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04.03.2015 10:57

Elektromobilität in Deutschland: CO2-Bilanz hängt vom Ladestrom ab

Romy Klupsch Öffentlichkeit und Kommunikation
Öko-Institut e. V. - Institut für angewandte Ökologie

    Auch bei einer deutlich stärkeren Nutzung der Elektromobilität im Straßenverkehr wäre der gesamte Jahresstromverbrauch der Fahrzeugflotten im Vergleich zum sonstigen Stromverbrauch nur gering. Jedoch könnte eine ungesteuerte Aufladung, bei der die Fahrzeuge direkt nach der Verbindung mit dem Stromnetz so schnell wie möglich aufgeladen werden, zu problematischen Spitzenlasten im Stromsystem führen. Dies wäre nicht der Fall bei einer systemkostenoptimierten Aufladung, die überwiegend in den nachfrageschwachen Nachtstunden und von Photovoltaikstrom geprägten Mittagsstunden stattfände. Die Art der zusätzlichen Stromerzeugung und die resultierende CO2-Bilanz der Elektrofahrzeuge hängen vom Lademodus und den Annahmen zum zukünftigen Kraftwerkspark ab. Wenn die erneuerbaren Stromerzeugungskapazitäten über die bisherigen Ziele hinaus – und zwar im Umfang der Stromnachfrage der Elektrofahrzeuge – ausgebaut würden, könnten im Jahr 2030 netto bis zu 6,9 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.

    Zu diesen Ergebnissen kommen in einer aktuellen Studie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und das Öko-Institut, die im Rahmen eines europäischen Forschungsprojekts in unterschiedlichen Szenarien die Auswirkungen der Elektromobilität auf das deutsche Stromsystem und die CO2-Emissionen von Elektrofahrzeugen untersucht haben. „Die Einführung der Elektromobilität führt nur dann zu einer deutlichen Reduktion der CO2-Emissionen, wenn sie mit einem zusätzlichen Ausbau erneuerbarer Energien verknüpft würde – über die bisherigen Pläne hinaus“, sagen die Studienautoren Wolf-Peter Schill vom DIW Berlin und Peter Kasten vom Öko-Institut.

    Die Bundesregierung will den Bestand von Elektrofahrzeugen – also Pkw, die ihre Antriebsenergie zumindest teilweise aus dem Stromnetz beziehen und in Batterien speichern können – von derzeit rund 20.000 Fahrzeugen auf eine Million bis zum Jahr 2020 und danach weiter stark erhöhen. Den Simulationen zufolge wäre der jährliche Energiebedarf von rund fünf Millionen Elektrofahrzeugen mit ungefähr 1,6 Prozent des gesamten Stromverbrauchs im Jahr 2030 vergleichsweise gering. Ob das deutsche Stromnetz die zusätzlichen Ladeleistungen der Elektrofahrzeuge problemlos verkraftet, hängt allerdings stark davon ab, wie Elektrofahrzeuge geladen werden. Im Falle einer ungesteuerten Aufladung durch die Nutzer könnten die Spitzenlasten im Stromsystem insbesondere in den Abendstunden gefährlich steigen.

    Die Experten von DIW Berlin und Öko-Institut plädieren deshalb für eine „systemkostenoptimierte“ Aufladung vor allem in den nachfrageschwächeren Nachstunden oder in den durch Photovoltaik begünstigten Mittagsstunden. Eine derart optimierte Aufladung führt jedoch zu einem besonders hohen Anteil von Stein- und Braunkohlestrom, denn Kohlekraftwerke können zu relativ niedrigen Kosten Strom erzeugen und weisen in den Zeiten der optimierten Fahrzeugaufladung eine hohe Verfügbarkeit auf. Um überdurchschnittlich hohe CO2-Emissionen beim Ladestrom zu vermeiden, wäre es deshalb sinnvoll, einen entsprechenden zusätzlichen Ausbau erneuerbarer Stromerzeugungskapazitäten vorzusehen. „Aus Systemsicht ist dabei unerheblich, ob die zusätzliche Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien durch eine passgenaue Aufladung vollständig von den Elektrofahrzeugen aufgenommen wird, oder ob sie teilweise auch die sonstige Stromnachfrage deckt“, so Schill.

