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25.03.2003 10:06

Neuer Sonderforschungsbereich "Elektrische Ermüdung" an der TU Darmstadt

Sabine Gerbaulet Science Communication Centre - Abteilung Kommunikation
Technische Universität Darmstadt

    Warum lassen sich Batterien nicht immer wieder aufladen? Was ist dran an Medienberichten, dass die Mikrochips der Computer bald aus Plastik sein werden, genau wie die elektronischen Anzeigen, die dazu noch gefaltet werden können? Warum soll die Dieseleinspritzung in Europa benzinsparender und umweltfreundlicher werden und warum können das amerikanische Firmen nicht?

    Die Antworten auf diese Fragen haben alle mit dem Werkstoffphänomen der "elektrischen Ermüdung" zu tun. Elektrische Ermüdung tritt auf, wenn multifunktionale, hochintegrierte Bauteile mit zeitlich wechselnder elektrischer Belastung betrieben werden und dabei ihr Leistungsvermögen einbüßen. Diese Belastung kann bis zu zehn Millionen Zyklen betragen und zu irreversiblen Ladungsströmen führen, die den Werkstoff verändern und schädigen.

    Die wissenschaftlichen Untersuchungen zur elektrischen Ermüdung stehen erst am Anfang. Dies unterscheidet dieses Feld von seinem seit 160 Jahren erforschten "Bruder", der mechanischen Ermüdung. Die heute daraus resultierende mechanische Zuverlässigkeit hat einen sehr hohen anwendungstechnischen Sicherheitsgrad erreicht.

    In einem nationalen Wettbewerb der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) wurden aus allen Wissenschaftsfeldern im November zehn Forschergruppen ausgewählt, die ab Januar 2003 einen Sonderforschungsbereich (SFB) neu einrichten durften. Die Darmstädter Forscher landeten mit dem Thema: "Elektrische Ermüdung in Funktionswerkstoffen" an vierter Stelle. Neben dem Fachbereich Material- und Geowissenschaften sind die Fachbereiche Chemie und Mechanik der TUD sowie ein Institut des Maschinenbaus der Universität Karlsruhe an den insgesamt 17 Teilprojekten beteiligt.

    Ein Teilprojekt des neuen SFB wird sich mit dem reversiblen und irreversiblen Transport des Metalles Lithium in Batterien mit hoher Spannung und Energiedichte befassen. Der zunehmende Einsatz dieser Batterien verspricht alleine in den USA Wachstumsraten von neun Prozent für die Jahre bis 2005. Einsatzbereiche sind Laptops, Herzschrittmacher und Mobiltelefone. Die Aufladbarkeit ist begrenzt, da der Prozess des Ladens und des Entladens durch Transport des Lithiums nicht auf gleichen Pfaden im Werkstoff abläuft. Details dieser Irreversibilität gehören ebenso zum Forschungsprogramm wie die Entwicklung neuer Werkstoffe.

    Die größten Phantasien und viele noch zu erwartende Produkte knüpfen sich an halbleitende Kunststoffe. Der Einsatz als dünne Anzeige, die sich einrollen oder gar falten lässt, macht viele Anwendungen denkbar. Dazu gehören wieder verwendbare Zeitungen, dünne, farbenkräftige Bildschirme, leuchtende Tapeten etc. Bereits heute sind diese Werkstoffe bei Autoradios und Mobiltelefonen im Einsatz. Der größte Nachteil zum jetzigen Zeitpunkt liegt allerdings in der mangelnden Zuverlässigkeit bei mehrfacher elektrischer Ansteuerung.

    Superschnelle keramische Stellglieder, sogenannte ferroelektrische Aktuatoren, werden in der Ventilsteuerung im "common rail system" (auf deutsch griffig "Hochdruckspeichereinspritzung") seit Mai 2002 von einem französischen Automobilhersteller eingesetzt. Bereits in diesem Jahr sollen drei deutsche Produzenten folgen. Der Vorteil liegt in der präzisen Motoreinspritzung begründet, die es auch den Fahrzeugen des Premiumsegments erlauben soll, die europäischen Abgasnormen in der nahen Zukunft zu erfüllen. Diese Werkstoffe werden bereits in der Textiltechnik für die Kontrolle der Fadenführung und in der Drucktechnik für die Kontrolle der Druckertinte eingesetzt bzw. sind weiter auf dem Vormarsch. Während die USA in der Anwendung bei der Sensorik führend ist, wurden die wesentlichen Fortschritte bei der Aktuatorik bisher von deutschen Firmen geleistet. Wiederum ist aber die elektrische Zuverlässigkeit über lange Zeiträume eine Schlüsselfrage.

    Diese Werkstoffe, Bauteile und Anwendungen stehen im Zentrum des Sonderforschungsbereiches, der auf zwölf Jahre konzipiert wurde und zunächst für vier Jahre bewilligt wurde. Nicht nur die wissenschaftliche Fragestellung, auch der Reiz vieler zukünftiger Anwendungen macht dieses Arbeitsgebiet attraktiv, wie Prof. Dr. Jürgen Rödel, der Sprecher des Sonderforschungsbereichs aus der Materialwissenschaft bestätigt. Damit sind für Studierende nicht nur spannende Studieninhalte und Forschungsaufgaben, sondern nach dem Studium auch sichere Betätigungsfelder in der Industrie gewährleistet.

    Pressekontakt: Prof. Dr. Jürgen Rödel, Sprecher des SFB 595 "Elektrische Ermüdung in Funktionswerkstoffen" an der TUD, Tel: 06151/16-6315, roedel@ceramics.tu-darmstadt.de

    he, 25. März 2003, PM Nr. 11/3/03


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Elektrotechnik, Energie, Maschinenbau, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte, Organisatorisches
    Deutsch


     

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