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29.04.2015 10:44

Hormon- und Augenexperten raten: Spielen im Freien schützt Kinder vor Kurzsichtigkeit

Medizin - Kommunikation Medizinkommunikation
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    Bochum/München – Etwa jeder dritte Bundesbürger ist kurzsichtig – Tendenz steigend. Die sogenannte Myopie nimmt in vielen Staaten Europas, Amerikas und besonders stark in Südostasien geradezu epidemische Züge an. Dabei lässt sich der Fehlsichtigkeit womöglich relativ einfach vorbeugen: Mehrere Studien haben ergeben, dass Kinder umso seltener eine Kurzsichtigkeit entwickeln, je häufiger und länger sie sich im Freien aufhalten. Helles Licht fördert die Freisetzung von Dopamin in der Netzhaut und verhindert das Längenwachstum des Augapfels, erklären die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) und die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) anlässlich eines Fachartikels in Nature.

    Gemeinsame Presseinformation der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG)

    Viel Licht setzt Neurotransmitter Dopamin in der Netzhaut frei
    Spielen im Freien schützt Kinder vor Kurzsichtigkeit

    Bochum/München – Etwa jeder dritte Bundesbürger ist kurzsichtig – Tendenz steigend. Die sogenannte Myopie nimmt in vielen Staaten Europas, Amerikas und besonders stark in Südostasien geradezu epidemische Züge an. Dabei lässt sich der Fehlsichtigkeit womöglich relativ einfach vorbeugen: Mehrere Studien haben ergeben, dass Kinder umso seltener eine Kurzsichtigkeit entwickeln, je häufiger und länger sie sich im Freien aufhalten. Helles Licht fördert die Freisetzung von Dopamin in der Netzhaut und verhindert das Längenwachstum des Augapfels, erklären die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) und die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) anlässlich eines Fachartikels in Nature.

    Bei der Myopie ist in der Regel der Augapfel zu lang und damit die Entfernung der Hornhaut und Linse von der Netzhaut größer als normal. Kurzsichtige Menschen sehen weiter entfernte Gegenstände verschwommen, nahe Dinge können sie dagegen problemlos erkennen. Warum bei einigen Menschen Kurzsichtigkeit entsteht und bei anderen nicht, ist seit vielen Jahren Thema der Forschung. „Immer wieder werden Erbfaktoren genannt; Zwillingsstudien deuten darauf hin“, sagt Professor Dr. med. Dr. h. c. Helmut Schatz, Mediensprecher der DGE aus Bochum. „Dies kann aber nicht der einzige Grund sein“, sagt der DGE-Experte und verweist auf eine bereits 1969 veröffentlichte Studie, in der Inuit im Norden Alaskas untersucht wurden. Bei den noch in isolierten Gemeinschaften aufgewachsenen Erwachsenen waren nur zwei von 131 kurzsichtig. Bei ihren Kindern und Enkeln mit verändertem Lebensstil waren hingegen bereits mehr als die Hälfte betroffen. „So schnell kann sich das Erbgut kaum verändert haben“, betont Professor Schatz.

    Viele Studien einschließlich der kürzlich erschienenen „Gutenbergstudie“ aus Mainz haben gezeigt, dass Kurzsichtigkeit eng mit dem Ausbildungsstand verknüpft ist. Ausbildung beinhaltet mehr Lesen und mehr Aufenthalt in geschlossenen Räumen. Obwohl die meisten epidemiologischen Studien einen Zusammenhang zwischen Kurzsichtigkeit und „Naharbeit“ gefunden haben, ist nach Meinung von Professor Dr. rer. nat. Frank Schaeffel vom Forschungsinstitut für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Tübingen immer noch schwer zu fassen, was genau beim Lesen die Kurzsichtigkeit auslöst. Eine besondere Rolle nimmt hingegen der Faktor Tageslicht ein. „Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass der Aufenthalt im Freien bei Kindern einer Kurzsichtigkeit entgegenwirkt – vermutlich wegen der besseren Lichtverhältnisse“, erklärt der DOG-Experte. Denn in Innenräumen werden meist nicht mehr als 500 Lux erreicht, an sonnigen Tagen im Freien dagegen selbst im Schatten etwa 10 000 Lux, wie der Wissenschaftsjournalist Elie Dolgin unter Berufung auf australische Forschungsergebnisse im Wissenschaftsjournal Nature schreibt. Demnach schätzt Morgan, dass Kurzsichtigkeit bei Kindern verhindert werden kann, wenn sie täglich etwa drei Stunden lang mindestens 10 000 Lux ausgesetzt sind.

    Im Tiermodell konnte ein Zusammenhang von Licht mit Dopamin gezeigt werden. Versuche an Küken, die eine Injektion ins Auge mit dem Dopamin-Hemmstoff Spiperone erhielten, hob bei ihnen den schützenden Effekt des Lichts wieder auf. „Diese Erkenntnisse sind nicht nur ein Meilenstein für die Myopie-Forschung, sie zeigen auch die Bedeutung der Endokrinologie als interdisziplinäre Wissenschaft“, hebt Professor Schatz hervor. Für die beiden Experten ist die Konsequenz aus diesen Forschungsergebnissen klar: „Kinder sollten so viel wie möglich im Freien spielen.“

    Literatur:
    Elie Dolgin: The myopia boom. Nature 519, 276-278, 19. März 2015, doi:10.1038/519276a Artikel
    Helmut Schatz: Kurzsichtigkeit durch verminderte Dopaminbildung im Auge bei zu wenig Licht? - Kinder sollen mehr ins Freie! DGE-Blogbeitrag vom 10. April 2015. Blog-Beitrag
    Mirshahi A, Ponto KA, Hoehn R, Zwiener I, Zeller T, Lackner K, Beutel ME, Pfeiffer N. Myopia and level of education: results from the Gutenberg Health Study. Ophthalmology. 2014 Oct;121(10):2047-52. doi: 10.1016/j.ophtha.2014.04.01.Abstract

    Endokrinologie ist die Lehre von den Hormonen, Stoffwechsel und den Erkrankungen auf diesem Gebiet. Hormone werden von endokrinen Drüsen, zum Beispiel Schilddrüse oder Hirnanhangdrüse, aber auch bestimmten Zellen in Hoden und Eierstöcken, „endokrin“ ausgeschüttet, das heißt nach „innen“ in das Blut abgegeben. Im Unterschied dazu geben „exokrine“ Drüsen, wie Speichel- oder Schweißdrüsen, ihre Sekrete nach „außen“ ab.

    – Bei Abdruck Beleg erbeten. –

    Kontakt für Journalisten:
    Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)
    Dagmar Arnold
    Postfach 30 11 20
    70451 Stuttgart
    Telefon: 0711 8931-380
    Fax: 0711 8931-167
    arnold@medizinkommunikation.org


    Weitere Informationen:

    http://www.endokrinologie.net
    http://www.hormongesteuert.net Informationeskampagne "Hormongesteuert?!"
    http://www.facebook.com/dge.hormongesteuert


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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