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09.04.2003 13:57

RUB trauert um Ferdinand Seibt: Herausragender Historiker verstorben

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Prof. em. Dr. Ferdinand Seibt ist am Montag, 7. April 2003, nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben. Mit ihm verliert deutsche Geschichtswissenschaft einen der herausragendsten Vertreter für die "Geschichte des späteren Mittelalters" - so die Bezeichnung seines Lehrstuhls, den er von 1969 bis 1992 in der Fakultät für Geschichtswissenschaft der RUB inne hatte. Die RUB trauert um einen herausragenden Forscher, begeisternden Lehrer und warmherzigen Freund. Sie wird ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.

    Bochum, 09.04.2003
    Nr. 105

    RUB trauert um herausragenden Historiker
    Prof. em. Dr. Ferdinand Seibt verstorben
    23 Jahre Forschung und Lehre an der Ruhr-Uni Bochum

    Wie heute bekannt wurde, ist Prof. em. Dr. Ferdinand Seibt am Montag, 7. April 2003 nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben. Mit ihm verliert deutsche Geschichtswissenschaft einen der herausragendsten Vertreter für die "Geschichte des späteren Mittelalters" - so die Bezeichnung seines Lehrstuhls, den er von 1969 bis 1992 in der Fakultät für Geschichtswissenschaft der RUB inne hatte. Die RUB trauert um einen herausragenden Forscher, begeisternden Lehrer und warmherzigen Freund. Sie wird ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.

    Geschichte erzählen

    Prof. Seibt war ein begnadeter Lehrer, der Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes lebendig "erzählen" konnte. Davon zeugen auch seine zahlreichen Bücher über die Geschichte des Mittelalters, der europäischen Revolutionen, und schließlich, biographisch bedingt, sein Einsatz um die Versöhnung von Deutschen und Tschechen. Zu seinen bekanntesten Publikationen zählen die Standardwerke "Handbuchs der Europäischen Geschichte" und "Glanz und Elend des Mittelalters". Seine Kaiserbiographien über Karl IV. und Karl V. wurden sogar zu Bestsellern. Sein letztes Werk "Die Begründung Europas. Ein Zwischenbericht über die letzten tausend Jahre" hat 2002 eine Flut von begeisterten Rezensionen und Diskussionen hervorgerufen. Auch den Menschen im Ruhrgebiet hat er das Mittelalter nahegebracht, so durch die von ihm mitkonzipierten Ausstellungen "Mittelalter im Ruhrgebiet" und "TRANSIT Bruegge - Novgorod. Eine Strasse durch die europäische Geschichte" im Ruhrlandmuseum Essen (1992 und 1997).

    Werdegang

    Ferdinand Seibt wurde am 9. Mai 1927 im nordböhmischen Strischowitz geboren. Nach der Aussiedlung folgten Studium und Promotion über lateinische Literatur im hochmittelalterlichen England an der Uni München. 1953 legte er das Staatsexamen in Deutsch, Geschichte und Erdkunde ab und unterrichtete zehn Jahre lang an Münchener Gymnasien. In dieser Zeit entwickelte er seinen dritten großen Forschungsbereich neben der Geschichte der Geschichtswissenschaft bzw. der vergleichenden Geschichte des Mittelalters: Böhmische Geschichte Mitteleuropas. Mit einer Analyse zur hussitischen Revolution habilitierte er sich 1964 in München für mittlere und neuere Geschichte. 1969 wurde er, unter den damals geltenden Bedingungen ohne Bewerbung und Probevorlesung, an die RUB berufen.

    Deutsch-tschechische Verständigung

    Ferdinand Seibt kam mit dem gebotenen Optimismus gegenüber einem Reformunternehmen an die erste Uni des Ruhrgebiets, "Die Reformation in Europa" hieß seine erste Vorlesungsreihe. Europäisches Denken setzte er auch wissenschaftlich und organisatorisch in Taten um. Seit 1980 führte er den Vorsitz im Collegium Carolinum, einem vom Bayrischen Kultusministerium geförderten Forschungsinstitut für Kultur und Geschichte der böhmischen Länder. Im Dienst von Vergangenheitsbewältigung und Verständigung zwischen Tschechen und Deutschen war Prof. Seibt in bilateralen Schulkommissionen tätig und Mitglied der tschechoslowakisch/deutschen Historikerkommission. Für seine wissenschaftlichen Leistungen fand Prof. Seibt internationale Anerkennung. Er war Ehrendoktor der Karls-Universität Prag, 1990 erhielt er in Prag die Goldene Frantizek-Palacky-Plakette, die höchste Auszeichnung der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften. Er war Träger des Bundesverdienstkreuzes, des Verdienstordens der Tschechischen Republik und des Offizierkreuzes des Großherzogtums Luxemburg.

    Standardwerke und Bestseller

    Ferdinand Seibt gestaltete sein Fachgebiet zur gegenwartsoffenen und spannend erzählten Wissenschaft. In Fachkreisen fanden seine Publikationen, namentlich sein Mittelalterband "Handbuch der Europäischen Geschichte", weitreichende Beachtung; zudem stellte er in seinen Büchern auch sein literarisches Gestaltungsvermögen unter Beweis und machte so ein größeres Publikum mit dem Mittelalter bekannt. Seine Kaiserbiographien über Karl IV. und Karl V. wurden zu Bestsellern, gleiches gilt für sein prallvolles Lesebuch zur europäischen Gesellschaftsgeschichte: "Glanz und Elend des Mittelalters". Wissenschaftlich wandte sich Seibt in seinen letzten aktiven Jahren neuen Ansätzen, Methoden und Fragestellungen der Geschichtsforschung zu. Unter seiner Führung öffnete sich sein Lehrstuhl für interdisziplinäre Kontakte und aktuelle Forschung.


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    Prof. em. Dr. Ferdinand Seibt
    Prof. em. Dr. Ferdinand Seibt

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie
    überregional
    Personalia
    Deutsch


     

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