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16.04.2003 21:52

Die Pflege in der neuen Klinikstruktur der fusionierten Universitätsmedizin

Manfred Ronzheimer Pressebüro Manfred Ronzheimer
Universitätsklinikum Benjamin Franklin

    Von Hedwig François-Kettner, Pflegedirektorin des Universitätsklinikums Benjamin Franklin (UKBF) der Freien Universität Berlin

    Nach den Experten haben nun die Politiker das Wort. Eine neue, fusionierte Hochschulmedizin soll in Berlin entstehen, gebildet aus den medizinischen Fachbereichen und Klinika von UKBF und Charité. Der Entwurf für ein Gesetz wurde am 13.03.2003 ins Parlament eingebracht.

    Eine erste Prüfung des Entwurfs fällt ernüchternd aus. Die Vorschläge der Expertenkommission, die im Auftrag des Senats die Hochschulmedizin im vergangenen Jahr nach einheitlichen Kriterien untersuchte, sind nur ansatzweise wiederzufinden.

    Kritisch ist meines Erachtens die Vielzahl der Organe der Organe zu werten: Nicht weniger als sieben Gremien sieht der Gesetzentwurf vor. So sind Fakultätsrat und Klinikumskonferenz aus Sicht der Betriebsführung und Betriebssteuerung im Gesetzestext verzichtbar und könnten in einer Satzung definiert werden.

    Ein weiterer Punkt meiner Kritik betrifft die Zusammensetzung des Vorstandes. In der neutralen Formulierung und Aufzählung der Vorstandsmitglieder (die übrigens auch ohne einen Ärztlichen Direktor ausgewiesen wird - was sicher nicht ernsthaft in Betracht steht) ist die Leitung der Pflegebereiche an dieser Stelle nicht aufgeführt. Damit ist zu vermuten, dass diese Aufgabe aus dem strategischen Management herausgenommen wird. Warum ist das so?

    Bisher wurde darauf geantwortet, dass eine Interessenvertretungen der Berufsgruppen an dieser Stelle nicht erwünscht sei. Das ist auch meine Meinung.
    Allerdings werden damit die positiven Erfahrungen der vergangenen Jahre, die wir am Universitätsklinikum Benjamin Franklin mit der Einbindung der Pflegedirektorin in den Klinikumsvorstand gemacht haben, ignoriert. Leider hat es auch der Wissenschaftsrat versäumt, die Pflegedirektorinnen beider Klinika in seiner Expertenbefragung anzuhören - als einzige aus den derzeitigen Klinikumsvorständen.

    In den letzten Jahren gab es bundesweit erfolgreiche Schritte, die Krankenpflege weiter zu professionalisieren und sie damit endlich auch den international gültigen Maßstäben anzupassen. Der Gesetzentwurf nimmt dieser Entwicklung in Berlin jede weitere Chance.

    Die Studiengänge für Pflegemanagement sind auch in Deutschland nun darauf ausgerichtet, die gesamte Betriebsführung im Schwerpunkt zu sehen und den Betriebsteil "Pflege und Patientenservice" interdisziplinär zu optimieren. Dies erfolgt auch in den Universitätskliniken Berlins in allen Standorten, wofür gibt es zahlreiche Belege gibt.

    Das Pflegemanagement im Vorstand des Klinikums (in der strategischen Ebene) einzubinden, ist aus mehreren Gründen sinnvoll und geboten. Zum einen bestehen umfangreiche Erfahrungen in Prozeßsteuerung und Umsetzung von Qualitätsmanagement, die für einen Klinikumsbetrieb der künftigen Größenordnung unverzichtbar sind. Die Führungsqualität ist ebenso Inhalt der Studiengänge wie Betriebswirtschaft und Management der Veränderungen (Change Management).

    Durch die unterschiedlichen Praxis-Erfahrungen können die Auswirkungen von Strategieentscheidungen unmittelbar auf die Patientenversorgung eingebracht werden.

