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27.05.2015 08:55

Pilz aus Europa tötet Millionen Fledermäuse in Nordamerika

Jan Meßerschmidt Presse- und Informationsstelle
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

    Der aus Europa stammende Pilz Pseudogymnoascus destructans verursacht in den USA und in Kanada ein Massensterben von Fledermäusen. Der Pilz löst das White-Nose-Syndrom (WNS) aus. Ein internationales Wissenschaftlerteam konnte jetzt eine genetische Verbindung nachweisen, die die europäische Herkunft des Pilzes belegt. Die Studienergebnisse wurden in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Current Biology“ veröffentlicht. An dem Forschungsprojekt war der Greifswalder Wissenschaftler Dr. Sébastien Puechmaille vom Zoologischen Institut und Museum federführend beteiligt.

    Unterstützt wurde die Studie vom Royal Veterinary College/Zoological Society of London, der British Veterinary Zoological Society und Bat Conservation International.

    Beim White-Nose-Syndrom (WSN) handelt es sich um eine Krankheit, die erstmalig im Jahr 2006 bei Fledermäusen in Nordamerika festgestellt wurde. Laut Schätzungen starben seitdem mehr als fünf Millionen dieser Tiere in großen Teilen von Nordostamerika und Kanada an dieser Krankheit. Die Krankheit wurde nach dem weißen Pilz, Pseudogymnoascus (Geomyces) destructans, benannt, der die Schnauze, die Ohren und die Flügel von überwinternden Fledermäusen befällt.

    Der Pilz hat sich schnell in der gesamten Region verbreitet, was zu einem Massensterben führte. Teilweise starben bis zu 99 Prozent der Tiere. Es gibt weder eine Behandlungsmethode noch eine andere Möglichkeit, die Krankheit aufzuhalten. Wissenschaftler und Naturschützer vermuteten bereits, dass der Pilz aus Europa stammt und durch menschliche Aktivität nach Nordamerika eingeschleppt wurde. Dies wurde nun durch neue genetische Forschungen der Universität Greifswald, die zusammen mit dem Royal Veterinary College (RVC) und dem University College Dublin durchgeführt wurden, bestätigt. Der Pilz stammt aus Europa und kam wahrscheinlich durch menschliche Aktivität, wie Migration und Landwirtschaft, in die USA und Kanada.

    In der Studie wurde die Herkunft des Pseudogymnoascus destructans auf molekularer Ebene untersucht. Dies ermöglichte den Forschern, die genetische Ähnlichkeit zwischen dem europäischen und dem amerikanischen Pseudogymnoascus destructans zu untersuchen und zu beurteilen, ob Europa die Quelle der jüngsten Einführung des Erregers in Nordamerika ist.
    In der europäischen Fledermauspopulation wurde im Vergleich zur nordamerikanischen Population eine größere Vielfalt des Pilzes festgestellt. Das beweist seine lange Präsenz in Europa und unterstützt nachdrücklich die These, dass der Pilz von Europa in die östliche Region der USA eingeführt wurde.

    Stefania Leopardi vom RVC, eine der Forscherinnen des Projekts, sagt: „Angesichts der Tatsache, dass keine Fledermaus zwischen Nordamerika und Europa migriert, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Pilz durch anthropogene Aktivitäten in Nordamerika eingeführt wurde. Die Einfuhr neuer Erreger stellt eine unerwünschte Folge der Globalisierung und der bislang nie da gewesenen Bewegung von Menschen, Tieren und landwirtschaftlichen Produkten, dar.“

    Bei europäischen Fledermäusen führt der Pilz nicht zu dem gleichen Massensterben wie in Nordamerika. Einheimische, europäische Fledermäuse sind anscheinend resistent, was sich aus der Koevolution mit dem pathogenen Pilz ergibt. Dies stellte einen weiteren wesentlichen Faktor dafür dar, dass Europa als Herkunft des Erregers vermutet werden kann. „Der Nachweis, dass die nordamerikanische Population des Pseudogymnoascus destructans aus Europa stammt, stellt einen ersten wichtigen Schritt dar, um die Faktoren, welche dem Entstehen dieser verheerenden Krankheit zugrunde liegen, besser zu verstehen. Unsere Studie ebnet den Weg für künftige Forschung, um den genauen Ursprungsort in Europa festzustellen. Diese Information wird wahrscheinlich die genaue Art der menschlichen Aktivität aufzeigen, welche für die Einführung verantwortlich ist,“ sagt Dr. Sebastien Puechmaille von der AG Angewandte Zoologie und Naturschutz an der Universität Greifswald und Seniorautor dieses Artikels.

    Das White-Nose-Syndrom hat nicht nur verheerende Auswirkungen auf die Fledermauspopulation, es hat zudem weit reichendere Konsequenzen für das gesamte Ökosystem der Region. Bei überwinternden Fledermäusen in Nordamerika handelt es sich größtenteils um insektenfressende Fledermäuse, die eine wesentliche Rolle im Bereich der Insekten- und Schädlingsbekämpfung sowie der Bestäubung von Pflanzen spielen. Die Krankheit kann daher ein empfindliches Gleichgewicht stören, was ökologische Auswirkungen hat, die über den Verlust einer einzelnen Spezies hinausgehen.

    Weitere Informationen

    Dieser Artikel wurde in Current Biology veröffentlicht. [Leopardi, S., Blake, D., Puechmaille, S.J., 2015. White-Nose Syndrome fungus introduced from Europe to North America. Current Biology 25, R217-219 http://batlab.ucd.ie/~spuechmaille/papers/Leopardi_Blake-2015-White-Nose_Syndrome_fungus_introduced.pdf America DOI: 10.1016/j.cub.2015.01.047]. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0960982215000792

    AG Angewandte Zoologie und Naturschutz am Zoologischen Institut und Museum der Universität Greifswald http://www.mnf.uni-greifswald.de/institute/fr-biologie/institute-und-forschung/zool-institut-museum/angewandte-zoologie-und-naturschutz.html

    Ansprechpartner an der Universität Greifswald
    Dr. Sébastien Puechmaille
    Zoologisches Institut und Museum
    AG Angewandte Zoologie und Naturschutz
    Johann-Sebastian-Bach-Straße 11/12
    17489 Greifswald
    Telefon +49 3834 86-4068
    s.puechmaille@gmail.com


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Biologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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