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25.03.2003 09:35

DGSS-Präsident fordert Nachbesserung der neuen Ärzteausbildung: Schmerztherapie berücksichtigen

Meike Drießen Bundesgeschäftsstelle
Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS)

    Selbst Orthopäden und Krebsspezialisten werden in Zukunft praktizieren dürfen, ohne auch nur Grundkenntnisse in der Schmerztherapie erworben zu haben: Es wurde nicht nur versäumt, sie in der neuen Approbationsordnung für Ärzte zu verankern, die bereits im April 2002 verabschiedet wurde; auch im Entwurf der neuen Weiterbildungsordnung für Fachärzte, den der Deutsche Ärztetag im Mai verabschieden wird, fehlt das Stichwort fast völlig. "Der Entwurf der Weiterbildungsordnung muss dringend um schmerztherapeutische Inhalte ergänzt werden", so Prof. Dr. Michael Zenz, Präsident der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS).

    Presseinformation Nr. 3/2003
    Bochum, 25. März 2003

    DGSS-Stellungnahme zur neuen Approbations- und Weiterbildungsordnung
    Rückschritt statt Meilenstein - Schmerztherapie fehlt fast völlig

    Selbst Orthopäden und Krebsspezialisten werden in Zukunft praktizieren dürfen, ohne auch nur Grundkenntnisse in der Schmerztherapie erworben zu haben: Es wurde nicht nur versäumt, sie in der neuen Approbationsordnung für Ärzte zu verankern, die bereits im April 2002 verabschiedet wurde; auch im Entwurf der neuen Weiterbildungsordnung für Fachärzte, den der Deutsche Ärztetag im Mai verabschieden wird, fehlt das Stichwort fast völlig. "Der Entwurf der Weiterbildungsordnung muss dringend um schmerztherapeutische Inhalte ergänzt werden", so Prof. Dr. Michael Zenz, Präsident der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS). Die Gesellschaft fordert außerdem die medizinischen Fakultäten der Universitäten auf, ihre Freiheiten zu nutzen und bei der Ausbildung von Ärzten selbst einen Akzent auf Schmerztherapie, Palliativmedizin und Sterbebegleitung zu legen. Deshalb hat Prof. Dr. Rolf-Detlef Treede, DGSS-Vizepräsident, bereits Kontakt zu allen Studiendekanen aufgenommen.

    Bandscheiben-OP ohne Schmerztherapie

    Nur ein einziges Mal taucht das Wort Schmerz überhaupt in der neuen Approbationsordnung auf, und das nicht unter den Pflichtfächern oder bei den Querschnittsbereichen, sondern als nachgeordneter Punkt neben anderen wie Seuchenhygiene, öffentliche Gesundheitspflege und Gesundheitsberatung. "Insbesondere angesichts der Tatsache, dass der Unterricht - und auch die Prüfungen - nach der neuen Approbationsordnung fallbezogen durchgeführt werden sollen, ist die Schmerztherapie eigentlich ein zentraler Bestandteil der Ausbildung", so Prof. Zenz.. Er befürchtet, dass im studentischen Unterricht nach Chemotherapie und Operation kein Platz mehr für Schmerztherapie bleibt. "Selbst vor Bandscheibenoperationen wird ein interdisziplinärer Ansatz der Schmerztherapie unerwähnt bleiben."

    Ein Orthopäde kennt keinen Schmerz

    Wer die Hoffnung auf die Weiterbildung zum Facharzt setzt, wird abermals enttäuscht: Heißt es in den allgemeinen Bestimmungen der 174 Seiten starken Muster-Weiterbildungsordnung noch: "Die Weiterbildung beinhaltet unter Berücksichtigung gebietsspezifischer Ausprägungen auch den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in der allgemeinen Schmerztherapie", so fehlt das Stichwort "Schmerz" in den folgenden Kapiteln völlig. Die Schmerztherapie findet sich weder in der Orthopädie, noch in der gesamten Inneren Medizin und Allgemeinmedizin, noch in der Hämatologie und Onkologie, noch in der Rheumatologie, in der Kinderhämatologie und -onkologie, in der Neurologie, in der Strahlentherapie und in der Urologie. Auch die Zusatzweiterbildung Konservative Orthopädie kommt ohne das Stichwort aus. Dabei sind es weit über 50 Prozent der Patienten eines Orthopäden, die wegen chronischer Schmerzen in seine Praxis kommen. Beim Internisten sind es immerhin ein Viertel der Patienten. "Der Schmerz ist zwar im Körper und in der Seele unserer Patienten angekommen, nicht aber in unserer Ausbildung und in unserer Weiterbildung und offensichtlich auch nicht in den Köpfen der Weiterbildungsbeauftragten und Politiker", folgert Prof. Zenz.

    Universitäten sollen Freiraum nutzen

    Die Aus- und Weiterbildungskommission der DGSS fordert, die Stichworte Schmerztherapie, Palliativmedizin und Sterbebegleitung rechtzeitig in die neue Weiterbildungsordnung aufzunehmen. Außerdem rät sie den Universitäten ihren Freiraum zu nutzen und trotz des Fehlens der Schmerztherapie in der bereits verabschiedeten Approbationsordnung ihre Studierenden in diesem Bereich auf ihre spätere Tätigkeit auszubilden "Wenn die Medizinerausbildung dieses wichtige Fach ausblendet, darf es in Zukunft keinen wundern, wenn wir weiterhin das Problem eines Millionenheers von Schmerzkranken vor uns herschieben, ohne wirklich zu handeln", so Prof. Zenz. "Die als Meilenstein angekündigte Novelle ist in Wirklichkeit ein Rückschritt."

    Einige Zahlen

    Laut der "Gesundheitsberichterstattung des Bundes" geben nur 9 Prozent der Deutschen an, im vergangenen Jahr keine Schmerzen gehabt zu haben. 2002 hatten weit über 50 Prozent der Bevölkerung Kopfschmerzen und ebenfalls weit über 50 Prozent aller Männer und Frauen Rückenschmerzen. Ministerin Bulmahn stellte fest, dass allein Rückenschmerzen über 15 Milliarden Euro pro Jahr für vorzeitige Berentung und Rehabilitation verschlingen, Kopfschmerzen über 2,5 Milliarden Euro jährlich (http://www.bmbf.de, s.u.).

    Ansprechpartner

    Prof. Dr. Michael Zenz, Präsident der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e. V. (DGSS), Universitätsklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer, In der Schornau 23-25, 44892 Bochum, Tel 0234-2993000, Fax 0234-2993009, E-Mail: Zenz@anaesthesia.de

    DGSS-Pressestelle, Meike Drießen, c/o Ruhr-Universität Bochum, Raum UV 3/366, Tel. 0234/32-26952, Fax: 0234/32-14136, E-Mail: meike.driessen@presse.rub.de


    Weitere Informationen:

    http://www.bmbf.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Studium und Lehre, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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