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13.03.2015 09:18

Universität des Saarlandes startet Studie zur Kündigungspraxis in Deutschland

Thorsten Mohr Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    Kündigungen sind ein unangenehmes Thema. Wie aber Kündigungen in deutschen Unternehmen eigentlich ablaufen, dazu gibt es so gut wie keine Forschung. Um hier Licht ins Dunkel zu bringen, hat die Universität des Saarlandes (Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie) in Kooperation mit Balfanz Unternehmensentwicklung einen Fragebogen zur Kündigungspraxis online veröffentlicht und bittet Unternehmen um ihre Teilnahme. Das langfristige Ziel ist es, Trainings und Empfehlungen für ein faires Trennungsmanagement zu entwickeln.

    Wenn ein Angestellter die Firma verlässt, wird das üblicherweise als eine normale Veränderung im Berufsleben angesehen. Kündigt aber die Firma, so wird die Kündigung oft als Ungerechtigkeit, Niederlage oder Demütigung erlebt. Gekündigt zu werden hat in der Regel weitreichende Folgen für den Angestellten, sowohl für seine finanzielle Situation und die damit verbundene Lebensqualität als auch für sein Wohlbefinden und sein Selbstwertgefühl.
    Aber auch für den Arbeitgeber ist eine Kündigung alles andere als erfreulich und durchaus mit Herausforderungen und Ängsten verbunden: die schlechte Nachricht muss überbracht werden, die Stimmung im Unternehmen kippt möglicherweise, der gute Ruf kann Schaden erleiden – und unter Umständen ist die Kündigung ein kostspieliges Unterfangen. Das fängt bei dem Ausfall des Mitarbeiters an, der sich krankschreiben lässt, und endet vor dem Arbeitsgericht. Pro Jahr gibt es 450.000 Kündigungsschutzklagen (Durchschnitt seit 2004; Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales).

    „Kündigungen in Deutschland scheinen alles andere als optimal zu laufen – doch diese Schlussfolgerung beruht ausschließlich auf Erfahrungswissen und Alltagsbeobachtungen“, sagt Cornelius König, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität des Saarlandes. Er und seine wissenschaftliche Mitarbeiterin, die Diplom-Psychologin Manuela Richter, wollen dazu beitragen, die dünne Forschungslage in Deutschland zu verbessern. Sie stellen Fragen wie: Werden die Vorgesetzten auf Kündigungsgespräche vorbereitet? Gibt es juristischen oder psychologischen Beistand? Wer spricht die Kündigung aus? Wer ist bei dem Gespräch anwesend? Ist der Betriebsrat eingebunden? Gibt es weitere Gespräche mit dem Mitarbeiter nach dem eigentlichen Kündigungsgespräch?

    „Wir möchten von den Unternehmen selbst erfahren, wie bei ihnen Kündigungen ablaufen und eine neutrale Bestandsaufnahme zur Kündigungspraxis in Deutschland machen. Im zweiten Schritt werden die Daten dann interpretiert, und wir werden sehen, ob Kündigungen wirklich so problematisch sind, wie es den Anschein hat. Im dritten Schritt wollen wir praktische Maßnahmen zur Verbesserung erarbeiten“, erläutert Cornelius König.
    Die Universität des Saarlandes bittet alle Unternehmer, Führungskräfte und Verantwortliche im Personal-/HR-Bereich, sich an der Umfrage zu beteiligen. Selbstverständlich werden alle Daten anonym erhoben und vertraulich behandelt. Die Studie ist online unter ww3.unipark.de/uc/praxiskuendigungen zugänglich.

    Um sicherzustellen, dass der Fragenbogen so nah wie möglich am Alltag in deutschen Unternehmen ist, kooperieren Cornelius König und Manuela Richter bei dieser Studie mit einem Partner aus der Praxis, dem in Baden-Baden ansässigen Unternehmen „Balfanz Unternehmensentwicklung“. Harald Balfanz ist seit über drei Jahrzehnten als Interims-Personalmanager tätig und hat in dieser Zeit Einblick in die verschiedensten Firmen – und auch in ihre Kündigungspraxis – gewonnen. „Das System ist einfach verkehrt“, meint Balfanz. „Es gibt im Grunde genommen zwei Verlierer: der Arbeitgeber, der eine hohe Abfindung zahlen muss, und der Arbeitnehmer, der auf der Straße sitzt und dessen Abfindung – die ohnehin durch die Versteuerung stark geschmälert wird – nach einiger Zeit aufgezehrt ist. Die einzigen Gewinner sind die Anwälte und die Richter, die an solchen juristischen Vorgängen verdienen.“
    Seiner Erfahrung sind jenseits einer Kündigungsschutzklage konfliktfreie Trennungen möglich, die für beide Parteien fair und gesichtswahrend sind. „Auf beiden Seiten gibt es Ängste, Unsicherheiten, rechtliche Wissenslücken und mangelnde Kreativität beim Finden alternativer Lösungen“, sagt Balfanz. Er begleitet den gekündigten Arbeitnehmer, bis dieser eine neue Stelle gefunden und dort die Probezeit bestanden hat.
    „Eine Kündigung ist immer auch eine Chance für eine positive Veränderung – auf beiden Seiten“, meint Balfanz abschließend. „Wenn die Trennung aber, wie es heute gängige Praxis ist, nur unter juristischen Gesichtspunkten erfolgt und nicht auf Basis von strategischem Personalmanagement, dann bleibt diese Chance ungenutzt.“

    Kontakt:
    Prof. Dr. Cornelius König
    E-Mail: ckoenig@mx.uni-saarland.de
    Telefon: (0681) 3023629

    Harald Balfanz
    Balfanz Unternehmensentwicklung
    Baden-Baden
    E-Mail: info@balfanz-ue.de
    Telefon: (07223) 8080066


    Weitere Informationen:

    http://ww3.unipark.de/uc/praxiskuendigungen


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter
    Psychologie, Wirtschaft
    regional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

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