    Moderne Industrie- und Wirtschaftsbetriebe wissen um die Bedeutung von Teamwork in der Unternehmensführung: die einseitige medizinische und ökonomische Ausrichtung wird der Anforderung auf eine Patientenorientierung im Hochleistungs-Klinikum nicht gerecht. In medizinischen Universitätseinrichtungen gibt es keinen "pflegefreien" Raum - ob in Lehre, Forschung oder Krankenversorgung, die Ausstattung mit Pflege - und Assistenzpersonal ist überall sicherzustellen.

    Auch die Einführung der neuen Krankenhausfinanzierung - Stichwort DRG: Diagnosis Realated Groups (Fallkostenpauschale) - erfordert neben der strategischen Ausrichtung eine praxisbezogene Vorgehensweise, die im Klinikalltag eine neue Form der Prozeßsteuerung verlangt. Hier befindet sich das Pflegemanagement wesentlich näher am patientenbezogenen, organisatorischen Ablauf und steuert zunehmend die Veränderungsprozesse.

    Es gibt weitere Gründe für eine selbständige Position der Pflege in einer Klinikleitung und damit in "Augenhöhe" mit dem medizinischen und ökonomischen Management. Das ressort- und disziplinübergreifende Verständnis sichert einen qualitativen und wirtschaftlichen Personaleinsatz.

    Auch bilden professionelle Pfleger und Krankenschwestern im medizinischen Ausbildungsbetrieb eines Universitätsklinikums (mehr als in anderen Krankenhäusern) eine konstante Personalbasis. Dagegen rotieren die Medizinerinnen und Mediziner aufgrund der Vorgaben hinsichtlich der medizinischen Qualifikationen über AIP, Assistenzarzt, Oberarzt, Facharzt in der Regel in sechsmonatigen Rhythmen über die Stationen, Ambulanzen, Operationseinrichtungen und Funktionsbereiche. Die kollegiale Leitung von Stationen und Funktionsbereichen ist deshalb zwingend.

    Darüber hinaus erfordert die integrative Aufgabenwahrnehmung am Patienten in Universitätskliniken die Orientierung an wissenschafts- und evidenzbasierten Erkenntnissen damit für den Routinebetrieb in den übrigen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen erprobte Erkenntnisse vorliegen. Da die Pflegewissenschaft in Deutschland gerade einmal zehn Jahre alt ist, ist die weitere Vertiefung orientiert an den vorliegenden Versorgungsaufträgen eine folgerichtige Forderung, damit wir im internationalen Kontext bestehen können.

    Der Name der neuen Einrichtung ist mit "Universitätsklinikum Charité - Berliner Hochschulmedizin (CBH)" vorgegeben, obwohl oftmals der Wunsch auf eine neutrale Bezeichnung geäußert wurde, um die Zusammenführung zu erleichtern und den einzelnen Klinikstandorten ihre Identität zu belassen.

    Berlin steht vor einschneidenden Veränderungen seiner Hochschulmedizin. Einsparauflagen bei gleichzeitiger Steigerung der Leistungsfähigkeit sind die Leitlinien der Fusion. Die Krankenversorgung soll und muß führende Qualitätsergebnisse beinhalten.

    Dieser Prozess ist nicht ohne Risiko und lässt sich nur erfolgreich gestalten, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Der schwierige Integrationsprozess kann nur von allen gemeinsam und nicht medizinisch-ökonomisch allein bewältigt werden.

    Kontakt:
    Hedwig François-Kettner
    Pflegedirektorin
    Universitätsklinikum Benjamin Franklin der Freien Universität Berlin
    Hindenburgdamm 30, 12200 Berlin
    Tel. 030-8445-3465
    e-mail: francois-kettner@ukbf.fu-berlin.de


    Weitere Informationen:

    http://www.medizin.fu-berlin.de/pflege/


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    regional
    Organisatorisches, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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