Experte für Suchtforschung nimmt Stellung zu E-Zigaretten
Elektronische (E-)Zigaretten sind auf dem Vormarsch, doch was in Deutschland fehlt, ist der Verbraucherschutz. Mit diesem aktuellen Phänomen – rund zwei Millionen Deutsche sollen zur E-Zigarette greifen – beschäftigen sich die Gesundheits- und Drogenpolitik noch zu wenig. Prof. Dr. Heino Stöver, Professor für Suchtforschung an der Frankfurt University of Applied Sciences (FRA-UAS), appelliert im Rahmen des anstehenden Weltnichtrauchertags am 31. Mai für gesetzliche Regelungen und Verbraucherschutzbestimmungen, wie eine klare Ausweisung der Inhaltsstoffe von E-Zigaretten.
„Die Rat- und Tatlosigkeit der Drogenpolitik und der Verantwortlichen führt dazu, dass der wichtige Verbraucherschutz nur ungenügende Beachtung findet. Dadurch wird einerseits das Potenzial der E-Zigarette für Rauchstopp- bzw. Reduktionsversuche nicht annähernd ausgeschöpft. Andererseits besteht eine große Verwirrung über die Inhaltsstoffe und das eventuelle Gefährdungspotenzial für Jugendliche, die den süßlichen Aromen beim sogenannten ‚Dampfen‘ der E-Zigarette möglicherweise nicht abgeneigt sind“, erklärt Stöver. „Die Gesundheitsförderung sollte künftig dafür sorgen, Verbraucherinnen und Verbraucher von E-Zigaretten und Interessierte besser zu informieren und aufzuklären. Die E-Zigarette könnte so auch verstärkt für die Rauchprävention nutzbar gemacht werden.“
Die Gefahr des Dampfens kann nicht eindeutig bestimmt werden, da die Ausweisung der Inhaltsstoffe von E-Zigaretten, ob mit Nikotin oder Aromastoffen, fehlt. Auch E-Zigaretten können Spuren fremder Substanzen enthalten, allerdings seltener und in geringerem Maß als Tabak-Zigaretten. Gerauchter Tabak enthält etwa 4.000 chemische Stoffe, von denen mehrere Hundert toxisch sind. „Nüchtern betrachtet wären E-Zigaretten und E-Shishas hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Risiken am unteren Ende der Skala, etwa neben Produkten zum Nikotinersatz wie Nikotinpflastern anzusiedeln, Tabak-Zigaretten jedoch ganz oben“, ergänzt Stöver. Untersuchungen zeigen, dass die E-Zigarette einem Teil der Tabaknutzer/-innen helfen kann, von der Tabakabhängigkeit loszukommen oder zumindest den Tabakkonsum zu reduzieren. Die E-Zigarette soll etwa ebenso effektiv wie Nikotinpflaster sein. „E-Zigaretten sind offenbar eine kleine Hilfe – nicht mehr, aber auch nicht weniger, angesichts der hohen Zahl an Tabakraucherinnen und -rauchern in Deutschland. Laut aktuellem Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung sind immerhin 24,5 Prozent der Bevölkerung aktive Raucherinnen und Raucher. Die Befürchtung, dass jene Tabakkonsumierende, die auch E-Zigaretten dampfen, ihre Sucht zementieren, ist wissenschaftlich nicht belegt. Auch dass die E-Zigarette künftig als Einstiegsdroge Jugendlichen den Weg in die Tabaksucht ebnet, ist bislang nicht erwiesen“, führt Stöver aus.
Gesetzliche Vorgaben, was E-Zigaretten enthalten dürfen und wie sie deklariert werden müssen, gibt es in Deutschland bislang nicht. Die E-Zigaretten-Industrie orientiert sich am Lebensmittelgesetz, das für die Aromaliquids von Bedeutung ist, sowie am technischen Sicherheitsgesetz, welches die technische Funktion der E-Zigaretten gewährleistet. „Die derzeitige Gesetzeslage ist lückenhaft“, so Stöver. Da in der E-Zigarette kein Tabak enthalten ist, scheidet das Tabakgesetz aus. Infrage für eine Regulierung käme das Arzneimittelgesetz, unter welches Nikotin fallen kann, wenn es, wie in Nikotinpflastern und Inhalationsgeräten, der Rauchentwöhnung dient. Wenn E-Zigaretten unter dieses Gesetz gestellt würden, bedürften sie einer strengen Zulassung; diese Sicht wurde allerdings von mehreren Gerichten abgewiesen. Laut der neuen EU-Tabakrichtlinie, die bis 2016 in Kraft treten soll, bleiben E-Zigaretten frei verkäuflich.
Da klare gesetzliche Bestimmungen fehlen, ist in Deutschland eine verbrauchergestützte Selbsthilfe- und Gesundheits-/Genussbewegung gewachsen: Verbraucher/-innen informieren, orientieren und organisieren sich selbst. Diese Gegenbewegung erhält keine Förderung durch Gesundheitsinstitutionen. „Im Gegenteil wird dieser Bewegung von vielen Stellen der Gesundheitsversorgung mit Ablehnung begegnet. Zielführend wäre eine auf Schadensminimierung ausgelegte Gesundheitsdebatte der Verantwortlichen oder aktuelle Forschung auf diesem Gebiet“, betont Stöver.
Weltnichtrauchertag am 31. Mai
Der Weltnichtrauchertag wurde am 31. Mai 1987 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgerufen. Seitdem wird der letzte Tag im Monat Mai jedes Jahr weltweit genutzt, um verstärkt auf die Gefahren des Rauchens aufmerksam zu machen. Auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) nimmt im Rahmen ihrer rauchfrei-Kampagne den Weltnichtrauchertag zum Anlass für besondere Aktionen und Öffentlichkeitsmaßnahmen.
Kontakt: Frankfurt University of Applied Sciences, Fachbereich 4: Soziale Arbeit und Gesundheit, Institut für Suchtforschung, Prof. Dr. Heino Stöver, Telefon: 069/1533-2823, Mobilnummer: 0162/1334533; E-Mail: hstoever@fb4.fra-uas.de
Weitere Informationen zum Institut für Suchtforschung der Frankfurt University of Applied Sciences unter: http://www.frankfurt-university.de/isff
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Prof. Dr. Heino Stöver, Professor für Suchtforschung an der Frankfurt UAS, appelliert im Rahmen des ...
Foto: Frankfurt UAS
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
Prof. Dr. Heino Stöver, Professor für Suchtforschung an der Frankfurt UAS, appelliert im Rahmen des ...
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