Europäische Anthropologische Gesellschaft tagt in Jena
Jena. (21.08.98) 250 Wissenschaftler aus 35 Ländern werden zum 11. Kongreß der Europäischen Anthropologischen Gesellschaft vom 30. August bis 3. September in Jena erwartet. Zum ersten Mal tagen die Forscher, die sich weltweit mit der Entwicklung des Menschen unter natur- und geisteswissenschaftlichem Blickwinkel befassen, in Deutschland. Fünf Themenschwerpunkte prägen den Jenaer Kongreß: Die Wechselbeziehungen zwischen dem Menschen und seiner Umwelt werden von prähistorischen Zeiten bis heute analysiert, erläutert Gastgeber Prof. Dr. Uwe Jaeger von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Den Blick weit zurück auf die menschliche Entwicklung wirft die Paläoanthropologie. In dieser Teildisziplin untersuchen die Forscher, welche Faktoren die vorzeitliche Menschwerdung beeinflußt haben. Rückschlüsse auf Klima, Flora und Fauna haben bei diesen ausgesprochen interdisziplinären Ansätzen ebenso Bedeutung wie etwa Krankheiten beim Ur- und Frühmenschen, auf die aus modernen genetischen Untersuchungen der fossilen Funde geschlossen werden kann. Die frühe Evolution und Selektion prägt die Unterschiedlichkeit der Menschen weltweit bis heute. So stellten die Wissenschaftler fest, daß die Häufigkeit der Blut- und Serumgruppen von Kontinent zu Kontinent sehr verschieden verteilt ist. Ein globaler Blutgruppenatlas soll neue Aufschlüsse geben.
Jena gilt als eines der paläoanthropologischen Zentren in Deutschland - nicht nur, weil der Jenaer Prähistoriker Prof. Dr. Dietrich Mania in der Forschungsstelle Bilzingsleben die fossilen Überreste einer 360.000 Jahre alten Homo-erectus-Form ausgräbt und analysiert, sondern auch weil eine bedeutsame Knochensammlung die menschliche Entwicklung der letzten 7000 Jahre im Mittelelbe-Saale-Gebiet, einem der ältesten Zivilisationsräume Europas, Revue passieren läßt. Wie sich die Körpergröße oder das Gehirnvolumen im Laufe der Zeiten verändert hat, aber auch welche Krankheiten - etwa Syphilis, Rachitis oder Mißbildungen wie Wasserkopf und Hasenscharte - unsere Vorväter plagten, ist anhand von anthropologischen und genetischen Untersuchungen immer besser nachvollziehbar. Das Bild von der biologischen Situation des Menschen und seiner Populationen in historischer wie prähistorischer Zeit erhält zunehmend klarere Konturen.
Moderne Genetik und klassische Methoden, etwa der Körpermessung, arbeiten Hand in Hand. So weiß man heute, daß z. B. die Fettsucht (Adipositas) durch Umweltfaktoren und durch genetische Anlagen beeinflußt wird. Körpermessungen ergaben, daß Kinder und Jugendliche in Ostdeutschland, ganz im internationalen Trend, immer dicker werden. - Eine Entwicklung, die sicher mit dem einschneidenden sozialen Wandel nach 1989 zusammenhängt. Unmittelbaren Einfluß auf unseren Alltag nimmt die Angewandte Anthropometrie. Scheinbar einfache, aber für Gesundheit und Wohlbefinden eminent wichtige Fragen, etwa nach der Standardhöhe von Türöffnungen oder der Ergonomie von Schulmöbeln, befassen die Wissenschaftler. Daß hier noch erheblicher Nachholbedarf besteht, veranschaulichen nicht zuletzt epidemiologische Untersuchungen: "Daß 40-50% der Schüler heute bereits Haltungsschäden aufweisen, liegt sicher nicht allein an der Bildschirm-fixierten ,Seßhaftigkeit' der Kinder und Jugendlichen in ihrer Freizeit", macht Prof. Dr. Uwe Jaeger deutlich.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Uwe Jaeger, Tel.: 03641/449379
e-mail: eaa11@mti-n.uni-jena.de
Friedrich-Schiller-Universität
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Wolfgang Hirsch
Fürstengraben 1
07743 Jena
Tel.: 03641/931031
Fax: 03641/931032
e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).