Berlin – Blutgerinnsel, die für die meisten Schlaganfälle verantwortlich sind, können seit einigen Jahren mittels eines Mikro-Katheters aus den Hirnarterien entfernt werden (Thrombektomie). Eine Studie aus den Niederlanden belegt jetzt erstmals, dass die Thrombektomie im Vergleich mit der herkömmlichen Thrombolysetherapie den Gesundheitszustand des Patienten nachhaltig verbessern kann. Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG), die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) halten die Thrombektomie für äußerst vielversprechend. In Kürze werden die Ergebnisse weiterer Studien erwartet.
Wenn der Blutfluss im Gehirn zum Stocken kommt, etwa weil ein Gerinnsel ein Gefäß verschließt, kommt es innerhalb kurzer Zeit zum Absterben von Nervenzellen. Ist ein Blutgerinnsel sehr groß, dann lässt es sich oft nicht allein durch die Gabe des gerinnselauflösenden Medikaments, die sogenannte Lyse-Therapie, entfernen. „Deshalb hat es in den letzten Jahren Versuche gegeben, diese Blutgerinnsel mechanisch herauszuziehen oder abzusaugen“, berichtet Professor Christoph Groden, Direktor der Abteilung für Neuroradiologie der Universitätsmedizin Mannheim und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR). Bei der Thrombektomie wird der Blutpfropfen über die Leistenarterie mittels eines Katheters herausgezogen. Diese Behandlungen waren technisch oft erfolgreich, doch dass Patienten durch die neue Behandlung tatsächlich weniger Folgeschäden davontrugen oder sich schneller erholten als mit der herkömmlichen Thrombolysetherapie, wurde bisher nicht ausreichend untersucht. Im Gegenteil: Die Veröffentlichung von gleich drei negativen Katheterstudien im vergangenen Jahr schien das Konzept in Frage zu stellen. „Diese Studien sind mit veralteten Kathetermethoden durchgeführt worden, sodass man sie mit dem Konzept der Thrombektomie mittels moderner Mikrokatheter nicht vergleichen kann“, erklärt Professor Groden.
Erste Ergebnisse einer groß angelegten Studie aus den Niederlanden – der MR CLEAN Studie –, die kürzlich auf der World Stroke Conference in Istanbul vorgestellt wurde, geben jedoch Anlass für neuen Optimismus: Alle 500 einbezogenen Patienten hatten einen schweren Schlaganfall durch ein großes Gerinnsel im vorderen Abschnitt der Hirnarterien erlitten. Die Patienten erhielten eine Infusion mit dem Enzym Alteplase, die heutige medikamentöse Standard-Thrombolysetherapie. Bei der Hälfte der Patienten führten die Ärzte zusätzlich eine Thrombektomie durch. „Eine wichtige Voraussetzung war, dass sofort nach Eintreffen des Patienten im Krankenhaus mittels einer computertomographischen Gefäßdarstellung, der CT-Angiographie, der Gefäßstatus untersucht wurde, um einen Verschluss eines großen Hirngefäßes und damit die Notwendigkeit einer Thrombektomie zu erkennen“, berichtet DSG-Pressesprecher Professor Joachim Röther, Chefarzt der Neurologischen Klinik der Asklepios Klinik Altona. Dann kamen in den meisten Fällen sogenannte Stent-Retriever zum Einsatz. Dabei handelt es sich um eine neue Generation von Kathetern, die zunächst ein Maschendrahtröhrchen im Blutgefäß entfalten, das Gerinnsel dann einfangen und nach außen befördern. Professor Röther erläutert: „Die neuen Katheter verbessern die Chance, das gesamte Blutgerinnsel komplikationsfrei aus dem Blutgefäß zu entfernen.“
Die Katheterbehandlung konnte bei 80 Prozent der Patienten die Durchgängigkeit der Hirnarterie wieder herstellen. Noch wichtiger aber: Erstmals konnte in einer größeren Studie gezeigt werden, dass die Patienten tatsächlich einen therapeutischen Nutzen haben. Maßstab ist hier die modifizierte Rankin-Skala (mRS), auf der ein Neurologe das Ausmaß der Behinderungen erfasst. 90 Tage nach dem Schlaganfall wiesen 67 Prozent der Thrombektomie-Patienten eine klinische Verbesserung im Vergleich zur Kontrollgruppe auf und 33 Prozent versus 19 Prozent waren nach drei Monaten funktionell unabhängig (mRS≤2). Professor Röther: „Der Unterschied war statistisch signifikant, was angesichts der relativ kleinen Patientengruppen ein starkes Signal für die Effizienz der Thrombektomie ist.“
Wichtig für den Erfolg der niederländischen Studie war auch die rasche und gezielte Zuweisung der akuten Schlaganfallpatienten in eine Klinik mit Thrombektomiebereitschaft. „In Neurovaskuläre Netzwerke eingebundene Stroke Units, deren Effizienz derzeit in Deutschland im Rahmen eines Pilotprojektes geprüft werden, bleiben der Schlüssel zum Erfolg der Thrombektomie-Therapie“, sagt Professor Hans-Christoph Diener, Direktor der Klinik für Neurologie am Uniklinikum Essen und Pressesprecher der DGN. „Die Ergebnisse der MR CLEAN Studie stimmen sehr optimistisch, und Ergebnisse aus weiteren Studien werden in Kürze erwartet.
Quellen:
Intra-arterial treatment for acute ischemic stroke: Results of MR CLEAN (Multicenter randomized clinical trial of endovascular treatment for acute ischemic stroke in the netherlands).
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25179366
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4162915/pdf/13063_2014_Article_2217....
Fachlicher Kontakt für Rückfragen:
Prof. Dr. med. Joachim Röther
Pressesprecher der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG)
Chefarzt der Neurologischen Abteilung
Asklepios Klinik Altona, Paul-Ehrlich Straße 1, 22763 Hamburg
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http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25179366
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4162915/pdf/13063_2014_Article_2217....
http://www.dsg-info.de
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