Die DFG fördert mit gut einer Viertelmillion Euro ein Gemeinschaftsprojekt der Universität und des Staatsarchivs Augsburg zur Erschließung von 1000 Urkunden des Augsburger Domstiftsarchivs aus den Jahren 1099 bis 1424. / Projektpräsentation und Urkundenausstellung bei der Veranstaltung "Authentisches Mittelalter" am 30. Oktober im Staatsarchiv Augsburg
Augsburg/ThK/KPP - 1000 Originalurkunden aus der Zeit von 1099 bis 1424, die sich bis zur Säkularisation im Besitz des Augsburger Domkapitels befanden, werden heute im Staatsarchiv Augsburg aufbewahrt. Für die Erschließung dieses Urkundenschatzes hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) einem Gemeinschaftsprojekt der Universität und des Staatsarchivs Augsburg jetzt für eine dreijährige Laufzeit Fördermittel in Höhe von rund 260.000 Euro zur Verfügung gestellt.
Von Europäischer Relevanz
Das Domkapitel war im Mittelalter nicht nur als bischöfliches Wahl- und Ratskolleg an der Diözesanverwaltung beteiligt, sondern es war auch ein bedeutender weltlicher Herrschaftsträger mit beträchtlichem Grundbesitz in und außerhalb der Region Schwaben. Pfründen des Domkapitels waren daher sehr begehrt, sie wurden im späteren Mittelalter von gelehrten und aristokratischen Eliten zunehmend unter Einschaltung der päpstlichen Kurie in Avignon oder Rom umworben. "Daraus resultiert eine europäische Relevanz des von uns zu bearbeitenden Urkundenbestandes", erläutert PD Dr. Thomas Krüger vom Augsburger Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte.
1000 mittelalterliche Originalpergamenturkunden
In den kommenden drei Jahren werden Krüger und seiner Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter für die Gesamtzahl der Urkunden so genannte "Regesten" anfertigen, die Urkunden also nach einem speziell entwickelten Schema formal und inhaltlich genau beschreiben. Zu klären sind dabei die Ausstellungsdaten und die Identität aller Orts- und Personennamen, deren Schreibweise in den Urkunden von dem heute Üblichen zumeist abweicht. Außerdem werden relevante bibliographische Hinweise ermittelt. "Durch ein mehrgleisiges Publikationskonzept mit Digital- und Printmedien werden wir gewährleisten, dass künftige Forscher die von ihnen benötigten Informationen finden können, ohne die oft langatmigen Urkundentexte oder gar den ganzen Urkundenbestand durcharbeiten zu müssen", so Krüger. Von besonderer Bedeutung in diesem Zusammenhang werde ein ausführliches Register der Orts- und Personennamen sein.
Die gesamte kirchliche und weltliche Ordnung des abendländischen Mittelalters
In ihrer sehr weitreichenden inhaltlichen Bandbreite veranschaulichen die Urkunden die Funktion des Augsburger Domkapitels als Schnittstelle zwischen Kirche und Welt. Sie illustrieren die unterschiedlichsten Themen vom personalen und rechtlichen Beziehungsgefüge schwäbischer Dorfgemeinschaften bis hin zur Verflechtung Augsburger Domherreninteressen mit dem europäischen Spannungsfeld des Großen Abendländischen Schismas. Die Urkundenaussteller des zu erschließenden Bestandes repräsentieren die gesamte kirchliche und weltliche Ordnung des abendländischen Mittelalters.
Schlüsseltexte zur Sozialgeschichte
Eine kleinere Auswahl von Urkunden des Bestandes hat den Charakter von Statuten, mit denen das Domkapitel seine eigenen korporativen Angelegenheiten zu regeln suchte, aber auch seine soziale Identität als Gemeinschaft adeliger und ritterbürtiger Männer gegen das Augsburger Bürgertum abgrenzte. Es sind Schlüsseltexte zur Sozialgeschichte des Augsburger Domkapitels im Kontext der allgemeinen Geschichte von Kirche, Reich und Region. Sie werden deshalb ergänzend zu den Regesten auch in einer kommentierten Volledition veröffentlicht.
Kooperation mit München, Mainz und Göttingen
Das Projekt steht in Verbindung mit Langzeitprojekten der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft und der Arbeitsstelle "Germania Sacra" bei der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Darüber hinaus steht auch eine Kooperation mit den traditionsreichen "Regesta Imperii" in Mainz in Aussicht. "Wir freuen uns, dass wir als Wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Bearbeitung der Urkundenregesten Dr. Brigitte Hotz gewinnen konnten, die aufgrund ihrer preisgekrönten Dissertation zum Konstanzer Domkapitel und weiterer quellenerschließender Publikationen hohes Ansehen in der Fachwelt genießt", betont Krüger, der in Verbindung mit dem Inhaber des Augsburger Lehrstuhls für Mittelalterliche Geschichte, Prof. Dr. Martin Kaufhold, und Archivdirektor Dr. Thomas Engelke vom Staatsarchiv Augsburg das Projekt leitet.
Einzigartige Chance für Studierende
Das Projekt ist nicht nur ein wichtiger Beitrag mediävistischer Grundlagenforschung, vielmehr profitiert auch die universitäre Lehre von ihm, und auch dem wissenschaftlichen Nachwuchs werden interessante Perspektiven eröffnet. Bereits im laufenden Wintersemester und fortan regelmäßig nämlich werden projektbezogene Lehrveranstaltungen angeboten, mit denen die Studierenden praxisnah grundlegende Kompetenzen der Historischen Hilfswissenschaften einüben können. "Das", meint Krüger, "ist eine einzigartige, absolut außergewöhnliche Chance eines Studiums mit mittelalterlichen Originalpergamenturkunden von allerhöchstem Wert. Die Studierenden werden so an Forschungsfragen der Mittelalterlichen Geschichte herangeführt, die sie bei Interesse in Bachelor-, Zulassungs- und Masterarbeiten, später auch in Dissertationen vertiefen können."
"Authentisches Mittelalter": Öffentliche Projektpräsentation und Ausstellung am 30. Oktober
Ausgewählte Originalurkunden aus dem reichhaltigen Bestand werden erstmals bei einer öffentlichen Projektpräsentation gezeigt werden, zu der alle Interessierten herzlich eingeladen sind. Die Veranstaltung mit dem Titel "Authentisches Mittelalter" (Programmflyer im Anhang), bei der zugleich ein neues Lehrbuch "Handschriften des Mittelalters" von Mathias Kluge vorgestellt wird, beginnt am Donnerstag, dem 30. Oktober 2014, um 18.00 Uhr in den Räumen des Staatsarchivs Augsburg (Salomon-Idler-Straße 2, 86159 Augsburg). Der Eintritt ist frei, Anmeldung an poststelle@staau.bayern.de wird erbeten.
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Ansprechpartner:
PD Dr. Thomas Krüger
Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte
Universität Augsburg
86135 Augsburg
Telefon: 0821/598-5540
thomas.krueger@phil.uni-augsburg.de
Urkunden und ein Statutenbuch des Augsburger Domkapitels im Staatsarchiv Augsburg
Foto: Thomas Krüger
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