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05.05.2003 16:41

Entwurf einer europäischen Verfassung

Heidi Neyses Kommunikation & Marketing
Universität Trier

    Politik-Studenten der Universität Trier
    erarbeiten eine Verfassung für die EU: Vorstellung des Projekts am 08. Mai im Trierer Rathaus. Europa hat eine neue große Baustelle. Der Europäische Konvent erhielt im Dezember 2001 den Auftrag, unter Leitung von Valérie Giscard D'Estaing, noch vor der nächsten großen Beitrittswelle das Vertragswerk der Union zu reformieren. Grund genug für den Lehrstuhl für Internationale Beziehungen und Außenpolitik der Universität Trier, ein Seminar zu diesem hochspannenden und zugleich auch brisanten Thema anzubieten! Es wurde von Prof. Dr. Hanns W. Maull und Romain Kirt geleitet und war unter der Überschrift "Von der Wirtschaftsgemeinschaft zur Föderation? Die Zukunfts- und Verfassungsdebatte der Europäischen Union" angekündigt worden. Ein Thema, das an Aktualität nicht zu überbieten war: Daher stieß das Seminar bei den StudentInnen des Faches auf große Resonanz.

    Die Vorstellung dieses Projekts zur Erarbeitung eines Verfassungsentwurfs für die Europäische Union wird am 8. Mai 2003, 18.30 Uhr, im Rahmen einer Veranstaltung der Europa Union im Rathaus der Stadt Trier präsentiert und zur Diskussion gestellt. Weitere Veranstaltungen in Rheinland-Pfalz, Saarland und Luxemburg sind geplant.

