Interdisziplinäres Kolloquium am 9. und 10. Mai 2003 / Erinnerung
Krieg und Militär sind seit Beginn der neunziger Jahre zunehmend ein Gegenstand der historischen und sozialwissenschaftlichen Forschung. Auch die Geschlechterforschung befasst sich intensiv mit diesem Thema. Sie untersucht nicht nur, wie Militär und Krieg sich auf die Ausformung der Geschlechterbilder und -beziehungen und die Ausgestaltung der Handlungsspielräume von Männern und Frauen auswirken, sondern fragt zugleich inwieweit die jeweilige Ausgestaltung von Militär und Krieg durch Geschlechterbilder geformt wird. Zudem analysiert sie die geschlechtsspezifische Beteiligung von Frauen und Männern am kriegerischen Geschehen sowie dessen unterschiedliche Wahrnehmung, Deutung und Erinnerung durch Frauen und Männer. Militär und Krieg werden so als sozial und kulturell geformte historische Phänomene mit erheblicher geschlechterpolitischer Relevanz sichtbar.
Parallel zum militärgeschichtlichen Forschungsboom ist das Interesse an der Friedens- und Konfliktforschung jedoch zurückgegangen. Dies hat zu einem insgesamt unausgewogenen Forschungsfeld geführt, nicht nur weil Fragen von Krieg und Frieden eng zusammenhängen und bellizistische und pazifistische Diskurse häufig unmittelbar aufeinander bezogen waren und sind, sondern auch weil der Friedensbewegung und Friedenspolitik, insbesondere den wichtigen Problemen von Demilitarisierung und "Peacekeeping" und deren geschlechterpolitischer Dimension, zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde.
Das Interdisziplinäre Kolloquium "Pazifistinnen / Pazifismus - Friedens- und Konfliktforschung als Geschlechterforschung" möchte hier eine Änderung einleiten. Es wird vom Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung der TU Berlin und der Heinrich-Böll-Stiftung, in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung und dem Arbeitskreis Historische Friedensforschung Berlin veranstaltet. Wir möchten Sie noch einmal darauf aufmerksam machen (siehe auch Pressemitteilung Nr. 42 vom 14. März 2003. Eine Anmeldung zum Kolloquium für Interessierte ist nicht mehr möglich. Journalistinnen und Journalisten sind zur Berichterstattung jedoch herzlich eingeladen. Das detaillierte Programm entnehmen Sie bitte den folgenden Seiten:
Beginn: am Freitag, dem 9. Mai 2003, um 10.30 Uhr
Ort: Heinrich-Böll-Stiftung, Hackesche Höfe, Rosenthaler Str. 40/41, 10178 Berlin
Im Mittelpunkt des Interdisziplinären Kolloquiums soll die Frage stehen, wie in den historischen und aktuellen Diskursen zu Friedenspolitik, Demilitarisierung, und "Peacekeeping" Weiblichkeit und Männlichkeit konstruiert werden und wie umgekehrt Geschlechterbilder die Möglichkeiten und Grenzen der Demilitarisierung und die Ausformung von Friedenspolitik und Peacekeeping beeinflussen. Der Zeitraum, der dabei in den Blick genommen wird, reicht von den Anfängen der pazifistischen Bewegung im späten 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Neue Ansätze und Ergebnisse aus der historischen und sozialwissenschaftlichen Friedens- und Konfliktforschung sollen vorgestellt und diskutiert werden. Ziel ist es dabei nicht nur die aktuelle Relevanz einer als Geschlechterforschung betriebenen Friedens- und Konfliktforschung zu zeigen. Zugleich soll das überkommene Bild von Pazifistinnen und Pazifisten sowie Pazifismus in Geschichte und Gegenwart differenziert werden.
