Mineralogen der Universität Jena analysieren das chemische Erbe von Meteoriten
Es ist das Gas, das mit fast 80 Prozent den Hauptbestandteil der Luft bildet: Stickstoff. Tagtäglich atmen wir mehrere tausend Liter davon ein. Das farb- und geruchlose Gas ist jedoch nicht nur in der Atmosphäre allgegenwärtig. Auch wir selbst und alle anderen Lebewesen bestehen zu einem erheblichen Teil aus Stickstoff – ohne ihn hätte sich das Leben auf der Erde vermutlich nie entwickelt.
Dabei weist der irdische Stickstoff eine recht charakteristische chemische Signatur auf, die ihn deutlich von Stickstoffvorkommen in anderen Regionen unseres Sonnensystems unterscheidet. Wie dieser einstmals auf die Erde gelangt ist, ist bislang jedoch ungeklärt. Mineralogen der Friedrich-Schiller-Universität Jena haben jetzt in zwei Meteoriten neue Hinweise entdeckt, die zur Klärung dieser Frage beitragen können. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ präsentieren sie Forschungsergebnisse, die belegen, dass der in den Mineralen der Meteoriten gespeicherte Stickstoff und der Stickstoff in der Erdatmosphäre ursprünglich aus derselben Quelle stammen müssen (DOI: 10.1038/NGEO2339).
Dazu hat das Team um Prof. Dr. Falko Langenhorst Proben der Ende der 1970er Jahre von japanischen Forschern in der Antarktis entdeckten Meteoriten „Yamato 791198“ und „Yamato 793321“ untersucht. „Überraschenderweise haben wir darin das sehr seltene Mineral Carlsbergit gefunden“, sagt Prof. Langenhorst. Dieses Mineral enthält neben Chrom auch große Mengen Stickstoff. „Seiner atomaren Signatur nach stimmt der Stickstoff aus dem Meteoritengestein mit dem der Erdatmosphäre fast exakt überein“, so der Mineraloge. Daraus lasse sich schließen, dass beide gemeinsamer Herkunft sein müssen.
Denn: Stickstoff ist nicht gleich Stickstoff. „Wie alle Elemente kommt auch Stickstoff in unterschiedlich gebauten Atomarten vor“, erläutert Dr. Dennis Harries, der Erstautor der aktuellen Studie. So liegt weit mehr als 99 Prozent des in der Natur vorkommenden Stickstoffs als sogenanntes [hoch] 14 N-Isotop vor. „Zu einem geringen Anteil ist aber auch das etwas schwerere [hoch] 15 N-Isotop zu finden.“ Wie groß dieser Anteil exakt ist, könne ein Hinweis auf den Ursprung des Stickstoffs sein. So ist bekannt, dass im Sonnenwind weit weniger dieses schwereren Stickstoffs anzutreffen ist, als in weit vom Zentrum des Sonnensystems entfernten Kometen. „In seiner Isotopen-Zusammensetzung unterscheidet sich der irdische Stickstoff sowohl von dem der Sonne als auch dem weit entfernter Kometen – stimmt aber mit dem der Meteoriten sehr gut überein“, unterstreicht Harries.
Wo sich die ursprüngliche Stickstoffquelle befand, darüber können die Forscher nur spekulieren. „Sie ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr vorhanden“, sagt Langenhorst. Fest stehe allerdings, dass es sich um Stickstoff in Form von reaktivem Ammoniak gehandelt haben muss. Anders hätte der Carlsbergit nicht entstehen können, da molekularer Stickstoff – wie er etwa in der Erdatmosphäre vorkommt – viel zu reaktionsträge ist. Die Forscher vermuten daher, dass ammoniakhaltiges Eis vor etwa 4,5 Milliarden Jahren zu den Zutaten des solaren Nebels gehörte, aus denen sich im Laufe der Entstehung des Sonnensystems auch die Erde und der Mutterkörper der beiden Meteoriten bildeten.
Original-Publikation:
Harries D, Hoppe P, Langenhorst F.: Reactive ammonia in the solar protoplanetary disk and the origin of Earth’s nitrogen. Nature Geoscience 2015, DOI: 10.1038/NGEO2339
Kontakt:
Prof. Dr. Falko Langenhorst, Dr. Dennis Harries
Institut für Geowissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Carl-Zeiss-Promenade 10, 07745 Jena
Tel.: 03641 / 948710, 03641 / 948736
E-Mail: falko.langenhorst[at]uni-jena.de, dennis.harries[at]uni-jena.de
Die Mineralogen Prof. Dr. Falko Langenhorst und Dr. Dennis Harries (vorne) von der Universität Jena.
Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Geowissenschaften, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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