    Informationen zum Projektverlauf
    Das Seminar gliederte sich in zwei Teile, wobei im ersten Teil der Veranstaltung der Schwerpunkt darin lag, den Teilnehmern einen Überblick über die Fundamente der Verfassungsproblematik sowie politischer Ordnungen im Allgemeinen zu geben. Diese Erkenntnisse wurden dann auf den europäischen Integrationsprozess übertragen, um erste Schlussfolgerungen für die aktuelle Debatte um eine Europäische Verfassung zu gewinnen. Parallel dazu wurden von Arbeitsgruppen Entwürfe für Elemente einer europäischen Verfassung bearbeitet. Diese wurden dann im Rahmen eines Blockseminars zusammengeführt, und zu einem integralen Verfassungstext ausgearbeitet.
    Neben den wöchentlichen Sitzungen trafen sich die TeilnehmerInnen innerhalb ihrer Arbeitsgruppen, um ihre Teile des späteren Verfassungsentwurfs auszuarbeiten. Als Vorlage diente der erste Verfassungsentwurf des Europäischen Konvents, vorgelegt zeitgleich mit der ersten Sitzung des Hauptseminars Ende Oktober 2002 von Valérie Giscard D'Estaing. Dieses inhaltsleere Gerüst sollte mit Leben gefüllt werden. Die Arbeitsgruppen gliederten sich demnach in die Themenbereiche "Präambel", "Kompetenzen der EU", "das Institutionengefüge", "die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik" sowie "die Wirtschafts- und Sozialordnung".
    Immer am aktuellen Geschehen dran, war es für die TeilnehmerInnen des Seminars besonders wichtig, die für den Verfassungsgebungsprozess fundamentalen Entwicklungen in die Arbeit ihrer Teams mit einfließen zu lassen. Darüber hinaus wurden die gesammelten Reformvorschläge durch eigene Ideen ergänzt und mit Hilfe einschlägiger Literatur analysiert und bewertet. Einer Gruppe war es darüber hinaus vergönnt, ihre Ideen zur künftigen Wirtschafts- und Sozialordnung der EU, mit Jacques Santer (ehemaliger EU-Kommissionspräsident und heutiges Konventsmitglied für die luxemburgische Regierung) zu diskutieren.
    Ziel der Gruppenarbeit war es aber nicht, die Ergebnisse des Konvents im Kleinen zu reproduzieren. Vielmehr sollten innovative Ideen dem Verfassungsentwurf durchaus revolutionäre Züge verleihen. Um die Glaubwürdigkeit des späteren integralen Verfassungsentwurfs allerdings nicht zu schwächen, sollte die Durchsetzbarkeit der Reformvorschläge nicht aus den Augen verloren werden.
    Bereits im Verlauf des ersten Seminarteils traten immer wieder Diskussionspunkte ans Tageslicht, die auch die Arbeit zwischen den Gruppen beeinflussten. So konnte sich der geschulte Beobachter bereits auf interessante Streitgespräche im Zuge der Blockveranstaltung in der Europäischen Akademie in Otzenhausen freuen. (Möglich gemacht wurde die Veranstaltung dank der finanziellen Unterstützung der ASKO Europa-Stiftung aus Saarbrücken, die einen Teil der Tagungskosten übernahm) Beginn der Veranstaltung war der frühe Freitag Nachmittag. Eine Übernachtung war gleich miteingeplant, so dass einer vertieften Diskussion bis in die Nachtstunden nichts im Wege stand. Nachdem die Arbeitsgruppen bereits wenige Tage vor der Blockveranstaltung ihre ersten Verfassungsentwürfe zur Verfügung gestellt hatten, war es nun Ziel der Blockveranstaltung die unterschiedlichen Perspektiven in zentralen Fragen auf einen Nenner zu bringen. Ein kleiner Abriss zeigt wie breit die Diskussionsgrundlage war: Sollte Gott in der Präambel erwähnt werden? Wäre die Abschaffung des Europäischen Rates möglich und wünschenswert? Welche Rolle sollten die nationalen Armeen einnehmen, wenn es eine Europäische Armee gibt? Wie national soll die Europäische Union sein? Und: Gibt es die Europäische Identität überhaupt?
    Angesichts der teilweise sehr unterschiedlichen Ideen, war an gewissen Stellen der Rückgriff auf Abstimmungen und ein Mehrheitsvotum unumgänglich, um endlosen Kontroversen um Alternativen ein Ende zu setzen. Änderungsanträge mussten auf direktem Wege in die Vorentwürfe miteingearbeitet werden, weshalb dem offiziellen Ende des ersten Arbeitstages noch inoffizielle Teamtreffen folgten. Am zweiten Tag wurden dann abschließend die letzten Ergebnisse der Arbeitsgruppen sowie die geänderten Entwürfe vorgestellt. Das Hauptaugenmerk lag hier darauf, die Teilentwürfe in ein harmonisches Gesamtkonzept zu gießen. Nach Otzenhausen ging es dann an den redaktionellen Feinschliff des integrierten Verfassungsentwurfes: Legislativprozesse mussten angeglichen werden, die Wortwahl musste angepasst werden, damit beispielweise nicht plötzlich von einem Senat gesprochen wird, der eigentlich Staatenkammer heißen sollte.
    Auch außerhalb der Universitätsmauern stieß die Arbeit des Seminars auf reges Interesse. Neben einer Veröffentlichung im Trierischen Volksfreund kam es zu einer Kooperation zwischen dem Lehrstuhl für Internationale Beziehungen und Außenpolitik und der Europa-Union Trier, mit deren Unterstützung eine Präsentation über die zentralen Inhalte des Verfassungsentwurf in die Wege geleitet wurde. Studenten unterschiedlicher Fachrichtungen sowie Mitglieder der Europa Union fanden sich an einem Abend an der Universität ein, um gemeinsam über den fertigen Entwurf zu diskutieren. Interessant war, dass die im Laufe der Präsentation des "Trierer Verfassungsentwurfs" aufkommenden Fragen oftmals mit den Bereichen zusammenfielen, die auch innerhalb des Seminars für Zündstoff gesorgt hatten.
    Abschließend lässt sich sagen, dass die Teilnahme an diesem Seminar für alle eine Bereicherung darstellte. Durch diese Veranstaltungsform wurde praktisches Arbeiten ermöglicht- was in der Mehrzahl der Hauptseminare leider auf der Strecke bleibt. Im Rahmen der Blockveranstaltungen wurden darüber hinaus Arbeitsbedingungen geschaffen, die denen professioneller Politiker ähnelten. Man verfügte nur über ein knappes Zeitbudget, mit dem man maximale Erträge erzielen musste. Die Aussicht darauf, dass der Verfassungsentwurf auch an die Öffentlichkeit getragen wird, förderte im positiven Maße die Initiative der Teilnehmer. Veröffentlicht wurde der "Trierer Verfassungsentwurf" zunächst auf der Homepage des Lehrstuhls unter (http://www.politik.uni-trier.de/mitarbeiter/maull/ws0203/haupt.php.) Darüber hinaus wurden Exemplare den deutschen Konventsmitgliedern und der Bundesregierung zugesandt.

    Ansprechpartner:
    Professur für Internationale Beziehungen
    Prof. Dr. Hanns W. Maull
    0651/201-2129
    oder:
    Christine Streichert
    Mobil: 0179-7757489

    Universität Trier
    Pressemitteilung 96/2003
    Pressestelle
    Leitung: Heidi Neyses
    Tel.: 0651/201-4238
    Fax: 0651/201-4247
    E-Mail: Neyses@uni-trier.de


    Weitere Informationen:

    http://www.intrinet.de/campus/aktuell/703,54213.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht
    überregional
    Forschungsprojekte, Studium und Lehre
    Deutsch


     

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