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23.04.2003 11:51

Wie gut wird das Wasser des Müggelsees in 50 Jahren sein?

Josef Zens Unternehmenskommunikaton des Forschungsverbundes Berlin e.V.
Forschungsverbund Berlin e.V.

    Wissenschaftler des Berliner Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei entwickeln ein Ökosystemmodell. Erste Ergebnisse geben Anlass zu Zuversicht

    Die Spree bringt künftig weniger Wasser nach Berlin. Das ist die zwangsläufige Folge der Tagebausanierung im Oberlauf der Spree. Denn die gigantischen Löcher werden geflutet, und dieses Wasser fehlt den Flüssen. Schlechte Nachrichten also für Berlin und seine Gewässer? Nicht unbedingt, denn mit der abnehmenden Wassermenge reduziert sich auch die Nährstofffracht der Spree. Davon wird besonders der größte See in der Hauptstadt, der Müggelsee, profitieren. Denn er wird von der Spree durchflossen. Andererseits gibt es zahlreiche weitere Faktoren, die die Wasserqualität im Müggelsee künftig negativ beeinflussen können. Das Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) ist derzeit dabei, das komplexe Geflecht von zum Teil gegenläufigen Trends zu entwirren. Ziel ist es herauszufinden, wie sich der ökologisch empfindliche Müggelsee bis zum Jahr 2050 entwickeln wird.

    Vor nahezu drei Jahren wurde das Projekt GLOWA - Elbe (GLObaler WAndel im Elbe-Einzugsgebiet) aus der Taufe gehoben. In ihm arbeiten Wissenschaftler aus 19 Instituten in Deutschland zusammen, um die Zukunft einiger ausgewählter Regionen abzuschätzen. Eines dieser für die Forscher interessanten Gebiete ist der Großraum Berlin mit seinen unterschiedlichen Nutzungsanprüchen an die Gewässer (Badegewässer, Trinkwasser und Tourismus).

    Am IGB untersuchen die Arbeitsgruppen um Dr. Horst Behrendt und Dr. Rainer Brüggemann nun, wie sich der Müggelsee bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts entwickeln wird. Die Wissenschaftler nehmen an, dass sich die Menge der Nährstoffe, welche die Spree in den Müggelsee transportiert, bis 2050 um zirka 30 Prozent reduzieren wird. Der Grund dafür sind Maßnahmen, die sowohl die punktuellen als auch die diffusen Einträge in die Oberflächengewässer reduzieren. Verringerte Nährstoffgehalte mindern das Algenwachstum. Zugleich aber führt der geringere Durchfluss der Spree durch den Müggelsee zu einer längeren Aufenthaltszeit des Wassers im See - und damit zu günstigeren Bedingungen für das Wachstum der Algen.

    Hinzu kommt der weltweite Klimawandel, der auch die Region Berlin-Brandenburg betrifft. Um durchschnittlich 1,5 Grad Celsius wird es hier vermutlich wärmer. Steigende Temperaturen aber haben zur Folge, dass warmes Wasser immer öfter über einer Schicht von kühlerem Wasser bleibt. Diese häufigere "Schichtung" des Sees verhindert, dass das sauerstoffarme Wasser im unteren "Stockwerk" ausgetauscht wird. Dadurch verschiebt sich das chemische Gleichgewicht: Es kann zu einer verstärkten Rücklösung von gebundenem Phosphor aus dem Sediment des Sees kommen. Und das könnte den Vorteil von geringeren Nährstoffgehalten der Spree zunichte machen und dem See hohe Algenbiomassen bescheren.

    Um derart widersprüchliche Effekte richtig zu gewichten, haben die Wissenschaftler des IGB ein komplexes Ökosystemmodell entwickelt. Bei Testrechnungen mit dem Modell haben sie es geschafft, die Zusammenhänge zwischen Nährstoffen und Algendynamik gut darzustellen. Daraus schließen die Gewässerökologen, dass das Modell nun auch in der Lage ist, in die Zukunft zu blicken. Im Sommer wollen die Experten erste Prognosen wagen. Noch ist es für verlässliche Aussagen zu früh, doch die Modellierer sind eher optimistisch, was die Wasserqualität angeht. Es zeichne sich ab, "dass der Nährstoffgehalt und die Algenbiomasse im Müggelsee geringer werden", sagt der beteiligte Hydrologe Torsten Strube.

    Am Ende der ersten Projektphase im Juni werden die Ergebnisse aus dem Müggelseemodell einer ausführlichen Bewertung unterzogen. Darin fließen auch die Ergebnisse anderer Institute ein, die beispielsweise die Wassermenge und -qualität der Berliner Flüsse und Kanäle prognostizieren. Mit der Bewertung aller Teilergebnisse und einer nachgeordneten Nutzen-Kosten-Analyse können dann der Politik und der Gesellschaft wichtige Entscheidungshilfen für einen nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser gegeben werden.

    Ansprechpartner:
    Dr. Horst Behrendt, Tel.: 030 / 6 41 81-683, behrendt@igb-berlin.de
    Dipl.-Hydrol. Torsten Strube, Tel.: 030 / 6 41 81-665, strube@igb-berlin.de

    Das Projekt GLOWA - Elbe im Internet: http://www.glowa-elbe.de/

    Das IGB gehört zum Forschungsverbund Berlin und ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es betreibt multidisziplinäre Grundlagenforschung zur Struktur und Dynamik aquatischer Ökosysteme. Das IGB erarbeitet wissenschaftliche Grundlagen für neue Ökotechnologien, für nachhaltige Binnenfischerei und für ökotoxikologische bzw. -physiologische Bestimmungskriterien der Gewässergüte. Die Forschungen werden an Grundwasser, Seen, Flüssen und deren Einzugsgebieten überwiegend im nordostdeutschen Tiefland betrieben. Das Institut hat rund 170 Mitarbeiter und einen Etat von zirka elf Millionen Euro.
    Das IGB im Internet: http://www.igb-berlin.de

    Der Forschungsverbund Berlin e.V. (FVB) ist Träger von acht natur-, lebens- und umweltwissenschaftlichen Forschungsinstituten in Berlin, die alle wissenschaftlich eigenständig sind, aber im Rahmen einer einheitlichen Rechtspersönlichkeit gemeinsame Interessen wahrnehmen.

    Diese Pressemitteilung ist auch von den Internet-Seiten des Forschungsverbundes Berlin herunterzuladen: http://www.fv-berlin.de/fvpm.htm


    Weitere Informationen:

    http://www.glowa-elbe.de/
    http://www.igb-berlin.de
    http://www.fv-berlin.de/fvpm.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Geowissenschaften, Gesellschaft, Informationstechnik, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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