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03.03.2015 17:12

Notfallverhütung - Sicherheit für Mädchen und Frauen gewährleisten

Annette Affhüppe Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V.

    Notfallverhütung
    - Sicherheit für Mädchen und Frauen gewährleisten
    - Beratungsinhalte in der Apotheke erweitern
    - Einführung der Rezeptfreiheit mit einer Evaluation begleiten

    Mit großer Besorgnis sehen die Präsidenten des Berufsverbandes der Frauenärzte, der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin der Einführung der Rezeptfreiheit für die Notfallverhütung entgegen.
    Denn in den Handlungsempfehlungen für die Beratung, die die ABDA – Bundesvereinigung der Apothekerverbände – für die Apotheken herausgegeben hat, sind grundlegende Beratungsinhalte nicht enthalten.

    Dazu zählen im Wesentlichen
    • die nachlassende Wirkung von Levonorgestrel (LNG) bei einem Körpergewicht von über 75 kg,
    • die nachlassende Wirkung von Ulipristalacetat (UPA) bei einem Körpergewicht von über 90 kg und
    • der Hinweis darauf, dass eine Kupferspirale eine sichere Alternative ist, die vom Körpergewicht der Frau unabhängig ist.
    • Auch ist eine Kupferspirale das Mittel der Wahl, wenn der Zeitpunkt des ungeschützten Sex bereits länger verstrichen ist.
    Diese Fakten sind seit langem bekannt; auch aktuelle Veröffentlichungen in der Deutschen Apotheker Zeitung (DAZ) bestätigen dies. In den Unterlagen, die die Apothekerkammern ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen, finden sie jedoch keine Erwähnung. Die Kupferspirale wird in den Unterlagen der Apothekerkammern nicht erwähnt. Sie ist in jedem Fall die sicherste Notfallmaßnahme nach ungeschütztem Sex.
    Zudem müssen Mädchen und Frauen unbedingt bis zum Eintreten der nächsten Monatsblutung nichthormonell verhüten, also mit einer Barrieremethode wie Kondom oder Diaphragma. Dies gilt auch dann, wenn sie die Pille einnehmen und dies – nach einem Einnahmefehler – nach der Verwendung der Notfallverhütung fortsetzen. Bis zur nächsten Menstruation wirkt die Pille nicht mehr, wenn eine Notfallverhütung verwendet wurde.
    Zudem schützt die Notfallverhütung nicht bei weiteren, späteren ungeschützten Sexualkontakten im gleichen Zyklus.
    Es ist zu befürchten, dass diese unverzichtbaren Informationen in den Apotheken nicht in jedem Fall mit der gebotenen Dringlichkeit an Mädchen und Frauen weitergegeben werden. Eine fehlerhafte Beratung erhöht jedoch die Gefahr unerwünschter Schwangerschaften dramatisch.
    Deutschland hat die weltweit niedrigste Rate an Schwangerschaftsabbrüchen bei Teenagern und eine der weltweit niedrigsten Raten an Schwangerschaftsabbrüchen überhaupt. Die Frauenärztinnen und Frauenärzte Deutschlands wünschen sich, dass das so bleibt. Die derzeit festgelegten Inhalte für die Beratung in den Apotheken geben Anlass zu der Befürchtung, dass die Abbruchraten als Folge einer lückenhaften Aufklärung künftig ansteigen könnten.
    Geplante Regelungen schützen nicht ausreichend vor Missbrauch
    Zudem ist zu befürchten, dass die vorgesehene Regelung zur Abgabe der Notfall-verhütung Missbrauch nicht ausreichend ausschließt. So kann nach derzeitigem Stand das Arzneimittel auch durch Dritte gekauft werden; eine persönliche und vertrauliche Beratung des betroffenen Mädchens bzw der betroffenen Frau würde dann unterbleiben. Gerade nach einem Gewaltdelikt innerhalb gefestigter sozialer Strukturen sehen wir hier erhebliches Gefahrenpotential für die betroffenen Mädchen und Frauen.
    Des Weiteren kann Vorratshaltung mit dem jetzigen Modell nicht ausgeschlossen werden. UPA ist jedoch nur bei Einnahme einer einzigen 30-mg-Dosis sicher. Wenn es höher dosiert wird und bereits eine Schwangerschaft vorliegt, so besteht die Gefahr lebensbedrohlicher Blutungen. Eine solche Komplikation könnte ausgeschlossen werden, wenn das Arzneimittel bereits in der Apotheke eingenommen werden muss.
    Alle hier vorgebrachten Argumente sind der ABDA bekannt. Sie wurden jedoch in den Handlungsempfehlungen zur Abgabe der Notfallkontrazeption nicht umgesetzt.

    „Noch haben die Apotheker es in der Hand, bis zur Einführung der Rezeptfreiheit und auch nach diesem Stichtag alle von uns vorgebrachten Bedenken aufzunehmen und in den Beratungsunterlagen für die Apotheken zu berücksichtigen“, betonen die Präsidenten des Berufsverbandes der Frauenärzte, Dr. med. Christian Albring, der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Prof. Dr. med. Diethelm Wallwiener und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin, Prof. Dr. med. Thomas Rabe. „Wir apellieren an den Vorstand der ABDA, die Curricula, die Handlungsempfehlungen und die Checklisten für die Dokumentation kurzfristig zu überarbeiten. Die Sicherheit der Mädchen und Frauen und die Verhütung unerwünschter Schwangerschaften sollten an erster Stelle stehen. Es ist nicht sinnvoll, Informationen zurückzuhalten, die in dieser Situation von großer Bedeutung wären.“
    Evaluation sollte helfen, Sicherheitslücken aufzudecken
    Die drei Institutionen unterstützen zudem die Forderung der Bundesärztekammer, die Einführung der Rezeptfreiheit für die Notfallverhütung über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg durch eine Evaluation zu begleiten. Zwischenberichte sollten in järhlichem Abstand vorgelegt werden. Inhalte dieser Evaluation müssten sein:
    • Meldungen zu Nebenwirkungen nach Einnahme von LNG oder UPA zur Notfall-kontrazeption
    • Statistik der Schwangerschaftsabbrüche bei Teenagern und bei volljährigen Frauen
    • Erhebung über die Entwicklung der Zahl der verkauften Packungen an LNG und UPA zur Notfallkontrazeption.

    Mit einer solchen Evaluation könnte überprüft werden, ob die Einführung der Rezept-freiheit mit Sicherheitsrisiken für Mädchen und Frauen verbunden war. Es könnten dann Maßnahmen getroffen werden, um diese möglichen Sicherheitslücken aufzudecken und zu schließen.

    © BVF, DGGG, DGGEF 2015

    Ansprechpartner für die Medien
    Berufsverband der Frauenärzte e.V.
    Dr. med. Susanna Kramarz
    Oldenburgallee 60
    14052 Berlin
    Tel. 030- 308 123 12
    E-Mail: kramarz@medien.bvf.de

    Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V.
    Annette Affhüppe
    Hausvogteiplatz
    10117 Berlin
    Tel. 030 - 514 88 33 33
    E-Mail: presse@dggg.de

    Deutsche Gesellschaft für gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin e.V.
    Prof. Dr. med. Thomas Rabe
    Universitäts-Frauenklinik Heidelberg
    INF 440
    69120 Heidelberg
    E-Mail:thomas.rabe@med.uni-heidelberg.de


    Weitere Informationen:

    http://www.bvf.de
    http://www.dggg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin, Politik
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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