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21.03.2003 13:45

Geheime Lüste im Schmerz? Tagung von Sportphilosophen vom 27.- 29. März 2003 in der Uni Bremen

Angelika Rockel Hochschulkommunikation und -marketing
Universität Bremen

    Wir leben in einer Kultur, die auf Schmerzfreiheit setzt, den Schmerz verdrängt oder zu verdrängen sucht. Das gilt sowohl für den physischen wie für den psychischen Schmerz. Die Technisierung und Verwissenschaftlichung des Körpers (zum Beispiel in der Medizin) haben dazu geführt, besser mit dem Schmerz umzugehen, ihn aber auch zu verdrängen und zu unterdrücken. Schmerzen passen nicht zu einer leistungsorientierten Gesellschaft, die zudem ihren Mitgliedern gute Laune, Fitness und unversehrte Körper abfordert.

    Die Deutsche Vereinigung Sportwissenschaft, Sektion Sport-Philosophie, veranstaltet zusammen mit dem Studiengang Sport und in Zusammenarbeit mit den Bildungswerken des Landessportbund und des Bremer Turnverbandes vom 27. - 29. März 2003 eine Tagung zum Thema "Schmerz". Diese Kooperation von Sportverbänden und Sportwissenschaft soll dazu beitragen, einen lebendigen Austausch zwischen wissenschaftlichen Reflexionen und einer sich ständig verändernden Sportpraxis herzustellen. Die Teilnahme an der Tagung wird daher als Fortbildung für Übungsleiter zur Lizenzverlängerung anerkannt.

    Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen werden über das Phänomen "Schmerz" in ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Feldern, vorrangig aber im Sport, referieren. Es wird dabei vor allem versucht, eher unbewusste, vorbewusste Momente des Phänomens Sport zu erfassen und sie zu verstehen.

    Der Sport ist ein besonderes Feld, in dem der Schmerz eine wesentliche Rolle spielt. Jeder Sportler kennt ihn, jeder ambitionierte Sportler entwickelt Techniken, um mit dem Schmerz umzugehen. Leidenspraktiken werden kultiviert und mitunter bewusst aufgesucht. Körperlust und Körperqual fließen ineinander und müssen nicht zwangsläufig Gegensätze bilden. Endorphin-Junkies laufen um wahrsten Sinne des Wortes dem Kick hinterher, der unter Läufern den treffenden Namen Žrunners high` hat.

    Es gibt eine Suche nach Grenzen, nach Grenzerlebnissen und den Wunsch nach Selbstvergewisserung. Vor allem in Extremsportarten, in den Kampfsportarten und in diversen Outdoor-Aktivitäten ist der Schmerz stiller Begleiter des Tuns. Der Schmerz als Ritual zelebriert, wird als Möglichkeit gesehen, das alte Ich auszulöschen um die Transzendenz zu einem neuen gestählten Ich voranzutreiben. Der Schmerz erscheint als unmittelbarer Garant für Leben und Lebendigkeit und als Transformationsriemen für eine umfassende Verwandlung.

    Während in anderen gesellschaftlichen Feldern der Umgang mit körperlicher Qual eher den Geruch eines pathologischen Masochismus hat, wird der heroisch leidende (und dadurch siegende) Athlet genau dafür öffentlich beklatscht. Es ist daher nach einer Schmerzkultur in einer Gesellschaft zu fragen und welche Funktion der Sport und mache Jugendkulturen mit ihren subtilen Techniken der Schmerzbewältigung darin haben.

    Informationen über Dr. M. Thiele, Universität Bremen, Fachbereich 9, Bad Gasteiner Str., 28334 Bremen, Tel.: 0421/218 2543, 218 2962, Fax: 0421/218 4577,
    E-Mail: schmerz@uni-bremen.de
    www.jahrestagung-schmerz.uni-bremen.de

    ANHANG
    FOLGENDE BEITRÄGE SIND GEPLANT:
    Dr. Christoph Kalb (Universität Hildesheim), "Pathisches Sprechen. Überlegungen zur philosophischen Rede aus dem Schmerz". Dr. Helmut Däuker (Mannheim), Kulturelle Beschleunigungsprozesse und Verlust von Schmerz. PD Dr. Volker Caysa, Schmerz und Askese. Dr. Franz Bockrat (HU Berlin), Schmerzempfinden als Ausdruckserleben. Dr. Markus Stück (Universität Leipzig), Telemedizinische Untersuchung zur vegetativ-emotionellen Regulation bei Alpinisten im Hochgebirge. Alpinismus im Spiegel der Wissenschaft. Dr. med. Hans Haack ( Zentralkrankenhaus Ost, Bremen), Körpermanipulation und Selbstregulation. Dr. Kirsten Kaya Roessler. (Universität Odense, Dänemark), Zur Psychologie von Sportverletzungen und Schmerz. ARNO MÜLLER (Philosophisches Seminar der DSHS Köln) Todesnähe und Schmerzerfahrungen im Risikosport Heinrich von Vorst (HU Berlin) "Ich sah zwar nachher aus wie Quasimodo, aber es war so geil". Bemerkungen zu Hooligans, Gewalt, Schmerz und Authentizität.


    Weitere Informationen:

    http://www.jahrestagung-schmerz.uni-bremen.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Psychologie, Sportwissenschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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