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17.02.2015 12:22

Frei verkäufliche Analgetika: Teufelszeug oder ungefährlich?

Rita Wilp Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft

    Unbedingt Dosierangaben der Hersteller beachten – keine regelmäßigen Einnahmen

    Die Einnahme von seit Jahren eingesetzten, frei verkäuflichen Schmerzmitteln wird häufiger in der Öffentlichkeit als gefährlich eingeschätzt. Breite Teile der Bevölkerung und auch die Ärzteschaft verunsichert das regelmäßig. Im Einzelnen wurde Paracetamol als einer der gefährlichsten Wirkstoffe im täglichen Gebrauch bezeichnet.

    „Hält man sich an die Dosierangaben der Hersteller und vermeidet die häufige Einnahme, kann man unbesorgt sein. Eine Schädigung der Niere, wie sie für die Vorläufersubstanz von Paracetamol - das nicht mehr erhältliche Phenacetin - bewiesen wurde, muss gemäß der Daten aus epidemiologischen Untersuchungen hier nicht befürchtet werden“, sagt PD Dr. Stefanie Förderreuther, Pressesprecherin der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). Gefahr bestehe tatsächlich nur, wenn man es in weit höheren Dosierungen als empfohlen einnimmt: Zum Beispiel bei Einnahme von sechs Gramm, das sind 12 Tabletten zu 500 Milligramm an einem Tag - führt es beim Erwachsenen zu schweren Leberschäden. Das ist schon seit vielen Jahren bekannt. Weniger bekannt ist, dass Paracetamol bei Kindern eine längere Halbwertszeit besitzt und deshalb bei wiederholten Gaben schneller gefährlich werden kann. Daher ist bei der Gabe an Kinder besondere Vorsicht gefordert.

    Auch bei kritischer Bewertung der frei verkäuflichen Analgetika ergeben sich zum heutigen Zeitpunkte keine neuen Gesichtspunkte, die die Empfehlungen zu diesen Mitteln in der Selbstmedikation bei Kopfschmerzen ändern würden. Generell sind diese Medikamente sicher. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese Medikamenten völlig ungefährlich sind: bei unsachgemäßem Gebrauch, zu hoher Dosierung und längerfristiger, regelmäßiger Einnahme muss auch hier mit unerwünschten Wirkungen gerechnet werden – eine davon ist z.B. die Chronifizierung von bestehenden Kopfschmerzen. Die in den Leitlinien der DMKG zur Selbstmedikation bei Kopfschmerzen gegebenen Empfehlungen verhindern diese Risiken.

    In der letzten Zeit wurde auch der Gebrauch von Paracetamol in der Schwangerschaft hinterfragt. Epidemiologische Studien vermuteten ein mögliches Risiko der Entwicklung von Asthma bronchiale, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Hodenhochstand. Andere Studien ermittelten gerade für diese zum Teil häufigen Erkrankungen eine große Anzahl von anderen möglichen Risikofaktoren, so dass bei der Vielzahl von potentiellen Risikofaktoren derzeit keine Zuordnung möglich ist. Dieser Sachverhalt führte auch dazu, dass die europäischen Zulassungsbehörden keine Änderungen ihrer Empfehlungen vornahmen. Paracetamol kann weiterhin in allen Stadien einer Schwangerschaft als sichere Substanz betrachtet werden.

    Eine andere häufig eingesetzte Substanzgruppe zur Schmerztherapie sind die Hemmstoffe der Cyclo-Oxygenase (wie z.B. ASS, Ibuprofen oder Diclofenac). Bekannte Risiken sind bei regelmäßiger und anhaltender Einnahme die Nebenwirkungen auf den oberen Gastro-Intestinal-Trakt (oberer Teil des Verdauungsapparates: Magen und Dünndarm), die Beeinflussung der Thrombozytenfunktion, was zu einem erhöhten Blutungsrisiko führt, und auch die Erhöhung des Blutdruckes. Diese Nebenwirkungen sind jedoch dosis-abhängig und treten nur nach anhaltendem Gebrauch auf.

    Die dritte Gruppe von frei verkäuflichen Schmerzmitteln, die wiederholt mit Nebenwirkungen in Verbindung gebracht wurde, sind die Mischpräparate, wobei meistens Paracetamol, Acetylsalicylsäure (ASS) und Koffein kombiniert werden. Als Gefahr wird ein erhöhtes Risiko abhängig zu werden genannt und der Umstand, dass mehrere Substanzen auch in der Summe mehr Nebenwirkungen erzeugen. Dabei ist gerade ein Vorteil der Kombinationspräparate, dass die Einzelsubstanzen deutlich niedriger dosiert werden können und so die dosis-abhängigen Risiken der Einzelsubstanzen niedriger anzusehen sind. Koffein selber ist eine in der Gesellschaft ubiquitär eingesetzte Substanz. Schon eine Tasse Kaffee enthält höhere Koffeinmengen als eine Tablette von einem Kombinationspräparat. Darüber hinaus hat Koffein eine eigene schmerzlindernde Wirkung und möglicherweise sogar schützende Wirkungen vor der Entwicklung von Diabetes mellitus und Parkinson.

    Fachlicher Kontakt bei Rückfragen

    
PD Dr. med. Stefanie Förderreuther
Generalsekretärin der DMKG
Neurologische Klinik der LMU München
Ziemssenstrasse 1, 80336 München
Tel: +49 (0)89 4400 52456, Steffi.Foerderreuther@med.uni-muenchen.de

    Prof. Dr. med. Andreas Straube
    Präsident der DMKG
    Klinikum Großhadern, Neurologische Klinik der Universität München
    Marchioninistr. 15, 83177 München
    Tel.: +49 (0)89 4400-7-3900, andreas.straube@med.uni-muenchen.de


    Weitere Informationen:

    http://www.dmkg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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