giessen.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik, Recht, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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