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26.03.2015 15:17

Soziale Botschaft macht Zusatzschmuck bei Zebrafinken attraktiv

Katja Knoche Presse- und Kommunikationsstelle
Universität Siegen

    Hat ein Zebrafinkenweibchen einen Partner mit künstlicher roter Haube, wird das Merkmal für andere Weibchen attraktiv.

    Ein Zebrafink ist ein schmuckes Kerlchen. Die Vögel haben intensivrote Schnäbel. Die Wangen sind orange-braun. Ein schwarzes Brustband und kastanienbraune Flanken mit weißen Tupfen komplettie-ren das männliche Federkleid. Die Weibchen kommen farblich dezenter daher. Markant ist bei ihnen vor allem der orange-rote Schnabel. Kann man solch ausgeprägt männliche Attraktivität weiter top-pen? Mit dieser Frage beschäftigte sich die Siegener Biologie-Professorin Dr. Klaudia Witte bereits in ihrer Doktorarbeit. Sie setzte den Männchen rote Hauben auf – mit dem Ergebnis, dass der Zusatz die Männchen in den Augen der Weibchen „overdressed“ erscheinen ließ. Sie zeigten den Finken mit ro-ter Haube in sprichwörtlichem Sinne die kalte Schulter, ließen sich vom Zusatzschmuck nicht beeindru-cken.

    Was aber ist, wenn Weibchen den Eindruck gewinnen, andere Weibchen stehen auf Partner mit roten Hauben? Kann diese soziale Botschaft die Partnerwahl beeinträchtigen und verändern? „Unterstützt das Kopieren der Partnerwahl die Evolution neuer Schmuckmerkmale beim Zebrafinken?“, lautet der Titel der Doktorarbeit von Diplom-Biologin Nina Kniel. Um diese Frage zu beantworten, führt die 32-Jährige, die in Bonn Biologie studierte, seit rund fünf Jahren Versuche durch. Etwa 140 Zebrafinken leben in Volieren des Biologischen Instituts an der Universität Siegen. Es handelt sich um Nachkommen wilder australischer Artgenossen. Sie werden für Experimente zur Verhaltens- und Evolutionsbiologie eingesetzt. Und so funktioniert das Ganze: Ein Zebrafinkenweibchen sitzt allein in einem Vogelkäfig aus Holz und Maschendraht. Vor diesem Käfig stehen zwei kleinere Käfige nebeneinander. Im ersten Versuchsschritt ist der eine Käfig mit einem Finkenmännchen mit unauffälligem Kopfschmuck bestückt, im benachbarten Käfig sitzt ein Männchen mit roter Haube. Die Forscherin stoppt exakt die Zeit, in der das Weibchen sichtbar für jedes Männchen Interesse bekundet. Nina Kniel: „Das Weibchen zeigt keine latente Präfe-renz.“ Dem unauffälligen Männchen kommt allenfalls ein kleines Aufmerksamkeitsplus zu. Die Doktorandin: „Wir haben darauf geachtet, dass nur der Kopfschmuck die Vögel unterscheidet. Gewicht, Größe, Gesang und Balzbereitschaft sind gleich.“

    In einer Zweiten Beobachtungsphase erblickt das Weibchen in einem Käfig allein ein unauffälliges Männchen, im zweiten Käfig ein Pärchen, das Männchen trägt eine rote Haube. Wird nun der erste Versuch wiederholt, zieht das Weibchen das Männchen mit Haube dem unauffälligen Geschlechtsge-nossen eindeutig vor. Die soziale Botschaft ist angekommen: Ein Männchen mit Haube hat ein Weib-chen, ein Männchen ohne Haube ist allein. Klaudia Witte: „Wir zeigen dem Testweibchen, das ein an-deres Weibchen das Männchen mit Haube attraktiv findet und ihn zum Partner gewählt hat.“ Der Ef-fekt des Kopierens ist allerdings nicht dauerhaft. Das Aussehen des Männchens - vor allem die rote Haube - ist durch Kopieren zu einem neuen Kriterium der Partnerwahl geworden. Nina Kniel: „Durch das Kopieren scheint die Haube zum Qualitätsmerkmal zu werden.“ Die Biologinnen der Universität Siegen haben den Phänotyp künstlich verändert und durch die Käfigbestückung soziale Botschaften vermittelt. Die Doktorandin: „Weibchen verändern dadurch ihre Präferenz.“ Bei Männchen gelingt das nicht. Äußere Merkmale scheinen für Männchen bei der Partnerwahl nicht wirklich ausschlaggebend zu sein. Sie legen offenbar andere Kriterien an.

    Die Biologinnen haben keine Genveränderung vorgenommen, um Männchen ein verändertes Äußeres zu geben. In der Tierwelt kommt es aufgrund der Evolution durchaus zu genetischen Veränderungen. Ein Beispiel ist der Schwertträger. Manche dieser Fische haben eine ausgeprägte Verlängerung der unteren Knochenstrahlen der Schwanzflosse, andere eine eher kurze Verlängerung, wieder andere überhaupt keine. Präferieren Weibchen dauerhaft eine dieser Ausprägungen, werden die entspre-chenden Gene gekoppelt weitergegeben. Klaudia Witte: „Es kommt zu einem Verstärkungsprozess.“ Auf der anderen Seite kann es sein, dass eine Ausprägung auf weniger Zuspruch trifft: „Dann ist die Reduktion des Merkmals die Folge.“
    Die Zebrafinken an der Universität Siegen tragen ihre roten Hauben nur zeitweilig und zur Verhaltens-forschung. Experimente mit anderen Zebrafinken, die zur Kontrolle der Ergebnisse durchgeführt wur-den, haben gezeigt, dass Weibchen die rote Haube nur im Zuge des Kopierens präferieren - frei nach dem Motto: Was die hat, will ich auch haben.
    Über ihre Forschungsergebnisse publizierte das Team rund um Prof. Dr. Klaudia Witte jüngst im Fach-magazin „Behavioral Ecology“.


    Bilder

    Doktorandin Nina Kniel (li.) und Prof. Dr. Klaudia Witte erforschen das Partnerwahlverhalten von Zebrafinken.
    Doktorandin Nina Kniel (li.) und Prof. Dr. Klaudia Witte erforschen das Partnerwahlverhalten von Zeb ...
    Katja Knoche/Universität Siegen
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    Ein Zebrafinken-Pärchen.
    Ein Zebrafinken-Pärchen.
    Katja Knoche/Universität Siegen
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Tier / Land / Forst
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Doktorandin Nina Kniel (li.) und Prof. Dr. Klaudia Witte erforschen das Partnerwahlverhalten von Zebrafinken.


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    Ein Zebrafinken-Pärchen.


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