PROGRAMM:
Freitag, 9. Mai 2003
10.30 - 11.00 Uhr Begrüßung und Eröffnung
Barbara Unmüßig, Heinrich-Böll-Stiftung
Karen Hagemann, Universität Trier / TU Berlin
Peter Schlotter, AG für Friedens- und Konfliktforschung
Christian Jansen, Arbeitskreis Historische Friedensforschung
11.00 - 12.00 Uhr Friedensforschung als Geschlechterforschung Entwicklung und aktuelle Trends. Zwei Einführungen
Die politik- und sozialwissenschaftliche Friedens- und Konfliktforschung als Geschlechterforschung
Hanne-Margret Birckenbach, Schleswig-Holstein Institute for Peace Research
Die historische Friedensforschung als Geschlechterforschung
Thomas Kühne, Universität Bielefeld
Kommentar und Moderation: Karen Hagemann, Universität Trier /
TU Berlin
12.00 - 12.45 Uhr Diskussion
14.00 - 14.40 Uhr Verweiblichte Männer - Vermännlichte Frauen. Geschlechtervorstellungen in den Debatten deutscher PazifistInnen, 1892 - 1933
Jennifer Davy, TU Berlin,
Kommentar: Sven Reichardt, WZB Berlin
Moderation: Christian Jansen, Ruhr-Universität Bochum
14.40 - 15.20 Uhr Diskussion
15.40 - 16.20 Uhr Frieden als Frauenaufgabe? Diskurse über Frieden und Geschlecht in der bundesdeutschen Frauenbewegung der 1950er und 1960er Jahre
Irene Stoehr, Universität Hannover
Kommentar: Marianne Zepp, Heinrich Böll Stiftung
Moderation: Dorothee Wierling, Universität Hamburg
16.20 - 17.00 Uhr Diskussion
17.20 - 17.40 Uhr Geschlecht, Gewalt, Pazifismus - 1968 und die Anti-Vietnamkriegsbewegung in der Bundesrepublik
Ute Kätzel, Berlin
Kommentar: Bernd Greiner, Hamburger Institut für Sozialforschung
Moderation: Peter Strutynski, Universität Gesamthochschule Kassel
17.40 - 18.20 Uhr Diskussion
Sonnabend, 10. Mai 2003
9.30 - 10.10 Uhr Frieden, Protest, Geschlecht. Abrüstungs- und Friedensaktivitäten in der Bundesrepublik der 1970er und 1980er Jahre
Belinda Davis, Rutgers University, New Jersey
Kommentar: Ruth Stanley, FU Berlin
Moderation: Dieter Rucht, WZB Berlin
10.10 - 10.50 Uhr Diskussion
11.10 - 12.00 Uhr Peacebuilding Gendered: Zur Bedeutung der Geschlechterdimension in der Analyse und Bearbeitung ethnopolitischer Gewaltkonflikte
Martina Fischer, Berghof-Forschungszentrum für konstruktive Konfliktbearbeitung, Berlin
Kommentar: Volker Böge, Universität Duisburg
Moderation: Regine Mehl, Arbeitsstelle Friedensforschung, Bonn
12.00 - 12.40 Uhr Diskussion
14.00 - 16.00 Uhr Friedens- und Sicherheitspolitik als Geschlechterpolitik.
Aktuelles Forum zum Thema: "Militärische Gewalt versus Dialog - der Irakkonflikt aus der Geschlechterperspektive"
Leitung und Moderation: Gitti Hentschel. Heinrich-Böll-Stiftung,
Feministisches Institut
16.20 - 17.00 Uhr Diskussion
17.20 - 18.00 Uhr Schlussvortrag: Plädoyer für eine Genderperspektive in der Friedens- und Konfliktforschung.
Ruth Seifert, Fachhochschule Regensburg
Kommentar: Peter Schlotter, Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung
Moderation: Karen Hagemann, Universität Trier / TU Berlin
18.00 - 18.40 Uhr Abschlussdiskussion
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern Prof. Dr. Karen Hagemann, Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung der TU Berlin, Tel.: 030/314-26974, Fax: -26988, E-Mail: hagemann@kgw.tu-berlin.de
http://www.tu-berlin.de/presse/pi/2003/pi84.htm
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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