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03.04.2003 08:39

Was ist uns unsere Gesundheit wert?

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Arbeitskreis "Wissenschaftlichkeit in der Medizin" an der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg veranstaltet im Sommersemester sein 12. Interdisziplinäres Kolloquium - Donnerstags, 18.15 Uhr, Hörsaal der Medizinischen Universitätsklinik und Poliklinik, Bergheimer Straße 58, 69115 Heidelberg

    Das Rahmenthema lautet in diesem Semester "Was ist uns die Gesundheit wert?". In der modernen Leistungsgesellschaft ist Gesundheit zu einem fast absolut gesetzten, höchsten Wert geworden. Wer nicht jung und fit ist oder wer nicht zumindest so tut als ob er es wäre, zählt in der Arbeits- und Konsumwelt des 21. Jahrhunderts nicht mehr. Der Kölner Psychiater Manfred Lütz schrieb kürzlich, die uralte Sehnsucht der Menschen nach Gott und dem ewigen Leben agiere sich heute bevorzugt und intensiv in der Medizin aus. Die allgemein beklagte Kostensteigerung im Gesundheitswesen habe also letztlich auch religiöse Gründe.

    Ist demnach die Gesundheit das Goldene Kalb unserer Zeit, das in einem weit übertriebenen Maß gesellschaftliche Ressourcen aller Art bindet? Haben wir auch als Patienten bestimmte Pflichten? Gibt es noch eine Offenheit der eigenen Zukunft, wenn wir bereits lange vor Ausbruch einer Erkrankung unsere genetischen Schwachstellen kennen? Wie bleibt man trotz allem bis ins hohe Alter gesund? Gibt es Möglichkeiten, die Gesundheit aktiv zu fördern? Das Kolloquium wird sich mit diesen Problemfeldern näher beschäftigen.

    So stellt am 22. Mai der Marburger Medizinethiker und ausgezeichnete Kenner der Werke Immanuel Kants, Privatdozent Dr. Friedrich Heubel, die für die meisten Bürger unbequeme Frage: "Gibt es Patientenpflichten?" Nicht selten sagen Ärzte zu ihren Patienten: "Wenn Sie gesund werden wollen, dann sollten Sie auch selbst etwas dafür tun!" Wird mit einer solchen Aufforderung nur an den gesunden Egoismus des Patienten appelliert, spielt hier die Verantwortung des Kranken gegenüber seiner Familie und den Arbeitskollegen eine Rolle, steht seine Solidarität mit der Versichertengemeinschaft im Mittelpunkt, oder gibt es gar eine moralische Pflicht zur Mitarbeit bei der Genesung, die jeder Mensch als Mensch hat?

    Die sogenannte "Prädiktive Medizin" der Zukunft wird sich nicht mehr nur mit denjenigen Menschen beschäftigen, die als Patienten - also als Leidende - zum Arzt kommen, sondern auch mit jenen potenziell Kranken, deren Genom eine oder mehrere "Krankheits-Anlagen" enthält. Bald dürfte es keinen Bürger mehr geben, der im umfassenden Sinn des Wortes noch als "gesund" wird gelten können. Jeder ist dann ein zumindest subjektiv leidender Patient, der nach maximaler präventiver Therapie verlangen wird. Werden sich daraus auch Konsequenzen für Kranken-, Renten- und Lebensversicherungen oder für das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ergeben? "Prädiktive Medizin: Gesundheit ohne Ende - oder das Ende der Gesundheit?" - so nennt deshalb Prof. Axel W. Bauer, Koordinator des Querschnittsbereichs Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Fakultät für Klinische Medizin Mannheim, seinen Vortrag am 12. Juni.

    "Körperliche und seelische Gesundheit im Alter" lautet der Titel des Vortrags, den Prof. Andreas Kruse, der Direktor des Heidelberger Instituts für Gerontologie, am 26. Juni halten wird. Eine stärker Gesundheit fördernde Lebensführung in früheren Lebensjahren kann dazu beitragen, dass viele chronische Erkrankungen im hohen Lebensalter gar nicht, erst später oder mit einer deutlich geringeren Symptomatik auftreten. Die sogenannten Alterskrankheiten stellen in Wirklichkeit oftmals "mitalternde" Erkrankungen dar, deren Beginn bereits im frühen oder mittleren Erwachsenenalter liegt. Durch stärkere Betonung der Präventions- und Rehabilitationspotenziale könnte ein bedeutsamer Beitrag zur Kosteneinsparung im Gesundheitswesen geleistet werden. Wählt man einen umfassenderen Gesundheitsbegriff, dann gewinnt auch das Thema der persönlichen Kreativität und Produktivität große Bedeutung. Inwieweit bietet unsere Gesellschaft älteren Menschen die Möglichkeit, ein kreatives und produktives Leben zu führen, ihr Wissen einzusetzen, an sozialen und kulturellen Entwicklungen zu partizipieren? Antworten auf diese Frage sind für das Selbstkonzept und das Wohlbefinden des Menschen wichtig und üben damit Einfluss auf seine Gesundheit aus.

    Am 3. Juli spricht Prof. Friedhelm Lamprecht, Direktor der Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover. Sein Thema ist die "Salutogenese", ein Begriff, der die Entstehung von Gesundheit oder die "Gesundheitsbildung" umschreibt. Die Gesundheit des Menschen steht in Wechselwirkung mit seiner Umgebung, sie wird beeinflusst durch die Lebensbedingungen in Familie, Wohnung und Arbeitswelt. Im Zusammenhang mit diesen Bereichen entwickeln die Menschen sowohl die Gesundheit schützende als auch sie schädigende Verhaltensweisen. Gesundheitsbildung umfasst einerseits das Bemühen, eine individuelle, persönlich optimale Lebensweise zu entwickeln, andererseits das Streben nach Wissensaneignung, Urteilsbildung und Handlungstransfer zur Sicherung und Förderung gesunder Lebensverhältnisse. Salutogenese ist deshalb ein wesentlicher Teil des Gesamtkonzeptes der Gesundheitsförderung. Der Referent wird insbesondere psychische Vulnerabilitäts- und Schutzfaktoren betrachten, die im Kontext von Krankheit und Gesundheit bedeutsam werden können.

    Das vollständige Programm des Kolloquiums finden Sie unter: http://www.wissmed.uni-hd.de

    Rückfragen bitte an:
    Prof. Dr. med. habil. Axel W. Bauer
    Koordinator des Querschnittsbereichs
    Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg und Institut für Geschichte der Medizin der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 544816, Fax 545457
    awb@uni-hd.de

    Rückfragen von Journalisten auch an:
    Dr. Michael Schwarz, Pressesprecher der Universität Heidelberg
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de

    und
    Irene Thewalt
    presse@rektorat.uni-heidelberg.de


    Weitere Informationen:

    http://www.wissmed.uni-hd.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Psychologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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