Berlin – Isoliert, unkommunikativ oder gereizt – laut einer aktuellen Studie der Klinik für Psychosomatische Medizin der Universitätsmedizin Mainz beeinflusst intensiver Konsum von Onlinespielen und -sexangeboten die Bindungsfähigkeit von Jugendlichen. Sind sie über sechs Stunden täglich online, egal ob über Mobiltelefon oder Computer, fällt es Jugendlichen schwerer, Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen. Die detaillierten Ergebnisse der Studie stellen Experten auf der Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie vor, die am 26. März in Berlin stattfindet.
Allein im abgedunkelten Zimmer, Tag und Nacht vor dem Computer, keine Freunde in der wirklichen Welt – viele Eltern machen sich Sorgen, dass ihr Kind in einem Teufelskreis aus Internetsucht und Einsamkeit landet. Gehen echte Beziehungen zwischen sozialen Netzwerken wie Facebook und Onlinespielen wie World of Warcraft verloren, wo doch der Aufbau von Freundschaften zu den wichtigsten Entwicklungsaufgaben des Jugendalters gehört? Dieser Frage ist jüngst ein Forscherteam um Professor Dr. med. Manfred Beutel, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin der Universitätsmedizin Mainz mit einer Befragung von rund 2400 Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren in Rheinland-Pfalz nachgegangen.
Eines der zentralen Ergebnisse lautet: „Jugendliche, die häufig Angebote von Onlinespielen und –Sexportalen nutzen, haben eine schlechtere Bindung zu ihren Freunden. Das heißt, sie kommunizieren weniger, vertrauen ihren Freunden nicht so sehr und fühlen sich von anderen stärker entfremdet. All diese Faktoren begünstigen letztlich die soziale Ausgrenzung“, sagt Professor Beutel. Digitale soziale Netzwerke seien hingegen förderlich für die Beziehung und Bindung zu Gleichaltrigen. Allerdings könnten sie zu einem suchtartigen Gebrauch führen, welcher wiederrum die Bindung zu Gleichaltrigen negativ beeinflusst.
3,4 Prozent der befragten Jugendlichen nutzen das Internet suchtartig. Das bedeutet: Sie sind mehr als sechs Stunden täglich online, haben keine Kontrolle mehr über Onlinezeiten, geben ihre Interessen auf und erleiden schädliche persönliche, familiäre oder schulische Konsequenzen aufgrund der vielen Zeit vor dem Computer oder am Handy. 13,8 Prozent zeigen zwar keinen suchtartigen, aber dennoch einen exzessiven und „ausufernden“ Gebrauch. Mädchen und Jungen sind davon gleichermaßen betroffen.
Im Hinblick darauf, mit welchen Inhalten sie sich online beschäftigen, unterschieden sich Mädchen und Jungen allerdings: Mädchen nutzen das Internet häufiger für den sozialen Austausch, zur Recherche und zum Online-Shopping, Jungen verbringen mehr Zeit mit Onlinespielen. Professor Beutel, der in seiner Klinik in der Ambulanz für Spielsucht auch betroffene Jugendliche und Eltern behandelt, stellt zudem fest: „Sozial unsichere oder gehemmte Jugendliche wenden sich eher Online-Aktivitäten zu, die weniger Kontakt und Austausch erfordern.“ Seine Empfehlung lautet deswegen: „Eltern und Lehrern haben die Aufgabe, Jugendliche sowohl in der Entwicklung ihrer Mediennutzung zu begleiten als auch ihren sozialen Umgang zu beachten.“
Weitere Ergebnisse der Studie und Konsequenzen für die Praxis stellt Professor Beutel auf der Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am 26. März 2015 in Berlin vor.
Bei Abdruck Beleg erbeten.
Terminhinweise:
Pressekonferenz anlässlich des
Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Termin: Donnerstag, 26. März 2015, 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr
Ort: Senatssaal des Henry-Ford-Baus der Freien Universität Berlin
Cybersexsucht bei Männern und Frauen im Vergleich
Vortrag: M. Bradt
Symposium: Verhaltenssucht
Termin: 27. März 2015, 13.30 bis 15.00 Uhr
Ort: HS 106, Henry-Ford-Bau der Freien Universität Berlin
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Pressekonferenz anlässlich des
Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
„Psycho – Somatik: Dialog statt Dualismus“
Termin: Donnerstag, 26. März 2015, 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr
Ort: Senatssaal des Henry-Ford-Baus der Freien Universität Berlin
Anschrift: Garystraße 35, 14195 Berlin-Dahlem
Themen und Referenten:
*Am Bildschirm statt auf der Couch – Neue Medien in der Psychotherapie
Professor Dr. med. Stephan Zipfel
Kongresspräsident, Vorsitzender des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin (DKPM); Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin VI (Psychosomatische Medizin und Psychotherapie), Universitätsklinikum Tübingen
*Angst durch Krieg, Armut und Gewalt: Wie wir traumatisierten Flüchtlingen helfen können
Professor Dr. med. Johannes Kruse
Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) und Ärztlicher Direktor der Kliniken für Psychosomatik und Psychotherapie, Universitätskliniken Gießen und Marburg
*Hitzewallungen, Schlafstörungen & Co: Sind wirklich alle Symptome der Wechseljahre hormonbedingt?
Professorin Dr. med. Kerstin Weidner
Klinikdirektorin der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus, Dresden
*Macht „immer online“ schon Jugendliche einsam? Wie exzessive Internetnutzung die Bindungsfähigkeit von Heranwachsenden beeinflusst
Professor Dr. med. Manfred Beutel
Direktor der Klinik und Polyklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsmedizin Mainz
*Schnellere Hilfe für Patienten mit psychischen Problemen - Das Hamburger Netzwerk für somatoforme Störungen
Professor Dr. med. Bernd Löwe
Direktor des Instituts und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
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Kontakt für Journalisten:
Pressestelle Psychosomatik-Kongress
Janina Wetzstein
Kerstin Ullrich
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-457
Fax: 0711 8931-167
wetzstein@medizinkommunikation.org
ullrich@medizinkommunikation.org
http://www.deutscher-psychosomatik-kongress.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Pressetermine
Deutsch
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