idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
09.05.2003 15:57

Antarktische Muscheln im Umweltstress: Wie warm ist zu warm im eiskalten Südozean?

Dipl.-Ing. Margarete Pauls Kommunikation und Medien
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung

    Untersuchungen im Dallmann-Labor über die Stresstoleranz antarktischer Meerestiere

    Muscheln und Schnecken aus der Antarktis sind besonders anfällig gegenüber jeder Art von physiologischem Stress, wie zum Beispiel einer Erwärmung der Wassertemperatur um nur wenige Grad. Dieses Ergebnis bringt eine Arbeitsgruppe des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) vom Dallmann-Labor auf King George Island vor der antarktischen Halbinsel mit. Untersucht werden ausserdem die Auswirkungen erhöhter UV-Strahlung auf antarktische Flohkrebse.

    Eiskalte Temperaturen prägen die Antarktis seit langem. Nur im Gebiet der antarktischen Halbinsel, das relativ weit im Norden liegt, hat sich die Temperatur in den letzten fünfzig Jahren um 2,5 Grad erhöht. Dort betreibt das AWI in Zusammenarbeit mit dem argentinischen Antarktis-Institut auf der Station Jubany das Dallmann-Labor. Hier findet im Sommer hauptsächlich meeresbiologische Forschung statt. In der Saison 2003/2004 waren 27 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Argentinien und Österreich dort. Dr. Doris Abele und ihre Mitarbeiterinnen untersuchen die Stresstoleranz der marinen Tierwelt unter sich ändernden antarktischen Klimabedingungen.

    Abele untersuchte die Muschel Yoldia eightsi, die im antarktischen Meeresboden bei Wassertemperaturen zwischen -1,5 und +1°C vorkommt. Schon bei Temperaturen von 4°C zeigen diese Tiere Anzeichen von physiologischem Stress, der anhand zellulärer Veränderungen gemessen wurde. Setzt man diese Tiere über kurze Zeiträume noch höheren Temperaturen aus, dann ist ihr Zellstoffwechsel so nachhaltig gestört, dass sie nicht lange überleben können.

    Tiere, die im Gezeitenbereich der antarktischen Halbinsel leben wie die antarktische Schnecke Nacella concinna, sind an einigen sonnigen Tagen im Jahr höheren Temperaturen ausgesetzt. Doch schon ab 4°C wird es auch ihnen zu warm, wie stressbedingte zelluläre Veränderungen zeigten. Ist die Erwärmung nur kurzzeitig, können sie ihren Stoffwechsel stabilisieren. Etwa bei 9°C sterben sie jedoch ab.

    Im Wattenmeer der Nordsee lebt die Muschel Mya arenaria bei Temperaturen, die zwischen zwei Grad im Winter und zehn Grad im Sommer schwanken. Diese Muschel kann auch in 18 Grad warmem Wasser überleben, ohne physiologische Anzeichen von Hitzestress zu zeigen.
    "Die Tiere in den Polargebieten dagegen sind an sehr konstante Umweltverhältnisse angepasst", sagt Abele, "schon geringfügige Änderungen ihrer Umgebung führen bei ihnen zu physiologischem Stress und zu einer erhöhten Sterblichkeit."

    Birgit Obermüller untersuchte in der vergangenen Saison am Dallmann-Labor die Auswirkungen einer erhöhten UV-Strahlung auf Amphipoden. Amphipoden sind Flohkrebse mit einer Länge von ein bis zwei Zentimetern, die eine lichtdurchlässige Schale besitzen. Ihr Chitinpanzer bietet nur geringen Schutz gegen die schädliche UV-Strahlung. In einem ungestörten Lebensraum würden sie diesen auch nicht benötigen, denn in den hohen Breiten der Polargebiete ist die Sonneneinstrahlung nicht sehr intensiv. Doch der UV-Anteil im Sonnenlicht hat zugenommen. Im Frühjahr bildet sich über der Antarktis das bekannte Ozonloch, das unter anderem zur Folge hat, dass weit mehr kurzwellige UV-Strahlung die Erdoberfläche erreicht.
    "Wir können beobachten, wie die Kleinkrebse sich bei erhöhter UV-Strahlung zurückziehen und Schutz unter größeren Algen suchen", beschreibt Obermüller. Auf erhöhte UVB-Strahlung reagierten die Amphipoden im Labor mit Stress und einer erhöhten Sterblichkeit. Eine Vergleichsgruppe wurde weißem Licht ohne UV-Anteil ausgesetzt. Diese Tiere zeigten keinerlei Schädigungen.

    Das Dallmann-Labor wurde jetzt für die Zeit des antarktischen Winters geschlossen. Im kommenden Oktober werden die Arbeiten fortgesetzt.

    Bremerhaven, den 9. Mai 2003
    Bitte senden Sie uns bei Veröffentlichung einen Beleg.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Informationstechnik, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).