    CO2-Emissionen verlagern sich in den Stromsektor

    Durch die Einführung der Elektromobilität verlagern sich die CO2-Emissionen vom Verkehrs- in den Stromsektor. Die Elektromobilität weist nur dann eine positive CO2-Bilanz auf, wenn im Straßenverkehr durch den Einsatz elektrisch angetriebener Pkw mehr Emissionen eingespart werden, als im Kraftwerksbereich durch die zusätzliche Stromproduktion neu entstehen. Unter der Annahme einer Fortschreibung der heute bestehenden politischen Rahmenbedingungen würde im Jahr 2030 die durch Elektrofahrzeuge verursachte Reduktion der CO2-Emissionen im Straßenverkehr durch Mehremissionen im Stromsektor um bis zu 1,6 Millionen Tonnen CO2 überkompensiert werden – die Emissionen würden also in einer Größenordnung von einem Prozent der derzeitigen CO2-Emissionen der Pkw in Deutschland steigen. Würden die erneuerbaren Stromerzeugungskapazitäten dagegen über die heutigen Ausbauziele hinaus – und zwar im Umfang der Stromnachfrage der Elektrofahrzeuge – ausgebaut, könnten im Jahr 2030 netto bis zu 6,9 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, was gut sechs Prozent der derzeitigen Pkw-Emissionen in Deutschland entspricht. „Nur mit einem solchen zusätzlichen Ausbau ließe sich das CO2-Minderungspotenzial der Elektromobilität voll ausschöpfen“, so Peter Kasten vom Öko-Institut.

    Artikel Elektromobilität in Deutschland: CO2-Bilanz hängt vom Ladestrom ab im DIW-Wochenbericht
    http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.497917.de/15-10.pdf

    Studie „DEFINE: Development of an Evaluation Framework for the Introduction of Electromobility des Öko-Instituts
    http://www.oeko.de/oekodoc/2160/2014-710-en.pdf

    Diskussionspapier “Power System Impacts of Electric Vehicles in Germany: Charging with Coal or Renewables?” des DIW
    http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.494890.de/dp1442.pdf

    Inhaltlicher Ansprechpartner am Öko-Institut:
    Peter Kasten
    Senior Researcher im Institutsbereich Infrastruktur & Unternehmen
    Öko-Institut e.V., Büro Berlin
    Telefon: +49 30 405085-349
    E-Mail: p.kasten(at)oeko.de

    Inhaltlicher Ansprechpartner am DIW:
    Wolf-Peter Schill
    Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin)
    Telefon: +49 30 89789-675
    E-Mail: wschill(at)diw.de

    Öko-Institut:
    Das Öko-Institut ist eines der europaweit führenden, unabhängigen Forschungs- und Beratungsinstitute für eine nachhaltige Zukunft. Seit der Gründung im Jahr 1977 erarbeitet das Institut Grundlagen und Strategien, wie die Vision einer nachhaltigen Entwicklung global, national und lokal umgesetzt werden kann. Das Institut ist an den Standorten Freiburg, Darmstadt und Berlin vertreten.

    Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin):
    Das DIW Berlin ist eines der größten Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland. Die Kernaufgaben sind anwendungsorientierte Grundlagenforschung, wirtschaftspolitische Beratung und das Bereitstellen von Forschungsinfrastruktur. Als unabhängige Institution ist das DIW Berlin ausschließlich gemeinnützigen Zwecken verpflichtet. 1925 wurde das DIW Berlin als Institut für Konjunkturforschung gegründet. Seit 1982 wird auch die Forschungsinfrastruktureinrichtung SOEP, eine Langzeitstudie am DIW Berlin, gefördert. Seinen Sitz hat das DIW seit seiner Gründung in Berlin. Als Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft wird das DIW Berlin überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert.

    Kontakt Pressestelle Öko-Institut:
    Tel.: +49 761 452 95-222
    Fax: +49 761 452 95-288
    E-Mail: presse@oeko.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Energie, Umwelt / Ökologie, Verkehr / Transport, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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